BundesratStenographisches Protokoll748. Sitzung / Seite 70

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dieser Welt mit der Not und dem Leid von Menschen gemacht wird. Insofern ist es immer wieder von besonderer Bedeutung, dass sich die Völkergemeinschaft hier klar und eindeutig dazu äußert, auch in Form von völkerrechtlichen Abkommen.

Was ich ein bisschen bedauerlich finde – ich habe das schon im Ausschuss gesagt –, ist, dass hier seitens Österreichs ein Erfüllungsvorbehalt vorgesehen ist. Wenn alles in Österreich so in Ordnung und bereits erfüllt ist, wie es dieser völkerrechtliche Staats­vertrag vorsieht, dann müsste man eigentlich keinen Erfüllungsvorbehalt machen. Aber leider scheint das ein bisschen Praxis zu sein, denn auch bei der Konvention des Europarates gegen den Menschenhandel wurde ein ähnlicher Erfüllungsvorbehalt gemacht. Ich halte diesen Erfüllungsvorbehalt, also die Tatsache, dass nicht sofort die unmittelbare innerstaatliche Anwendbarkeit davon abzuleiten ist, für einen bedauer­lichen Schönheitsfehler dieses Gesetzes, dem wir gerne zustimmen.

Ich möchte aber die Gelegenheit nützen – Schlepperei heißt auch Umgang mit Frem­den, mit Menschen, mit Asylsuchenden –, an Sie, Frau Bundesministerin, doch auch zwei, drei Fragen im Zusammenhang mit den derzeit in Österreich sehr intensiv diskutierten Fällen zu richten.

Das Erste sind zwei Fragen zum Fall des jungen kosovarischen Mädchens Arigona. Sie haben dankenswerterweise über Ihr Ministerium den unglücklich von einem Res­sort­kollegen gebrauchten Begriff „Erpressung“ zurechtrücken lassen, denn Erpressung oberster Organe ist ein Straftatbestand, und wenn das ein oberstes Organ auch noch ausdrückt, ist es eben ein Straftatbestand.

Sie haben über Ihr Ministerium verlautbaren lassen, dass Erpressung für diesen Fall das falsche Wort ist, denn es liegt kein Bereicherungsvorsatz vor. Ich würde Sie gerne einladen, uns hier Ihre Sicht in Form einer allfälligen Beantwortung mitzuteilen.

Das Zweite ist, dass nach dem Fremdenrechtsgesetz Menschen, die die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen verhindern, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen bedroht sind. Nun wissen wir, seit Landeshauptmann Pühringer dieses untergetauchte Mädchen zum ersten Mal kontaktiert hat, dass der Priester der Gemeinde Ungenach dieses junge, verzweifelte Mädchen vor der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen beschützt. (Zwischenruf.) – Schlepperei und Fremdenrecht hängen irgendwie auch zusammen, weil ich gerade gehört habe, was hat das eine mit dem anderen zu tun.

Mich würde hier die Meinung des Justizministeriums betreffend diesen Priester inter­essieren, dem jetzt eigentlich, würde man dieses Gesetz auch in diesem Fall anwen­den, eine Freiheitsstrafe droht.

Das Nächste: Ich halte es für eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Wenn bei einem Mann oder einer Frau, dessen Ehepartnerin oder deren Ehepartner eine Straftat begangen hat, die Polizei versucht, des Täters oder der Täterin habhaft zu werden, und in der Familie vorstellig wird, so darf der Ehemann oder die Ehefrau als Ange­höriger beziehungsweise Angehörige die eingreifende Polizei oder die fahndende Polizei belügen oder die Auslieferung oder Habhaftwerdung durch eine falsche Angabe verhindern. Im Falle fremdenpolizeilicher Gesetze ist es einem Ehepartner, der eine falsche Aussage gegenüber Polizeiorganen macht, nicht möglich, seinen Ehepartner oder seine Ehepartnerin zu schützen. Das ist eine sehr ungleiche Vorgangsweise. Und wir haben bereits den Fall, dass eine Ehefrau und die Tochter wegen falscher Angabe zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden.

Sehr geehrte Frau Justizministerin, ich halte dieses Messen mit zweierlei Maß im österreichischen Gesetz für dem Gleichheitsgrundsatz zuwiderlaufend und eigentlich


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