Bundesrat Stenographisches Protokoll 669. Sitzung / Seite 106

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Was im Bericht über österreichische Aktivitäten in diesem Bereich steht, ist zufriedenstellend, und doch erlauben Sie mir zu sagen: Politik zu bewerten und Politik zu gestalten bedeutet aber auch immer, einen kritischen Blick auf sich selbst zu werfen. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einige Bemerkungen zur Frage des Umgangs mit Grund- und Menschenrechten.

Bei dem Bemühen Österreichs, auf internationaler Ebene gegen Menschenrechtsverletzungen Maßnahmen zu setzen, sei es in finanzieller, ideeller oder auch multilateraler Hinsicht, darf aber ein großes internationales Problem nicht übersehen werden, das in vielen Ländern und Staaten zutiefst auf ein nationales Problem reduziert wird, und zwar das Problem, dass weltweit 25 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Sie werden entweder vertrieben oder flüchten. Wir nennen sie Flüchtlinge oder Asylanten. Diese Migrationsbewegung von 25 Millionen Menschen auf dieser Welt darf in den einzelnen Ländern nicht losgelöst und nicht isoliert behandelt und thematisiert werden.

Dieses Problem kann weder innerhalb Österreichs, das heißt, vom Bund und von den Ländern, noch innerhalb Europas noch auf der ganzen Welt so quasi nach dem Sankt-Florians-Prinzip gelöst werden. Wir wissen, dass das nicht funktioniert. Aber ich meine auch, dass die Lösung dieses Problems, nämlich dieser Migrationsbewegung von 25 Millionen Menschen, die Qualität einer demokratischen Struktur eines Landes bestimmt, das heißt, der Maßstab für gelebte Humanität und gelebte Qualität der Demokratie ist.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das setzt aber auch voraus – das ist keine überzogene Selbstkritik einer Österreicherin –, dass wir noch, wie mein Klubobmann formuliert hat, den Rucksack mit den vielen eckigen Steinen leeren. Ich denke, es sind auch in Österreich noch viele Steine auf dem Weg: im Bereich des Bewusstseinschaffens beim Umgang mit Menschen aus anderen Ländern und auch des Bewusstseinschaffens beim Lösen von Problemen mit Menschen aus anderen Ländern.

Ich denke, dass flüchtende oder vertriebene Menschen oder aber auch von Unternehmen der Republik und von Konzernen als Arbeitskraft geholte Menschen aus anderen Ländern, seien es Zeitungskolporteure oder Hightech-Experten, die wir in unserem Land dringend brauchen, ein Recht auf Menschenrecht in Österreich haben sollen. Menschenrecht ist nirgendwo teilbar. Es ist ein Grundsatz und ist nicht teilbar, so nach dem Motto: Ein bisschen Menschenrecht wird es geben. Das ist nicht möglich!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Außenpolitische Bericht betreffend Menschenrechte und Grundrechte sollte für uns heute Anlass sein, zu bekennen, dass es ein ernsthaftes, gemeinsames Anliegen von Demokraten ist, Menschen aus anderen Ländern im eigenen Land niemals als Feindbild zu missbrauchen – weder vor noch während noch nach irgendwelchen Wahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Menschen zum Objekt einer Feindbildpolitik zu machen und menschenrechtsverletzende Emotionen zu schüren, entspricht nicht den humanistischen Kriterien eines kultivierten demokratischen Grundverständnisses, denn Menschenrecht erfordert Toleranz statt Neidgenossenschaft, Solidarität statt Feindbild, Humanität statt Menschenhatz. Ich fordere das auch, und ich bin überzeugt, dass Österreich vielfältig und in keinem Fall einfältig ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da eine dringliche Anfrage gestellt wurde, die um 16 Uhr aufzurufen ist, unterbreche ich jetzt die Sitzung für die noch verbleibenden zwei Minuten, weil es keinem Redner zuzumuten ist, zwei Minuten lang zu sprechen und dann später wieder seine Rede fortzusetzen.

Frau Bundesministerin! Vielen herzlichen Dank für Ihre Anwesenheit.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis zum Aufruf der dringlichen Anfrage.

(Die Sitzung wird um 15.58 Uhr unterbrochen und um 16.02 Uhr wieder aufgenommen. )


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