Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 26

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Es ging ja bei dem Privatradiogesetz darum, viele Blumen im Medienwald sprießen zu lassen, um ein möglichst breites Angebot zu haben. Genau das ist zwar richtig, nämlich den Druck herauszunehmen, es auch zuzulassen, dass es ein bundesweites Privatradio gibt, aber man muss auch überlegen, was auf der anderen Seite mit den vielen Kleinen, die nicht die Möglichkeit haben, jene Werbezeiten zu lukrieren, die notwendig sind, passiert.

Ich weiß jetzt nicht, ob jemand von der FPÖ hier sprechen wird, aber vielleicht trägt ja die ÖVP nicht allein die Schuld daran, dass diese Materie keiner parlamentarischen Beratung zugeführt werden konnte. Kollege Böhmdorfer jedenfalls hat damals als Justizminister beziehungsweise Koordinationsverantwortlicher der FPÖ in sehr interes­santer Art und Weise agiert und die Beratungen zu dieser Novelle nahezu blockiert. Es ging um den Zugang zur Popularbeschwerde, wie viele Unterschriften dafür notwendig sind. Es war damals, glaube ich, von 30, dann 50 die Rede.

Jedes Instrument ist so gut, so wenig inflationär es genützt wird. Ich als Grüner bin immer dafür, dass man einen möglichst breiten Zugang zur Bürgerbeteiligung, zu Beschwerdemöglichkeiten, zur Information haben sollte, nur, wenn sich eine größere Familie zusammensetzen und am nächsten Tag eine Popularbeschwerde abschicken kann, so ist die Sache ein toter Hund. Ich habe auch bei verschiedenen Reformen hier im Hohen Haus immer wieder gesagt: Wenn man allzu oft Sondersitzungen macht oder allzu oft parlamentarische Instrumente einsetzt, dann werden diese stumpf. Deshalb ist es wahrscheinlich auch gut, dass der Zugang zur Popularbeschwerde zwar erleichtert, aber doch nicht auf 30 reduziert worden ist. – Für eine burgenländische Großfamilie, Herr Vizepräsident Pehm, wäre die Zahl 30 locker erreichbar gewesen, aber das macht keinen Sinn.

Nun zum ORF: Ich habe immer gesagt, und dazu stehe ich auch, dass die Schöpfung der KommAustria sicherlich einen Meilenstein in der österreichischen Medienpolitik darstellt. Aber der größte Wermutstropfen dabei ist, dass das eine weisungsgebundene Behörde ist, dass es nicht gelungen ist, eine nicht weisungsgebundene Behörde zu kreieren. Dann würde es mir schon viel leichter fallen, Herr Kollege Hösele, zu sagen ... (Zwischenruf des Bundesrates Hösele.) Das ist schon richtig, ich bin auch für die Gleichbehandlung. Auch große Leitmedien und große Riesen gehören hinsichtlich ihrer Praxis überprüft, darin sind wir, glaube ich, einer Meinung. Es sollte auch in der Beweislastumkehr nicht immer so sein, dass die einen finanzielle Mittel aufwenden müssen, um nachzuweisen, das jemand anderer Gesetze oder Bestimmungen über­tritt. Dies sollte seitens der Behörden überlegt werden.

Ich würde mir wünschen – ich gehöre ja der kleinsten Fraktion hier im Hohen Hause an –, dass das eine weisungsunabhängige Behörde wäre, dann hätte das Charme, dann hätte das wirklich einen anderen Charakter. Jetzt hingegen ist das eine Bestimmung mit Wermutstropfen. Realpolitisch heißt das – wie hat Herr Konecny gesagt?; das war ein ganz interessanter Satz –, dass das Leitmedium traditioneller­weise immer ein Leitmedium der Regierung ist.

Insofern verstehe ich nicht – und damit komme ich auf den Einleitungssatz meiner Rede zurück –, warum die ÖVP hier diesen Masochismus in ihren eigenen Reihen so auslebt. Frau Lindner quält und quält und quält, und die doch sehr starke ÖVP-Präsenz im ORF quält und quält und quält. Aber im Prinzip ist es richtig: Gleichbehandlung von privat und öffentlich-rechtlich.

Die Reaktionen von gewerkschaftlicher oder von Arbeitnehmerseite her würden mich interessieren, wenn wir zu einer Anhebung im privaten Bereich kämen, auch was bestimmte Ausbeutungsarbeitsformen in diesen Bereichen betrifft.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite