Bundesrat Stenographisches Protokoll 705. Sitzung / Seite 80

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13.02

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Werter Herr Bun­des­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle – und damit meine ich: über alle fraktionellen Grenzen hinweg –, jeder Ein­zelne/jede Einzelnen in unserem Bundesratsgremium darin übereinstimmen, dass die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und sexueller Ausbeutung sowie Kinderprosti­tution und Kinderpornographie unser aller Anliegen zu sein hat – und auch ist.

Für meine Fraktion steht daher außer Zweifel, dass die österreichische Gesetzgebung in geeigneter Art und Weise darauf einzuwirken hat, dass einerseits besonders Min­derjährigen bestmöglicher Schutz gewährleistet wird und andererseits Sexualdelikte hintangehalten beziehungsweise Täter einer entsprechenden Strafe zugeführt werden müssen.

Auf Grund meiner langjährigen beruflichen Erfahrung in der Opferarbeit kann ich durchaus festhalten, dass seit Beginn der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine positive Entwicklung der öffentlichen Wahrnehmung und Handhabung von Sexual­delikten zu verzeichnen ist. Nicht zuletzt hat auch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit geführt, und die Bevölkerung lernte zu­nehmend, nicht mehr wegzuschauen, sondern rechtzeitig einzuschreiten.

Erfreulicherweise passte sich auch die Gesetzgebung der geänderten Situation an und stellte vor allem das Opfer in den Mittelpunkt einer verbesserten Rechtsprechung. Anstatt aber diesen effizienten Weg konsequent weiterzugehen, machte sich – bedauerlicherweise! – in der Politik immer mehr die Ansicht breit, durch drastische Strafverschärfungen könnte sexueller Missbrauch eingedämmt werden.

Dass strengere Strafen alleine nicht ausreichen und zu keiner Verringerung der Zahl der Sexualdelikte führen, können wir beinahe tagtäglich den Medien entnehmen. Ich finde es daher besonders schade, dass es bei einem so heiklen Thema nach wie vor nicht möglich zu sein scheint, dass Gesetzesvorlagen auf Basis einer ernsthaften und parteiübergreifenden Zusammenarbeit zustande kommen. Dies machte auch wieder das zur Debatte stehende Gesetz deutlich.

So scheußliche und verabscheuungswürdige Verbrechen wie sexuelle Ausbeutung jeglicher Form, Kinderprostitution und Kinderpornographie sollten weder dem Zweck des politischen Hickhacks noch jenem parteipolitischer Profilierungsversuche dienen.

Meine Damen und Herren! Ich kann verstehen, wenn Anregungen und Einwänden der Opposition weniger Beachtung geschenkt wird, nicht verstehen kann ich jedoch, wenn hervorragende Experten zwar zu einem Hearing eingeladen werden, ihren Aussagen aber nicht ausreichende Bedeutung zugemessen wird.

Wie schon mehrmals in den vergangenen vier Jahren ist es leider auch beim Straf­rechtsänderungsgesetz wieder passiert, dass in wesentlichen Punkten Fachmeinungen unberücksichtigt blieben. Dies reicht von der Warnung einer möglichen Krimi­nalisierung normaler sexueller Handlungen zwischen Jugendlichen bis zur Empfeh­lung, in die Gruppe jener Personen, welche für den Missbrauch eines Autoritätsver­hältnisses in Betracht zu ziehen sind, auch Seelsorger aufzunehmen.

In diesem Punkt muss ich Herrn Bundesrat Tiefnig schon sehr widersprechen: Seel­sorger mit Betreuungspersonal in Einrichtungen gleichzusetzen, vor allem in Einrich­tun­gen, die sich um die Betreuung unmündiger Kinder kümmern, ist nicht ausreichend, sondern wir alle wissen, dass wir da einen anderen Bereich sehr wohl auch anspre­chen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ist es nicht realitätsfremd zu glauben, dass Un­mündige in der Obhut von Seelsorgern weniger gefährdet sind als in der Obhut von


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