Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 43

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Frau Minister, der Rechtsstaat läuft leer, wenn eingebrachte Berufungen jahrelang unbearbeitet liegen bleiben, wie auch die Volksanwaltschaft feststellt. Das ist meines Erachtens eine untolerierbare Vorgehensweise.

Frau Minister, mir geht es aber um mehr, nämlich darum, dass endlich auf Ihre Initiative – und vielleicht nach unserem heutigen Gespräch, wie ich hoffe – ein Un­rechtszustand in Österreich abgeschafft wird, der besonders jene Staatsbürger trifft, die, wie auch immer, in den Kreislauf der Justiz geraten, sehr viele persönliche Diffamierungen über sich und ihre Angehörigen hilflos ertragen müssen und dann schlussendlich durch die Justiz freigesprochen werden. Diese Mitbürgerinnen und Mitbürger, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, müssen, wie Sie, Frau Minister, und Sie, meine Damen und Herren hier im Hohen Hause, ja wissen, die entstandenen Verfahrenskosten bis auf einen geringen Kostenanteil der Justiz selbst bezahlen.

Ich möchte das am Beispiel eines Tiroler Gemeindesekretärs aufzeigen – ich habe es Ihnen in schriftlicher Form hier mitgebracht –, der, wie es halt so oft passiert, einfach deshalb, weil es heute so leicht gemacht wird, jeden bei der Staatsanwaltschaft anzuschwärzen, auf einmal wegen Amtsmissbrauches angeklagt war. Gottlob wurde er dann freigesprochen, aber die Kosten von 20 000 € musste er selbst bezahlen. – Ein Freispruch, geschätzte Damen und Herren, der für diesen Gemeindesekretär schlussendlich zur Existenzgefährdung wurde. Frau Minister, dies ist nicht nur – verzeihen Sie mir den Ausdruck! – ein Skandal, sondern ein Missstand in unserem Rechtssystem, der sofort abgestellt werden muss.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Minister! Ich weiß, wovon ich heute zu Ihnen spreche. Ich selbst wurde durch eine politische Intrige, von einer politischen Partei, die heute sehr staatstragend ist, an die Staatsanwaltschaft und von dort auf bestimmten Wegen weitergeleitet zum Landesgericht Innsbruck, wegen schweren Betruges angeklagt und dort durch den Obersten Senat freigesprochen. Die hier anwesende Tiroler ÖVP-Abgeordnete, Frau Bundesrätin Fröhlich, weiß, wovon ich spreche, und sie kann dies auch bestätigen. Die Kosten für meinen Freispruch in Höhe von 14 000 € wurden mir, genauso wie im Fall des Seefelder Gemeindesekretärs, per­sönlich in Rechnung gestellt. – Auch hier, geschätzte Damen und Herren, wurde ein Freispruch zur zusätzlichen Bestrafung durch die Justiz.

Frau Minister, hier wartet sehr viel Arbeit auf Sie. Ich hoffe, von Ihnen bald einen Initiativantrag in diese Richtung – zum Schutze Unschuldiger – zu sehen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Ich hoffe, dass Sie im Zuge einer parlamentarischen Verhandlung einen solchen Antrag vorlegen, um dieses in Österreich bestehende Unrecht aufzuheben.

Ich danke Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ganz besonders Ihnen, Frau Minister, für Ihre Aufmerksamkeit in einer Angelegenheit, die morgen Sie, Sie und Sie (jeweils in Richtung einer anderen Fraktion) treffen kann. Daher erlaube ich mir, Ihnen den Zeitungsausschnitt über diesen unseligen Gemeindesekretär mitzugeben, den diese Sache in seiner Existenz – als Häuslbauer, als junger Familienvater – sehr getroffen hat. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Bundesrat Wiesenegg überreicht Bundesministerin Mag. Miklautsch den betreffenden Zeitungsartikel.)

11.08

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile ihm das Wort.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite