13.20.27

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin, ich weiß, Sie springen hier für Ihre Kollegin ein, und ich gehe auch nicht davon aus, dass Sie den EU-Vorhabensbericht tatsächlich gelesen haben, denn sonst würden Sie ja nicht zu der Aussage kommen, dass es sich um eine umfang­reiche Stellungnahme handelt. Die EU hat ein umfangreiches Umwelt-, Energie- und Natur­schutzpaket vorgelegt, aber die Stellungnahme der österreichischen Bundes­minis­terin ist eine Leermeldung.

Wenn ich alle Zeilen zusammenzähle, in denen eine Stellungnahme Österreichs vor­kommt, komme ich bei den 24 Seiten auf 15 Zeilen. Das ist also eine absolute Leermeldung. Noch dazu steht geschrieben, dass man das begrüßt, unterstützt und so weiter und eine Strategie erarbeiten wird. – Es ist keine Zeit mehr zum Erarbeiten von Strategien, das hat bereits eine Vorrednerin ausführlich dargelegt!

Zum wichtigen Thema EU-Umweltrecht – Better Regulation Agenda, Peer-Reviews-Aktionsplan und so weiter – gibt es nichts, da gibt es keine Stellungnahme Österreichs. Das ist ein Aktionsplan! Der Aktionsplan kommt, aber Österreich hat dazu nichts zu sagen. Im Bereich der Bioökonomie, der ganz wichtig ist, steht drinnen, dass man eine Strategie erarbeiten wird. Im Rahmen der Europäischen Union sind wir da schon wesentlich weiter.

Ein weiteres Beispiel ist das von Kollegen Tiefnig angesprochene Thema. Die Land­wirtschaft sagt: Wir werden uns einsetzen. – Wenn die Landwirtschaft so beginnt, dann weiß man, dass gar nichts kommt, dass alles abgewiegelt wird. Leider hat Kollege Tiefnig seine Äußerung zur Biodiversität so begonnen. 95 Prozent der Biodiversität weltweit ist verschwunden.

Wenn die Landwirtschaft sagt, dass man sich einsetzen wird, dann schauen wir bitter drein. Und wenn wir dann auch noch hören, dass alle vorliegenden Studien zu Glypho­sat einseitig sind, dann würde ich sagen: Bitte, liebe Landwirtschaft, ich weiß schon, dass ihr in Wirklichkeit von diesem Bericht komplett ausgenommen worden seid!

Wenn du auch noch die Wasserrahmenrichtlinie zitierst, dann möchte ich nur an eines erinnern: Zu dieser Wasserrahmenrichtlinie gehört ja nicht nur das Trinkwasser und das Badewasser, sondern auch das Abwasser. Und Kollege Mayer weiß ganz genau, wer uns in der Sitzung des EU-Ausschusses gezwungen hat, eine Stellungnahme der Aufweichung zu machen, nämlich das Land Niederösterreich. Aus Agrarinteressen wird die Abwasserrichtlinie aufgeweicht, weil sie seitens der EU zu streng ist.

Das heißt, genau das Gegenteil ist da der Fall. Ich bin ja ganz neugierig, wie die Um­setzung der Verordnung über die gebietsfremden invasiven Arten vor sich geht.

Es gibt im Bericht einen interessanten Satz der Frau Ministerin zur Kreislaufwirtschaft – das ist etwas, das alle unsere Gemeinden machen –, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Es steht drinnen: „Recycling um jeden Preis sollte vermieden werden.“ – Dieser Satz ist interpretationswürdig. Wir versuchen seit 20 Jahren die Kommunen zu einer Kreislaufwirtschaft zu bringen, und sie tun das auch auf perfekte Weise. Im Bericht aber steht: „Recycling um jeden Preis sollte vermieden werden.“ – Das halte ich für mehr als bedenklich.

Nun komme ich aber zum Punkt CO2, der ja im Zentrum steht. Es war von der Strategie her nicht vorgesehen, dass vor zwei Tagen die Klima- und Energiestrategie vorgestellt wurde. Dazu muss ich sagen: schockierend. Ich kenne ja überhaupt niemanden aus dem Fachbereich – Professor Schleicher aus Graz, Professor Kromp-Kolb und so weiter, die verschiedenen Windkraft- und Biomasseverbände –, der das nicht auch so sehen würde. Das ist ja unglaublich! Diese Strategie ist ein Bauchfleck der Sonderklasse.

