Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 96

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Im Jahre 2004, also heuer, lieber Kollege Dr. Gumplmaier, wird es die höchste bisher da gewesene Steigerung an Finanzmitteln für bilaterale Projekte geben – und daher ist es wichtig, dieses Erfolgsrezept bis 2006 fortzuschreiben, damit eben Kontinuität gegeben ist.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Zusammenarbeit mit den NGOs – und damit komme ich auf einen Punkt, den Sie, Kollege Gumplmaier, hier ange­schnitten haben; ich habe es mir aufgeschrieben, Sie haben gemeint: es gebe wieder halbwegs eine Zusammenarbeit.

Ich möchte diese Zusammenarbeit ausdrücklich betonen – von manchen hier wird ja immer so der Anschein zu erwecken versucht, als ob in Österreich die Zusam­menarbeit zwischen Bundesregierung und Nicht-Regierungsorganisationen nicht be­sonders gut wäre – und dazu sagen: Nirgendwo in Europa spielen in der Entwick­lungszusammenarbeit NGOs eine so wichtige Rolle wie bei uns in Österreich. Die Stellung der österreichischen NGOs wurde rechtlich abgesichert; das ist eine Tat­sache. 50 Prozent, also die Hälfte aller bilateralen Projektgelder, werden in Öster­reich – in Zusammenarbeit mit dem dafür zuständigen Außenministerium – über NGOs abgewickelt.

Deshalb arbeiten in der neu gegründeten ADA sowohl neue als auch bewährte Mit­arbeiter des Außenministeriums Hand in Hand mit Persönlichkeiten, die bei renom­mierten NGOs einen langjährigen Erfahrungsschatz gesammelt haben. Und das ist, wie ich meine, gut so, denn das bringt die ganze Sache sozusagen erst richtig ins Werden. Im Übrigen: Dafür kann es nie genug Hilfe geben, und daher geben wir diese.

Der diesbezügliche Bericht 2003 der Vereinten Nationen zeichnet, liebe Freunde, ein sehr bedrückendes Bild der Lage der Menschen in vielen Entwicklungsländern und zeigt uns auch, dass wir auf diesem Gebiet gemeinsam – die Betonung liegt auf gemeinsam – noch viel zu tun haben.

So darf ich beispielsweise nur erwähnen, dass in 21 Ländern der Erde ein Großteil der Bevölkerung Hunger leidet; in 14 Ländern sterben heute mehr Kinder vor ihrem fünften Geburtstag, als das noch vor zehn Jahren der Fall war! In 34 Ländern ist die Lebenserwartung gesunken, was zumeist auf die Ausbreitung von AIDS zurück­zuführen ist.

Österreichs Entwicklungspolitik wird daher in Zukunft die Entwicklung sowie die Sicherheit der Menschen noch stärker in den Vordergrund stellen; etwas, das, wie ich meine, nicht nur Ausdruck von Solidarität mit den vielen Not leidenden Menschen in Entwicklungsländern ist – Solidarität, die wir alle haben sollten! –, sondern gleichzeitig auch einen gewissen Selbstschutz, einen gewissen Eigenschutz aller entwickelten Staaten darstellt, sich vor „weichen Bedrohungen“, wie Sie es genannt haben, Frau Bundesministerin, zu schützen: so unter anderem vor extremer Armut, der Verbreitung tödlich endender Krankheiten beziehungsweise auch der Verschlechterung der Umwelt, et cetera; alles Dinge also, die ja nicht halt machen vor Grenzen.

Wir alle wissen, dass dieses Ungleichgewicht zwischen verschiedenen Teilen, zwi­schen verschiedenen Regionen der Welt stets einen Nährboden für Konflikte, für Terrorismus, Kriminalität, illegale Drogen, Waffenhandel und oft unkontrollierbaren Zuzug und Migration darstellt.

Europas Entwicklungszusammenarbeit geht längst nicht mehr nur nach Afrika, Asien oder Lateinamerika, sondern: Zuwendungen in den Mittelmeerraum, in ehemalige Sowjetstaaten, vor allem aber auch nach Südosteuropa binden einerseits Energien und finanzielle Mittel der EU, dienen aber auch, wie ich meine, dem Abbau einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in Europa; etwas, was zweifelsohne auch sehr wichtig ist.

 


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