13.44.27

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien)|: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ich habe ein bisschen ein Problem. Bisher hat zehn Jahre lang bei jedem EU-Vorhabensbericht Herr Krusche vor mir geredet und die EU-Vorhabensberichte in Grund und Boden verteufelt. Jetzt fehlt er auf einmal. Über Nacht sind auf einmal die EU-Vorhabensberichte - - (Bundesrat Stögmüller: Plötzlich geht’s! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, aber nicht mehr als Kontraredner. Zehn Jahre versucht man, ihm zu er­klären, dass EU-Vorhabensberichte EU-Vorhaben sind, und plötzlich (Bundesrat Stög­müller: Kommt die ÖVP und dreht ihn um! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – allge­meine Heiterkeit), knapp vor Ostern, Pfingsten ist noch ganz weit, kommen die Zungen herunter und die FPÖ versteht, dass EU-Vorhabensberichte eigentlich zur Kenntnis zu nehmen sind; so wie das auch meine Fraktion heute tun wird, denn wir werden nicht zehn Jahre versuchen, aufklärerisch zu arbeiten, um dann hinter eine Aufklärung zu fallen. (Bundesrat Krusche: Wenn wir den Schennach nicht hätten!)

Nun aber kommen wir zu diesem Bericht. Ich meine, alles, was heute schon diskutiert ist, was wir in den letzten Jahren zu Erasmus und Erasmus+ gesprochen haben, ist, glaube ich – das fällt mir ein, weil heute so oft Salzburg erwähnt wurde –, ganz in Ste­fan Zweigs Sinne. Das hat sich Stefan Zweig gedacht: ein grenzenloses Europa, wo Bildung keine Grenzen kennt, wo Nationalstaaten keine Rolle mehr spielen und die Ju­gend einen Austausch auf Forschungsebene, einen Bildungsaustausch machen kann.

Ich sehe das immer, wenn meine Studierenden sagen, jetzt bin ich wieder ein halbes Jahr mal in Amsterdam oder in Barcelona und so weiter. Ich finde, das ist eine un­glaubliche Belebung. Da kommt die Europäische Union tatsächlich bei Bürgern und Bürgerinnen in Form unserer Jugend an. Das ist wichtiger als so manch andere Dis­kussion. (Bundesrat Stögmüller: Richtig!)

Auch im Zusammenhang mit den Diskussionen über das neue EU-Budget meine ich daher, dass in einem Bereich nicht gekürzt werden darf, nämlich im gesamten Bereich Forschung und Innovation.

Wir haben ein EU-Budget, das ausschaut, als ob Europa ein agrarischer Entwicklungs­kontinent wäre, mit einer relativ marginalen Forschungs- und Innovationsrate. Deshalb ist es von enormer Wichtigkeit, darauf zu schauen, wo die Zukunft liegt, wo das Bring-together der jungen Menschen liegt, auch wenn sie momentan einer Vision beraubt wurden und feststellen mussten, dass sie mit dem, was sie gelernt haben, wo sie ihre Fähigkeiten haben, derzeit keine Jobs finden, von denen sie selbständig leben können.

Das ist eine fürchterliche Tragödie, auch bei Ausgebildeten, auch bei universitär Aus­gebildeten, und eine sehr gefährliche Situation im Grunde, aber die Erfahrung, wir le­ben in Europa und ich vernetze mich zwischen Edinburgh, Lissabon und Prag, ist et­was ganz Wichtiges.

Die Lehrlinge wurden schon zur Sprache gebracht. Ich weiß nicht, wie oft ich – zwar nicht von diesem Rednerpult aus, aber doch von einem Rednerpult – schon betont habe: Wir dürfen die Lehrlinge nicht im Nationalismus zurücklassen, sie brauchen die­se Öffnung! Hier muss ich sagen – und ich bin ganz intensiv mit der Gesellschaft, die in Österreich Erasmus durchführt, in Verbindung –: Da ist ja schon etwas passiert, nur sind das so kurzzeitige Möglichkeiten für Lehrlinge, das ist noch zu wenig. Da muss man auch längerfristige Angebote schaffen.

Selbst Barroso hat erkannt, dass unser duales Bildungssystem eigentlich ein ideales Bildungssystem wäre, wo man auch Angebote im Sinne des Erasmus-Austausches schaffen muss. Aber das, was schon ist, gehört ausgebaut, zumindest zwischen jenen vier, fünf Ländern, die hier eine ähnliche Struktur haben.