Wie dieses Papier vor der Präsentation ausgesehen hätte, wäre interessant gewesen. Da sind aber dann die Landwirtschaft, die Wirtschaft und der Finanzminister ins Spiel gekommen, die das ausgeplündert haben. Und nun haben wir eine Art Torso, der sich Klima- und Energiestrategie nennt und weder Budget noch Zeitplan hat – nichts.

In der Strategie steht aber, was bekannt ist, nämlich dass 6 Milliarden unserer Förde­rungen in klimafeindliche Bereiche gehen. Sehr etablierte und namhafte Institute haben das alles in den letzten Jahren ganz genau erarbeitet, nun aber heißt es, dass man Arbeitsgruppen dazu braucht. Das heißt, wir finanzieren weiterhin Antiklimamaß­nah­men und Antiklimastrategien.

Dann noch etwas: Ich war sehr beteiligt daran, dass es FEMIP, das genau in diesem Bereich tätig ist, bei der Europäischen Investitionsbank gibt. Dieses hat gleich zu Anfang gesagt, dass wir Energieeffizienz und die thermische Sanierung von Häusern brauchen. Genau diese thermische Sanierung, die so gut läuft, wird nun gekürzt!? Die Mittel werden gekürzt!

Die Frau Ministerin sagt, dass das eine Strategie mit Hausverstand ist – das ist schon ganz interessant –, die Klimaschutz und Wirtschaft nicht gegeneinander ausspielt, sondern sie zusammenbringt. – Das ist ja nett! Die Landwirtschaft wurde nicht in die Strategie aufgenommen, das Gewerbe und die Industrie sind nicht davon betroffen. Der Hausverstand scheint also irgendwo anders zu regieren, nicht aber in dieser Strategie.

Wenn man sich auch anschaut, dass noch bis 2020 massiv Ölheizungen – übrigens geförderte – installiert werden können und erst 2025 mit dem Ausstieg begonnen wird – nicht bei den frisch geförderten, sondern bei den alten –, dann frage ich mich schon, ob das nicht ein faschingshafter Beitrag sein soll. Oder was soll das sonst sein?

Ich meine, wir haben ganz klare Ziele für den Ausstieg aus der fossilen Energie. Die fossile Energie als Träger gehört diskriminiert. Heute zu dieser Stunde arbeiten 1 260 Windkraftwerke in Österreich, die ungefähr 11 Prozent der Energie erbringen. Das Land Burgenland zum Beispiel erzeugt 108 Prozent seines Energieverbrauchs durch Windräder. Das heißt, das Land Burgenland exportiert die überschüssigen 8 Pro­zent in andere Bundesländer. Insgesamt werden in Österreich nur 11 Prozent der Energie durch Windräder erzeugt. Das ist zu wenig. Das ist zu wenig, um die verbindlichen Pariser Ausstiegsziele zu schaffen.

Diese Klima- und Energiestrategie, die nun vorliegt, die keinen Zeitplan und kein Budget enthält, die ohne Ambitionen ist und kontraproduktive Maßnahmen enthält, entspricht auch nicht dem, was hier heute angenommen wird, nämlich der EU-Jahresvorschau. Im Kapitel zur CO2-Reduzierung steht etwas anderes als im zwei Tage alten österreichischen Papier, was ja interessant ist. Es gibt da eine Spannung, die, muss ich sagen, wirklich nicht durchdacht ist.

Vor drei Tagen noch hätte diese Strategie auf dem EU-Papier gefußt und wäre daher interessant gewesen – das sagen alle, die irgendwie am Rande daran beteiligt sind –, und was ich so von den Expertinnen und Experten, von den NGOs oder von der Wis­senschaft höre, liegt das jetzt fünf Wochen auf. Wenn das so bleibt und eine Klima- und Energiestrategie zur Erfüllung der Pariser Ziele ohne Landwirtschaft, ohne Gewerbe, ohne Industrie, ohne Budget und ohne Zeitplan gemacht wird, dann zahlen das irgendwann unsere Kinder, das muss schon klar sein. Es kommen dann nämlich Strafzahlungen und andere Dinge, die wirksam werden, auf uns zu, und das ist bitter!

Da das eine Leermeldung ist, sagen wir ohne Vorbehalte Ja zu den Vorhaben der EU, aber Nein zu einer inhaltsleeren Meldung! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundes­rätInnen Dziedzic, Reiter und Stögmüller.)

13.29

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort ist Herr Bundesrat Preineder gemeldet. Ich erteile ihm dieses.