Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 63

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Herr Minister! Das ist nicht die offensive Politik, die Sie einst verkörpert haben. Man muss nicht Statistiken irgendwie türken oder verfälschen, sondern offensive Politik heißt, der Wirklichkeit ins Auge zu schauen und dann politische Antworten zu geben.

Herr Minister! Sie haben wahrscheinlich 100 000 Mal gesagt, und alle Journalisten nahmen es auf: Sie sind dafür, dass weniger Beamte im Wachzimmer und mehr auf der Straße sind.

Ich bekomme auch hin und wieder einen Strafzettel – Sachbeschädigung habe ich noch keine begangen –, aber als Österreicherin frage ich mich: mehr Beamte auf der Straße? Wer macht denn dann die Aufgabe der Administration, wer schreibt diese Anzeigen, wer schreibt die Protokolle, wer leitet Verfahren weiter?

Herr Minister! Da fällt mir das Bild eines "Inlandsreport"-Beitrages ein, bei dem Sie – völlig richtig, weil ich arbeite damit auch – mit Ihrem Laptop dasitzen und sagen: Ich brauche keinen Schreibtisch mehr. Herr Minister! Sie verwechseln etwas: Ihr Laptop macht die Verwaltungsarbeit der Polizisten, die auf der Straße sind und nicht mehr im Innendienst arbeiten, nicht. Und das ist ein grundsätzlicher sicherheitspolitischer Irrtum. Aber Sie werden mir erklären, wie Sie dieses Problem lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Erlauben Sie mir, weil es mich nicht nur trifft, sondern wirklich betrifft, dass ich mich nicht jenen anschließe, die Ihnen unterstellen, die Unwahrheit gesagt zu haben, die von "Lüge" sprechen. Das tue ich nicht, denn es ist viel schlimmer!

Herr Minister! Wenn Sie sagen, Sie sind für mehr Polizisten auf der Straße, dann frage ich Sie: Meinen Sie, mehr Polizisten auf die Straße oder mehr Polizisten auf der Straße? – Mehr Polizisten auf der Straße heißt: arbeitslose Polizisten auf Jobsuche oder junge Menschen, die gerne Gendarm oder Polizist geworden wären, die einen Job suchen, aber keinen finden, weil es in der Verwaltung keine mehr geben darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten Teil meiner Ausführungen. – Ich werde das nur kurz ansprechen, denn sehr viele Kollegen der FPÖ wird es überhaupt nicht interessieren und wahrscheinlich auch nur einen Teil der ÖVP. Herr Minister! Sie müssen es nicht heute vom Rednerpult aus tun, aber ich wäre dankbar für einen schriftlichen Hinweis zu Ihren Äußerungen betreffend die Mauthausen-Gedenkfeier. Wären es die Äußerungen allein, wäre es auch schlimm, aber noch schlimmer ist die von Ihnen geplante Sanktion. – Herr Minister! Das hat nichts mehr mit Umfärben zu tun, das hat auch nichts mehr mit reiner Machtausübung – zur Politik gehört auch Macht und Macht haben – zu tun, sondern dafür fehlt mir nicht nur jedes Verständnis, sondern jeglicher Zugang.

Ich komme noch einmal auf dieses Wortungeheuer "Absystemisierung" zurück. Sie sagen: weniger drin und mehr draußen. Ich habe mir das angesehen. Da wird klar dargelegt, dass der Auftrag erteilt wird – ich werde aufpassen, ob diese Polizisten dort noch tätig sind –: Polizei Villach, Klagenfurt, nennt mir drei Planposten im Innendienst! Dann werden diese drei Planposten gemeldet, und, Herr Minister, das Wunder ist geschehen: Vom Zeitpunkt der Meldung der Innendienstplanposten bis hin zur Meldung an das Ministerium sind diese Menschen verschwunden. (Bundesrat Reisenberger: Rasterfahndung!) Daher wäre es sinnvoll, wenn Sie eine Abteilung schaffen würden – und vielleicht General Strohmeyer damit beauftragen –, um im Innenministerium einen eigenen Such- und Fahndungstrupp einzurichten, damit wir diese absystemisierten Beamten wieder finden. Auf der Straße lassen sie sich in der Tat nicht wieder finden!

Kollege Hagen wird dem nur zustimmen können; du musst dich dazu nicht äußern.

Ein letzter Punkt, Herr Minister: Medien und Journalisten ordnen Ihnen eine mediale Zauberformel zu. Gut. Ich frage Sie ganz einfach: Wie heißt Ihre Zauberformel in der Beantwortung der Wirklichkeit? – Zunehmende Kriminalität, zunehmende – und beide Regierungsparteien plakatieren es – Drogenkriminalität, Gefährdung der Jugend – wahrscheinlich sind das schon Wahlplakate –, zunehmende Aggressivität und zunehmende Gewalt. – Herr Minister! Sie werden uns Ihre Zauberformel verraten, wie Sie es mit weniger Exekutive, mit weniger Personal, mit weniger Schulung und Ausbildung schaffen werden, dieser dramatischen Wirklichkeit zu begegnen.


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