10.03.43

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien)|: Sehr geehrte Frau Ministerin! Werter Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Vor 125 Jahren wurde in Österreich der erste Frauenverein gegründet. Vor 121 Jahren durften Frauen zum ersten Mal studieren. Vor 100 Jahren wurde, wie wir heute schon gehört haben, das Frauenwahlrecht in Österreich eingeführt, dann war Krieg, und auf das Mutterkreuz folgte dann die sogenannte Drei-K-Politik, sprich: Kinder, Küche, Kirche. Erst vor 52 Jahren wurde eine Frau Ministerin in Österreich, und zwar für Soziales. Vor 48 Jahren wurde die Stellung des unehelichen Kindes aufgewertet, und vor 43 Jahren kam es schlussendlich zum Kompromiss bei der Fristenlösung.

Im gleichen Jahr, also 1975, gelang es sogar, durchzusetzen, dass Frauen in Öster­reich ohne Zustimmung des Ehemannes arbeiten gehen durften, über den Wohnsitz und sogar über den Familiennamen entscheiden konnten. Vor 40 Jahren schließlich gab es in Österreich das erste Frauenhaus, die väterliche Gewalt wurde abgeschafft und das Ehescheidungsrecht abgeändert. Es dauerte elf weitere Jahre, bis schließlich Vergewaltigung in der Ehe strafbar wurde. Ein Jahr später, also 1990, hatte Österreich schließlich die erste Frauenministerin. Seit 25 Jahren gibt es in Österreich das Gleichbehandlungsgesetz. Vor 20 Jahren haben rund 650 000 Menschen in Österreich das erste Frauenvolksbegehren unterzeichnet.

Heuer ist sicher ein historisches Jahr: Wir feiern nicht nur 100 Jahre Frauenwahlrecht und 100 Jahre Demokratie, wir gedenken nicht nur des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland vor 80 Jahren, sondern es gab jetzt auch die Möglichkeit, Unter­stützungserklärungen für das zweite Frauenvolksbegehren abzugeben. Das war deshalb so wichtig, weil von den elf Forderungen im ersten Frauenvolksbegehren bis dato keine einzige erfüllt worden ist. Die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe wurde zwar beschlossen, aber nachdem Schwarz-Blau diese Unter­stützung jetzt abschaffen möchte, ist damit zu rechnen, dass es gar nicht so weit kommen wird.

Das aktuelle Frauenvolksbegehren enthält – das werden Sie mittlerweile wissen – neun Forderungen und strotzt, könnte man sagen, vor Selbstverständlichkeiten. Da geht es um gleichen Lohn, da geht es um Schutz vor Gewalt, um ein Stück Macht und um Kinderbetreuung. Es ist das dritterfolgreichste Volksbegehren in Österreich in der Unterstützungsphase.

Ich habe schon öfters gesagt, dass ich es bedauere, dass die Regierungsmitglieder dieses Frauenvolksbegehren nicht unterstützen. Auch wenn es tatsächlich da und dort visionär sein mag, zu diskutieren lohnt es sich aber allemal. Die Argumente dagegen sind ein bisschen fadenscheinig, und – ich glaube, es ist wichtig, das zu sagen – wenn wir heute genau diese Dinge einfordern, die im Maßnahmenpaket drinnen stehen, dann sehe ich nicht ein, wieso Sie nicht auch gleichzeitig sagen können, dass, wenn 250 000 Menschen eine Unterstützung für das zweite Frauenvolksbegehren abge­geben haben und es daher im Parlament behandelt werden muss, dieses zumindest auch ein Thema für die Regierung sein kann.

Es ist heute schon das Stichwort Lohngerechtigkeit gefallen. Da ist Österreich tatsäch­lich noch immer Schlusslicht und sicher nicht vergleichbar mit den skandinavischen Ländern. Die Einkommenstransparenzberichte gibt es seit 2011, aber auch nur ab einer großen Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenzahl, und diese müssen nur dem Betriebs­rat vorgelegt werden.

Gewalt ist allgegenwärtig, es gibt Frauenarmut, es herrschen Hass und Hetze im Netz und Diskriminierung im Alltag, und es ist das Fehlen von Frauen in Aufsichtsräten festzustellen. Wir wissen, dass es sehr viel zu tun gäbe.

Was mir schon Sorgen macht, trotz des Umstandes, dass ich es schon würdige, dass es dieses Maßnahmenpaket gibt – und es geht dabei nicht um ein paar Seiten, sondern um den Willen, um das Faktische dahinter, um das, was umgesetzt wird –, ist, dass das Frauenbudget mickrige 10 Millionen Euro beträgt und nicht an die Inflation angepasst worden ist, während das sogenannte Körberlgeld beispielsweise für den Kanzler 35,4 Millionen Euro beträgt, für den Vizekanzler 7,5 Millionen Euro und für den Verteidigungsminister 30 Millionen Euro. (Beifall der BundesrätInnen Reiter und Stögmüller.)

Ich komme nicht umhin, auch wenn es gut ist, dass es dieses Paket gibt, trotzdem zu kritisieren, dass darin lediglich ein paar Versprechen gemacht worden sind. Wir werden diese Regierung daran messen, was sie tatsächlich umsetzt. Es ist ganz wichtig, nicht nur darauf zu schauen, dass es für die tiefgreifenden strukturellen Änderungen, die notwendig sind, ein angemessenes Budget gibt, sondern sich auch in den Ländern, in den Gemeinden und in den anderen Ressorts anzuschauen, wie das sogenannte Gender Budgeting funktioniert, das heißt, wie die Umverteilung der Gelder in allen Bereichen vonstattengeht und dass sie sich nicht nur auf die Frauenpolitik beschränkt. In diesem Sinne – und da sind wir uns einig – gibt es noch sehr viel zu tun.

Wir von den Grünen fordern schnellere Maßnahmen, und wir würden uns darüber freuen, wenn es der Regierung doch noch gelänge, über ihren eigenen Schatten zu springen und die neun Forderungen des zweiten Frauenvolksbegehrens, diese wirklich großartige Initiative, hinter der so viele Menschen stehen, wahrzunehmen, sich ge­nauer anzuschauen und vielleicht doch noch mehr zu diskutieren. – Vielen Dank. (Beifall der BundesrätInnen Reiter und Stögmüller.)

10.09

Präsident Reinhard Todt: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Bogner-Strauß zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.