Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 101

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Kommission und auch um Ihre Person gemeint, er hält das Ressort Entwicklungshilfe – leider heißt es hier noch so – für wenig attraktiv. „In der Entwicklungshilfe sind wir selber nicht sehr eindrucksvoll, was die Mittel betrifft.“ – Kollege Ager, ich habe das Gefühl gehabt, Sie haben einen falschen Bericht da zitiert. Sie haben gesagt, wir seien extrem eindrucksvoll! – „Außerdem wird dieser Bereich sehr stark von jenen Länder bestimmt, die einmal Kolonien hatten. Die eigentliche Kraft der Entscheidung liegt im französischen, englischen Bereich.“ – Das würde ich mir ja nicht wünschen.

Das würde ich mir nicht wünschen, dass dort die Entscheidungen getroffen werden. Aber insofern hat er schon Recht, dass Österreich und die Bemühungen ... Herr Kollege Gudenus, bitte hören Sie mit diesem alten Waschlappen, alten Hut auf, hängen Sie das irgendwann einmal weg! Es geht nicht darum, die Pensionen in Österreich den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit gegenzurechnen. Es geht nicht darum, Maßnahmen im Inland der Entwicklungszusammenarbeit gegen­zurechnen. Es gibt internationale Verpflichtungen. Die österreichische Wirtschaft und Ökonomie hat sich so wie alle anderen industrialisierten Ökonomien dadurch heraus­gebildet, dass sie über Jahrhunderte Potential aus den Landwirtschaften und den Rohstoffen des Südens abgezogen hat, wodurch sie zu diesem Reichtum gekommen ist.

Lieber Herr Kollege Gudenus! Alles, was Sie anhaben, ist aus Baumwolle, hoffe ich zumindest. Die Industrialisierung des Nordens hängt mit der Geschichte der Baum­wolle eng zusammen, sie hat nämlich damit begonnen. Der gesamte rote Faden der Industrialisierung liegt nämlich quasi in der Baumwolle. Ohne Baumwolle, meine Herren und Damen von der ÖVP, gäbe es keine Industrialisierung.

Nun frage ich: Welchen fairen Preis zahlt Herr Gudenus für seine Kleidung? Was verdient man für diese Kleidung im Norden? Und was haben die Produzenten im Süden bekommen? Herr Gudenus! Wir können uns gerne einmal zusammensetzen und einmal diese Rechnung machen. Schutzzölle zum Beispiel.

Nicht zuletzt – und das ist schon eine Diskussion – ist es über EZA-Programme und NGOs – die Rolle der NGOs möchte ich hier in ganz besonderem Maße erwähnen – dazu gekommen, dass es so etwas wie Fair Trade gibt und dass große Handels­gesellschaften – Herr Kollege Gudenus, da können Sie übrigens auch die Baumwolle kaufen – heute auch schon nach Fair Trade eingerichtet sind, auch die Produkte. Und es ist äußerst wichtig, dass man schon bei Kindern von klein auf dagegen ankämpft, dass sie Weltbilder haben, wie sie heute ein bisschen beim Kollegen Gudenus durch­geklungen sind – ich hoffe, Ihre Kinder haben da mehr in der Schule mitbekommen –, und aufzeigt, dass die Austauschverhältnisse, die dort vorherrschen, andere sind, als Sie es heute hier erzählt haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich muss ganz ehrlich sagen, Frau Bundesministerin, wir werden den Bericht zur Kenntnis nehmen. Das, was Kollege Gumplmaier gesagt hat, gilt in gleicher Weise für die Grünen.

Die programmatische Ausrichtung ist richtig, die gesamte Orientierung, die hier zum Ansatz kommt: Programm für die Frauen, Programm „Hilfe zur Selbsthilfe“, Nachhaltig­keit in der Entwicklung, Schutz, Achtung, Stärkung der Menschenrechte – all das kön­nen wir mit unseren Mitteln, die derzeit zur Verfügung stehen, in den Schwerpunkt­ländern sowohl im bilateralen als auch im multilateralen Bereich tun und leisten.

Ein bisschen Sorge machen mir, Frau Bundesministerin, Zwischenbemerkungen im Bericht, wo plötzlich eine Verbindung mit politischen und wirtschaftlichen Zielen Österreichs hergestellt wird. Wollen wir es ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, nach wirtschaftlichen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja nicht verboten!) – Nein, es ist nicht verboten!

 


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