BundesratStenographisches Protokoll746. Sitzung / Seite 44

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gelten lassen, das ja. Aber der Mensch ist anfällig, wenn er ein Instrument in der Hand hat, das auch zu missbrauchen. Da brauchen wir uns keinen Illusionen hinzugeben.

Es heißt ja ausdrücklich, das geheime, unbeeinflusste, persönliche Wahlrecht muss ausgeübt werden. Auch der Verfassungsgerichtshof hat in den letzten Jahren immer wieder Bedenken gerade bei der Briefwahl angemeldet; das letzte Mal, glaube ich, 1985 in einem Erkenntnis.

Was heißt das: „ich erkläre an Eides statt“? Wer überprüft das? Wer kann das kon­trollieren? – Die „Presse“ hat einmal darüber geschrieben, das ist ungefähr so wie die Erklärung von Touristen, wenn sie in ein Land einreisen, wo eine solche Erklärung verlangt wird, dass sie kein Mitglied einer terroristischen Organisation sind. Selbst wenn es so ist, würde man wohl kaum zugeben, dass es so ist.

Die SPÖ selber hat ja auch immer Widerstand gegen die Briefwahl geleistet, denn die Forderung der ÖVP kommt ja nicht zum ersten Mal, und Sie haben offensichtlich gute Argumente dagegen gehabt, dass Sie das jahrelang nicht mitgetragen haben – und Sie hätten ja schon öfter die Gelegenheit gehabt, Sie waren ja schon oft genug in Koalitionen. Aber diesmal sind Sie leider einmal mehr in die Knie gegangen. Und wenn man es nicht besser wüsste, möchte man manchmal glauben, dass die ÖVP den Bundeskanzler stellt und nicht die SPÖ.

Sie bekommen ein Brockerl hingeworfen, das war offensichtlich das Wahlalter mit 16, und dafür wird das andere in Kauf genommen.

Mehr Minderheitsrechte, mehr direkte Demokratie, die immer wieder versprochen worden ist, davon findet sich in diesem Demokratiepaket überhaupt nichts. Dafür haben Sie sich jetzt die Wahlperiode verlängert. Sie haben den Bürgern die Möglichkeit genommen, Ihnen früher zu sagen, was sie von Ihrer Politik oder von Ihrer Regie­rungspolitik halten – positiv oder negativ, je nachdem. Und es tut Ihnen sicherlich nicht leid, dass Sie jetzt alle länger auf Ihren Posten sitzen können. (Bundesrat Konecny: Das ist falsch! Denn für die, die das im Nationalrat beschlossen haben, gilt das nicht! Und wie die nächste Regierung aussieht ...! Das ist einfach falsch, was Sie sagen!)

Ich bin jetzt weder pessimistisch noch optimistisch, ich sage nur, der Bürger muss jetzt einfach länger warten, bis er über die jeweilige Regierungspolitik befinden kann, in die eine wie in die andere Richtung. Wie es dann ausgeht, wird man ja sehen. Und das Argument, dass länger für den Bürger gearbeitet werden kann, ist wirklich nahezu rührend, denn es hat Sie ja bis jetzt auch niemand daran gehindert, länger zu arbeiten. Dass die Wahlperiode seit 1945 im Schnitt nur dreieinhalb Jahre gedauert hat, dafür kann keiner etwas außer den jeweiligen Regierungsparteien. Und dass damit wertvolle Zeit auch für die Arbeit verplempert worden ist durch Vorwahlen, durch Regierungs­bildungen und vieles andere mehr, ist für den Bürger ohnehin unverständlich, weil der erwartet von jeder Regierung zu Recht, dass sie die volle Zeit arbeitet.

Daher herzugehen und den Wählern zu sagen, weil wir so viel Zeit verplempert haben, brauchen wir jetzt ein bisschen mehr Zeit von euch und verlängern jetzt einfach die Periode auf fünf Jahre, ist eigentlich den Wählern gegenüber eine Zumutung.

Ich finde es wirklich schade, noch einmal, dass die Minderheitsrechte nicht gestärkt worden sind, weil Ihnen das offensichtlich kein Anliegen ist. Und dass Sie den Ausbau der direkten Demokratie, dass der Wähler während der Regierungsperioden direkt zum Ausdruck bringen kann, welche Meinung er hat, immer noch nicht geschafft haben, das finde ich sehr schade.

10.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Bader. – Bitte.

 


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