Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 92

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unterstützt werden, denn dies wäre gesellschaftspolitisch sehr bedenklich. Es muss zu einer ausgezeichneten Qualifizierung mit einer entsprechenden finanziellen und gesell­schaftlichen Aufwertung des Pflege- und Gesundheitsbereiches kommen, der auch Männern offen stehen sollte.

Wir haben einerseits fast 70 000 männliche Arbeitsuchende zwischen 25 und 49 Jah­ren – das wurde von meinen Vorrednern teilweise schon erwähnt –, die keine zusätz­lichen Förderungsprogramme erhalten und weitere Qualifikationsmaßnahmen genauso benötigen. Andererseits gibt es vor allem weibliche Wiedereinsteigerinnen, die Teilzeit­arbeit oder schlechter bezahlte, schlechter qualifizierte Arbeit annehmen müssen.

Meine Damen und Herren! Hier ist die Politik gefragt. Wir müssen den Frauen und Männern in unserem Land entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, dass jede Frau und jeder Mann die Möglichkeit hat, ihr/sein Leben so zu gestalten, wie sie/er es sich vorstellt. Dass dies möglich ist, zeigen uns in vielen Bereichen vor allem die skan­dinavischen Länder. Und diese Rahmenbedingungen gelten noch immer nicht in Öster­reich, von der Kinderbetreuung angefangen bis hin zur Karenz für Frauen und Männer oder zu präventiver Arbeitsmarktpolitik, wie etwa dem Konzept des lebenslangen Ler­nens. All das funktioniert in Österreich nur teilweise oder gar nicht.

Diskriminierung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gibt es nach wie vor. An den verstaubten und antiquierten Vorstellungen von Frauen- und Männerberufen wird zwar gekratzt, aber da müssen durch die Gesetzgebung verstärkt gleiche Rahmenbedingun­gen für Frauen und Männer gefördert werden. Das Beschäftigungsförderungsgesetz ist ein erster kleiner Schritt in diese Richtung.

Beim Kombilohnmodell oder beim Dienstleistungsscheck scheiden sich jedoch die Geister. Wenn man tatsächlich die Schwarzarbeit in Privathaushalten eindämmen möchte, dann geschieht das sicherlich nicht mit zusätzlichen administrativen Hürden oder mit verschiedensten Ungleichstellungen.

Hier, meine Damen und Herren, benötigen wir ein gutes Modell, das für die Betroffenen mehr Vor- als Nachteile bringt. Außerdem wäre eine breit angelegte Diskussion mit Experten und selbstverständlich auch mit den Sozialpartnern angebracht.

Meine Damen und Herren! Mit weiteren 18,8 Millionen € sollen insgesamt 4 000 Perso­nen nach dem Kombilohnmodell eine Anstellung finden – also eine staatliche Förde­rung des Niedriglohnsektors. Dass wir diese speziellen Förderungen nicht goutieren können, ist natürlich klar. Wir sind schon sehr gespannt auf die Ergebnisse der Evalu­ierung in einem Jahr.

Die Fragen, die sich die Regierung gefallen lassen muss, sind wie folgt: Erkennt der Staat damit nicht das Lohndumping an? Ist diese besondere Förderung tatsächlich förderungswürdig? Wo ist die Kombination aus Kombilohn und Qualifizierung für Be­troffene? Hier müssen bereits jetzt, meine Damen und Herren, Maßnahmen getroffen werden und nicht erst nach einem Jahr, nach dieser Evaluierung. Auch muss verhin­dert werden, dass bereits bestehende Niedriglohnarbeitsplätze aufgelöst und durch Kombilohnarbeitsplätze ersetzt werden.

Meine Damen und Herren! Ich dachte immer, in der ÖVP sitzen so viele Wirtschafts­experten. Es liegt doch auf der Hand, dass, wenn Billiglohnpolitik unterstützt wird, die Kaufkraft der Menschen zurückgeht, und dass das unserer heimischen Wirtschaft sicherlich nicht gut tut, das erklärt sich von selbst. (Bundesrat Schennach: Das ist ja unglaublich! Was ist das für eine Anbiederung?)

Meine Damen und Herren! In Österreich gibt es schon viele erwerbstätige Arme, die so genannten working poor, die trotz Arbeitsplatz kein Einkommen erreichen, das über der Armutsgrenze liegt. Nach den jüngsten Angaben des Sozialministeriums, des Berichts


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