Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 98

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Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich darf ihr das Wort erteilen.

 


14.40.00

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bin Pendlerin. Ich fahre regelmäßig mit dem Zug nach Wien oder nach St. Pölten. Ich fahre regelmäßig mit Zugsgarnituren, die ungefähr 30 Jahre alt sind. Mit einem so alten Auto fährt selten jemand. Ich fahre öfters mit Zü­gen, die auf der Strecke unterwegs stehen bleiben; zuletzt geschah das vorgestern we­gen Gleisbruchs irgendwo auf einem Bahnhof in Wien. Ebenso wie ich fahren tausend Pendlerinnen und Pendler aus unserem Bezirk mit der Schnellbahn nach Wien und haben immer mehr das Gefühl, dass man als Bahnkunde so ziemlich das Letzte ist: Vollgestopfte Züge, das Material ist absolut veraltet, die letzte Sanierung des Bahnhofs liegt auch ungefähr 30 Jahre zurück. In den seltensten Fällen höre ich etwas Negatives über das Personal, es sei denn, es gibt gerade keines.

Es ärgert die Leute vor allem, dass das Bahnfahren immer wieder teurer wird, obwohl die Qualität nicht wirklich steigt. Trotzdem sind die Pendlerinnen und Pendler in Kor­neuburg froh, dass es die Schnellbahn gibt. Denn abseits der Schnellbahn gibt es im Bezirk sehr wenig beziehungsweise eigentlich gar keinen öffentlichen Verkehr. Es gibt zwar den SchülerInnenverkehr in der Früh zu den Schulen, für Arbeiter und Ange­stellte, die pendeln müssen, gibt es aber keinerlei Verbindung zu den Arbeitsorten.

Man darf nicht vergessen, dass ungefähr die Hälfte der Bevölkerung in unserem Bezirk nicht an der Schnellbahn wohnt. Diese Menschen brauchen somit, wenn beide berufs­tätig sind, automatisch jeweils zwei Autos, und wenn man zwei Autos hat, entstehen entsprechende Kosten. Zunächst entstehen Kosten für die Anschaffung. Ein Großteil der Kosten für einen Pkw sind Fixkosten: Kosten für das Pickerl, für die Autobahn­vignette und für allfällige diverse Reparaturen. Die Treibstoffpreise schlagen sich auch zu Buche, wenn auch sicherlich nicht im gleichen Ausmaß.

Diejenigen bei uns, die sich einen Pkw sparen könnten, wenn sie die Möglichkeit hät­ten, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit zu gelangen, hätten einen großen Vorteil, denn das würde sehr viel billiger kommen. Das ist aber nicht der Fall, weil – wie gesagt – die Hälfte der Bevölkerung abseits einer Schnellbahnstrecke und weit entfernt von einem öffentlichen Verkehrsmittel wohnt.

Ich möchte Ihnen vorrechnen, was diese Erhöhung der Pendlerpauschale jetzt für eine Pendlerin aus unserem Bezirk bringt, die an der Schnellbahn wohnt und mit dem öf­fentlichen Verkehrsmittel Schnellbahn von Stockerau nach Wien Mitte fährt: Es sind dies 20 Kilometer, sie erhält die kleine Pendlerpauschale. Das durchschnittliche Ein­kommen im Bezirk beträgt 29 000 €, sprich: 33 Prozent Einkommensteuer. Die Er­höhung der Pendlerpauschale macht 45 € pro Jahr aus, 33 Prozent davon sind 15 €, dividiert durch zwölf ergibt das ungefähr 1 € pro Monat. Jetzt fragen Sie einmal eine Pendlerin, ob es ihr diesen Euro wert wäre, wenn sie dafür im Zug einen Sitzplatz be­käme, wenn sie in einem Wiesel fahren könnte, in dem es nicht so rüttelt und in dem man auch sitzen kann, wenn es auch ein Wartehäuschen gäbe, wo sie im Winter nicht friert, und wenn sie vielleicht auf dem Bahnhof, der modern und schön eingerichtet ist, auch einkaufen könnte.

Ich war vor kurzem in der Schweiz, und da habe ich mir auch das Verkehrssystem und die Bahnhöfe angeschaut und festgestellt: Das ist einfach unvergleichbar! Die Ticket-Preise sind bei weitem höher als bei uns, trotzdem gibt es dort einen Modal Split von 50 zu 50, bei uns beträgt er 80 zu 20.

Zweite Variante: Eine Pendlerin aus unserem Bezirk, die keine Schnellbahnanbindung hat und zirka zehn Kilometer zu ihrem Arbeitsort unterwegs ist, bekommt eine große


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