Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 160

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Mit diesen Gesetzen sollen drei neue EU-Richtlinien umgesetzt werden, was jedoch aus meiner Sicht in einigen Bereichen ganz sicher nicht erreicht wird. Abgesehen da­von möchte ich darauf hinweisen, dass der EU-Rat immerhin schon im Jahre 2000 die Richtlinien zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft und die Richtlinien zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf beschlossen und für die Umsetzung eine Frist von drei Jahren gesetzt hat.

Die äußerst späte Vorlage dieser Gesetzesvorlagen lässt schon die Frage zu, welchen Stellenwert Anti-Rassismus und Anti-Diskriminierung für diese Bundesregierung ha­ben.

Diese Bundesregierung konnte sich außerdem nicht dazu durchringen, ein wirkliches Anti-Rassismus- und Anti-Diskriminierungsgesetz vorzulegen, welches sämtliche For­men der Benachteiligung untersagt und ein wirkliches Gleichstellungsgesetz der Ge­schlechter wäre. – Stattdessen einigten sich ÖVP und FPÖ auf ein Gesetz, das, grob gesagt, in drei Teile fällt. Teil 1 regelt die Gleichbehandlung von Mann und Frau in der Arbeitswelt. Niemandem darf auf Grund seines Geschlechtes eine Anstellung, eine Beförderung oder eine Lohnerhöhung verweigert werden. Die darin vorgesehene Be­weislastregelung ist meiner Meinung nach sicher nicht richtlinienkonform, denn die österreichische Regelung sieht keine für die klagende Partei günstigere Regelung vor.

Es obliegt dem Beklagten, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass ein anderer Grund als der der Ungleichbehandlung vorliegt. Er muss es also nicht beweisen, was eindeutig nicht den EU-Richtlinien entspricht!

Teil 2 verbietet die Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Weltan­schauung oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt. Und dann gibt es noch den Teil 3: Dieser betrifft die Diskriminierung im Zivilleben, etwa bei Wohnungsvermie­tung oder bei Gaststättenbesuchen. In diesem Fall ist nur die Diskriminierung auf Grund der Rasse verboten. Aus Gründen der Religion, der sexuellen Orientierung, des Alters – oder was auch immer – darf weiterhin diskriminiert werden!

Meiner Meinung nach unterteilt das Gesetz mit dieser Regelung in gleiche und glei­chere Menschen. Ein Beispiel: Wird beispielsweise einem Farbigen von einem Vermie­ter die Wohnung verweigert, dann kann er sich natürlich dagegen wehren, denn rassi­sche Diskriminierung wird durch das Gesetz ausdrücklich verboten.

Passiert das Gleiche aber einem Juden, hat er Pech gehabt: Die Diskriminierung aus religiösen Gründen ist durch das Gesetz nur dann verboten, wenn sie im Berufsleben passiert. Auch ein gleichgeschlechtliches Paar zum Beispiel kann sich laut neuem Ge­setz nicht wehren, wenn ihm die Wohnung verweigert wird.

Im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es meiner Meinung nach nicht ge­rechtfertigt, diese Unterscheidungen vorzunehmen, denn an gleiche Tatbestände sind gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Das Gesetz verstößt in diesem Bereich sicher gegen das verfassungsmäßig gewährleistete Gleichheitsrecht und ist unserer Meinung nach in diesem Bereich verfassungswidrig.

Abgesehen davon sind die EU-Richtlinien auch in anderen wesentlichen Bereichen nicht umgesetzt. Das betrifft unter anderem die nicht ausreichende Einbindung der NGOs im Gerichtsverfahren und die Schadensansprüche für bewiesene Diskriminie­rung bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses, die nicht den Vorgaben der Anti-Diskriminierungsrichtlinie entsprechen.

Die Regierung hat trotz zahlreicher Hinweise von Expertinnen und Experten und zahl­reicher Anträge der SPÖ bewusst die Chance versäumt, mit einem eigenen Anti-Diskriminierungsgesetz ein inhaltliches Bekenntnis zur Anti-Diskriminierung abzulegen


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