BundesratStenographisches Protokoll760. Sitzung / Seite 88

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

warum wir diesen Entschließungsantrag heute in diesem Hause verhandeln und auch beschließen. Die Ursachen, warum es dazu gekommen ist, sind meiner Meinung nach vielschichtig.

Wenn vor 100 Jahren in der reinen Agrargesellschaft ein Bauer, ein Landwirt einen Fehler gemacht hat, dann hat das ausschließlich Konsequenzen für seinen eigenen Hof und für sein eigenes Haus gehabt. Wenn heute ein Manager eines weltumspan­nenden Konzerns – und das Bankenwesen ist ja weitgehend internationalisiert – einen „Fehler“ – unter Anführungszeichen – macht, dann hat das weltweite Folgen und globale Auswirkungen. „Fehler“ ist hier zu gelinde gesagt. Es handelt sich nicht um den Fehler eines Systems – hier ausschließlich der staatliche Sektor, dort ausschließlich der private Sektor, der eine ist der Gute, der andere der Böse –, sondern es handelt sich hier um Lug und Trug und um Verbrechen. Und diese Verbrechen sind sowohl in einem staatlichen System möglich als auch in einem privaten System, weil es sich um menschliche Probleme handelt.

Wenn jemand bewusst Bilanzen fälscht, wenn jemand bewusst faule Kredite in ein anderes Paket umwandelt und anderen Banken auf einem anderen Kontinent verkauft, dann ist das kein Fehler – oder nicht nur ein Fehler –, sondern Betrug und ein Verbrechen. Unter diesen Problemen leiden wir, und unter diesen Prämissen haben wir unsere staatspolitische Verantwortung wahrzunehmen.

Unsere Bundesregierung ist dabei, wie ich meine, mit gutem Beispiel vorangegangen, wobei man sagen muss, dass wir in Europa lediglich von den Ausläufern dieses Vulkanausbruchs in den Vereinigten Staaten betroffen sind. Wir bekommen hier sozu­sagen nicht die unmittelbaren Eruptionen zu spüren, sondern uns treffen nur noch die ausrollenden Steine. – Ich hoffe, es bleibt dabei.

Anders geht es bereits Ländern, die nicht der Europäischen Union angehören, wie zum Beispiel Island, das wegen der Unfinanzierbarkeit der Risken, die sich in Island befin­den, den Staatsnotstand ausgerufen hat. Das soll uns nur auf die Dramatik und auf den Ernst der Situation, vor der wir stehen, aufmerksam machen.

Wenn der Kreislauf des Geldes nicht mehr funktioniert – Kollege Schimböck hat dieses Thema bereits am Beispiel der Klein- und Mittelbetriebe gestreift –, dann können Inves­titionen nicht mehr getätigt werden, dann ist kein Geld mehr da für Auftragserledigun­gen, denn die Einnahmen kommen bei vielen Betrieben ja immer erst einige Wochen oder Monate später, vor allem, wenn die Eigenkapitaldecke gering ist, was ja bei sehr vielen Betrieben der Fall ist.

Wenn es uns also nicht gelingt, den Kreislauf des Geldes in Gang zu halten und das Vertrauen in die Banken, in unser Kreditsystem, in unser Geldmarktsystem wiederher­zustellen, dann könnte diese Entwicklung ein schlechtes Ende nehmen, wobei nicht vergessen werden darf, dass auch dieses Netz des Staates Grenzen hat. (Bundesrat Gruber: Das glaub’ ich!) Wir stehen vor der Situation einer nicht unerheblichen Staatsverschuldung, und wer glaubt, dass der Staat eine Kuh ist, die auf der Erde gemolken und oben gefüttert wird, der irrt und glaubt an das falsche Rezept.

Ich denke, wir sollten uns auch vor Augen führen, dass unsere Möglichkeiten be­schränkt sind und dass die Haftungen und die Haftungsübernahmen in Anbetracht unserer staatlichen Verschuldungssituation ebenfalls nicht unbeschränkt sind.

Trotzdem möchte ich zuversichtlich schließen und betonen, dass unsere Regierung heute das Richtige beschlossen hat: eine Erhöhung der Haftungen auf mindestens 100 000 € pro Sparer und Bankinstitut. Darüber hinaus werden wir, glaube ich, keine besonderen Garantien brauchen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite