BundesratStenographisches Protokoll802. Sitzung / Seite 95

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Daran zeigt sich, wie wichtig die Volksanwaltschaft als Organ des Parlaments ist, weil sie die Auswirkungen der Gesetze auf die Bürger und Bürgerinnen prüft und uns, also dem Parlament, in ihrem Bericht ein Feedback gibt.

In den Berichten werden nicht nur die Missstände und Benachteiligungen der Bürger und Bürgerinnen aufgegriffen, sondern es werden auch die Empfehlungen und – es ist auch schon gesagt worden – die gesetzlichen Anregungen der Volksanwaltschaft auf­grund der durchgeführten Prüfverfahren aufgezeigt.

Ganz besonders wichtig ist es, in diesem Zusammenhang auch zu betonen, dass die Volksanwaltschaft ja auch von sich aus tätig werden kann, wenn sie zum Beispiel Missstände und Unregelmäßigkeiten vermutet. Die Volksanwaltschaft hat das Recht, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten. Das heißt, sie kann die Aufhebung von Verordnungen, die sie als gesetzeswidrig erachtet, beantragen.

Die Kontrolltätigkeit der Volksanwaltschaft bezieht sich daher auf die gesamte öffentli­che Verwaltung, nicht auf die Gerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Justizverwaltung. Aber auch hier sind die Befugnisse der Volksanwaltschaft im Jahr 2008 ausgeweitet worden. So kann die Volksanwaltschaft dort, wo Gerichte säumig sind, auch eine Kon­trolltätigkeit ausüben, insbesondere eben bei Verfahrensverzögerungen.

Im Zusammenhang mit Verfahrensverzögerungen weist der Bericht auch auf übermä­ßig lange Verfahrensdauern in Unterhaltsverfahren hin. Diesen Punkt möchte ich nur kurz anreißen. Das trifft natürlich besonders unterhaltsberechtigte Kinder in Familien mit Alleinerziehenden, die auf das Geld natürlich sehr stark angewiesen sind, sehr hart. Viele Alleinerziehende leiden ja unter diesen langsamen und komplizierten Verfahren, wenn sie einen Unterhaltsvorschuss für ihre minderjährigen Kinder beantragen. Um hier nur eine Zahl zu nennen: In Österreich wird pro Jahr der Unterhalt von zirka 45 500 Kindern mit rund 103,6 Millionen € vom Bund bevorschusst.

In Entsprechung einer Empfehlung der Volksanwaltschaft hat es 2010 auch eine Ge­setzesänderung gegeben. Jetzt müssen unterhaltsberechtigte Kinder zum Glück nicht mehr den Nachweis eines erfolglos eingestellten Exekutionsverfahrens erbringen, son­dern da reicht mittlerweile auch der Nachweis, dass ein Exekutionsverfahren eingelei­tet wurde. Dies hat natürlich zu einer Beschleunigung des Verfahrens geführt. Diese Gesetzesänderung ist auch auf Empfehlung der Volksanwaltschaft erfolgt, und das zeigt natürlich wiederum die Wichtigkeit der Volksanwaltschaft.

Im Zusammenhang mit den langen Verfahrensdauern sei nur kurz erwähnt, dass es gerade in Kindschaftsrechtsstreitigkeiten immer wieder Probleme gibt. Es herrscht nämlich immer wieder ein großer Mangel an Sachverständigen im psychologischen und psychiatrischen Bereich. Gerade in so einem hochsensiblen Bereich wie in Kind­schaftsrechtsstreitigkeiten, wo es um Obsorge und Besuchsrechtsregelungen geht, ist die emotionale Belastung der Familien ja besonders hoch und ist daher eine zügige Verfahrensdurchführung notwendig. Daher ist es erforderlich, dass Familienrichtern und ‑richterinnen genügend Sachverständige zur Verfügung stehen.

Ich möchte nun einen weiteren Punkt anführen, nämlich die Jugendwohlfahrt. Hier for­dert die Volksanwaltschaft ja schon seit Jahren eine Neugestaltung. In den Medien ist leider immer wieder nur dann davon die Rede, wenn sich tragische Fälle von Gewalt in den Familien zutragen. Es wird aber kaum davon gesprochen, dass die Jugendwohl­fahrt mit ständig steigenden Anforderungen konfrontiert ist.

Es steigt die Zahl der Fälle von Vernachlässigung von Kindern in Familien, von kör­perlicher und seelischer Gewalt, es steigt auch die Anzahl sexueller Übergriffe. Also es fehlt der Jugendwohlfahrt an genügend Personal, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Und solange die Jugendwohlfahrt überlastet ist, ist die Wahrscheinlichkeit von Fehleinschätzungen und verzögerten Reaktionen natürlich höher. Also auch hier gibt


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