BundesratStenographisches Protokoll700. Sitzung / Seite 178

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Meine Damen und Herren! Wir behandeln hier heute eine unendliche Geschichte für die Handelsangestellten und ihre Familien, eine unendliche und leidvolle Geschichte, die scheibchenweise immer wieder massive Verschlechterungen für ihre Situation bringt. Die Änderung ist auch unverständlich, weil Erfahrungen zeigen, dass es durch die Nichtverlängerung der Ladenöffnungszeiten keinen Kaufkraftabfluss ins Ausland gibt. Hier sind andere Faktoren maßgeblich, die das Einkaufsverhalten der Konsumen­ten bestimmen.

Wir wissen, dass keine zusätzlichen Umsätze durch eine Verlängerung der Öffnungs­zeiten entstehen, wir wissen, dass sich dadurch die Umsätze nur verlagern: von wäh­rend des Tages zu den Abendstunden, von den Wochentagen zu den Samstagen – ein Umstand, der ja nicht verwundern kann, denn die Menschen haben nicht mehr Geld zur Verfügung und können nicht mehr ausgeben, als sie verdienen. Was das betrifft, hat es ja in der letzten Zeit massive Einschnitte gegeben und keine Aktivitäten, die am Arbeitsmarkt dazu führen würden, dass den Menschen mehr Kaufkraft zur Verfügung steht.

Wir wissen, dass damit keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir er­leben zwar, dass es mehr Teilzeitarbeitsplätze gibt, jedoch keine oder kaum Vollzeit­arbeitsplätze im Bereich des Handels entstehen – ein Umstand, der gerade für die Frauen von großer Bedeutung ist. Ich werde dazu noch einige Bemerkungen machen.

Wir wissen, dass nicht nur die im Handel Beschäftigten, sondern auch die Gewerbe­treibenden, der Handel selber keine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten wollen. Ich möchte auf die Studie verweisen, die vor einigen Jahren in Oberösterreich gemacht wurde: Eine Befragung im Bereich des Handels hat ganz eindeutig eine Ablehnung ergeben. Wir haben heute auch wieder ganz deutlich gehört, wie es dem Handel in Tirol geht. Wenn heute Nahversorger zusperren, dann ist in der überwiegenden Anzahl der Fälle der Umstand dafür verantwortlich, dass die Selbständigen nicht mehr in der Lage sind, mit ihrer eigenen Arbeitskraft die Ladenöffnungszeiten abzudecken.

Wir wissen, in Tourismusgebieten kann man das anders regeln. Wenn zum Beispiel Italien als positives Beispiel angeführt wird: Versuchen Sie einmal, in den Randbe­reichen, in Oberitalien an einem Montag Vormittag oder zu Mittag irgendetwas einzu­kaufen! Es wird Ihnen nicht gelingen.

Wer will also die verlängerten Ladenöffnungszeiten? Ich behaupte, es sind nur die großen Handelsketten, die möglichst sieben Tage in der Woche rund um die Uhr auf­sperren wollen.

Betroffen sind – ich habe es schon angesprochen – rund 600 000 Menschen, Handels­angestellte, ihre Familienangehörigen und die im korrespondierenden Gewerbe tätigen Menschen. Es sind im Handel etwa 70 Prozent der Frauen, die von diesen Benachteili­gungen betroffen sind. Sie haben durch die überwiegend ausgeübte Teilzeitbe­schäfti­gung geringe Einkommen, was sich natürlich auf die Pensionen auswirkt. Wir haben aus der Debatte um die „Pensionssicherungsreform“ – unter Anführungszeichen – die Zahlen durchaus noch im Kopf. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird drastisch verschlechtert, obwohl es hier auch ständig Lippenbekenntnisse gibt. Zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld konnten wir gestern wieder hören, wie man sich Beruf und Familie vorstellt. Wenn es allerdings darum geht, wirklich Taten zu setzen, dann schaut die Sache wieder ganz anders aus.

Dass auch die Sicherheit der Handelsangestellten und die Verkehrsprobleme all jener, die dann in den Nachtstunden wieder in ihre Wohnorte zurück müssen, ein Faktor in diesem Zusammenhang sind, das möchte ich nur am Rande anführen.

 


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