Lieber David Stögmüller! Du hast hier kritisiert, dass wir vielleicht nicht so attraktiv sind als Erasmus-Incoming-Land und dass wir ein stärkeres Erasmus-Outgoing haben, aber wir haben da ganz interessante Phänomene in Europa. So erfreut sich zum Beispiel Prag unglaublicher Attraktivität, was auch damit zu tun hat, dass Erasmus auch außer­europäisch verlinkt ist. (Bundesrat Stögmüller: 53 Drittländer!) Wenn wir uns anschau­en, wie international es an den Prager Universitäten zugeht, oder wenn wir uns dann noch die Schweiz anschauen, dann ist das schon sehr spannend.

Was du aber immer vergisst, ist die hohe Rate an Studierenden in Österreich – und da brauche ich nur auf meine Studierenden zu schauen –, die nicht aus Österreich sind, die aus EU-Staaten sind und hier ein ordentliches Studium absolvieren, und das nicht über Erasmus. Das heißt, wir haben bereits einen sehr, sehr hohen Anteil an nichtös­terreichischen Studierenden. Vielleicht ist auch deshalb unsere Erasmus-Rate als In­coming-Land ein bisschen niedriger.

Wichtig ist, noch einmal, dass die sprachliche und digitale Kompetenz klare Ziele sind. Eine Tatsache, über die wir in den letzten 24 Stunden hier schon öfter diskutiert haben, ist, dass sich die Arbeitswelt heutzutage rasch verändert und ganz neue Anforderun­gen schafft. In diesem Zusammenhang ist der Bereich Forschung und Innovation von großer Bedeutung. Da gibt es großartige Ansätze von jungen Forschern und Start-ups, da liegt Österreich sehr, sehr gut, da müssen wir Chancen ergreifen. Da reagiert die Europäische Union, wie sie zu reagieren hat, nämlich sehr unterstützend.

Auch in diesem gesamten Bereich kommt es zur Stärkung der europäischen Identität. Wenigstens der Kopenhagener Gipfel hat im Erasmus-Programm bereits einen Nieder­schlag gefunden: Im Sinne der Chancen- und der Geschlechtergerechtigkeit gilt es, auch da die soziale Säule im Bereich Forschung und Innovation stärker auszufüllen.

Horizon 2020 – da war ein kleiner Stotterer drinnen in den letzten Jahren. Ich bin froh darüber, dass das in dieser Form angelaufen ist. Wir brauchen das für die Forschungs­infrastruktur, für die Förderung der europäischen Forschung und für die Grundlagenfor­schung.

Wenn man Eurostars-2 ansieht, das über Eureka kommt, so ist das – ich erwähne das, weil mich die Frau Zwazl vorhin angeschaut hat – ganz interessant im Sinne der Ko­operation für forschungsintensive KMUs.

Das ist etwas ganz, ganz Wichtiges. Nicht alles kann eine Cern-Forschung sein, aber hier in diesem Bereich, auch bei den sogenannten P2Ps, in Kombination damit ist das wirklich wichtig.

Beim Europäischen Forschungsraum ist auch etwas wichtig – und auch da kommen wir Stefan Zweig wieder sehr, sehr nahe –, nämlich dieser innerhalb der Europäischen Union offene Arbeitsmarkt für Forschende. Das brauchen wir. Wir brauchen dieses Floaten, wir brauchen diesen Austausch, wir brauchen aber auch da das sogenannte Gender-Mainstreaming und – was besonders interessant ist, und da ist auch Öster­reich gut – das Diversity Management.

Wo Österreich aber überhaupt Nummer eins war in der Vergangenheit – und ich neh­me an, diese Bundesregierung wird das auch fortführen –, ist die gesamte Open-Inno­vation-Strategie. Das ist ein Erfolgsprojekt, und ich denke, dieses gemeinsam mit den Femtech-Forschungsprojekten – also Frauen und Technologie und all die Folgen –, die auch hier angesprochen werden, ist wichtig.

Last but not least möchte ich etwas erwähnen, wofür wir uns hier im Bundesrat immer wieder in einer ganz besonders positiven Weise ausgesprochen haben: Forschung und Rising up the human capacity im Bereich der Donauraumstrategie. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Feld für Österreich, nämlich die Forschungszusammenarbeit auch mit Drittstaaten, also mit noch potenziellen EU-Beitrittsländern. Auch Forschung und Innovation im Rahmen dieser Donauraumstrategie sowie der Austausch in diesem Be­reich sind etwas ganz Wichtiges.

Da dies der EU-Vorhabensbericht ist, hoffen wir wie immer, dass eine möglichst breite Zustimmung dafür da ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster ist Herr Bundesrat Längle zu Wort gemel­det. – Bitte.