10.07.01

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister Strache! Sehr geehrte Damen und Herren! 2,5 Milliarden Euro, also knapp 0,7 Prozent des BIP, beträgt der jährlich verursachte volkswirtschaftliche Schaden, den Österreich durch Bewegungsmangel erfährt; 2,5 Milliarden Euro – nicht gerade wenig, wenn wir uns das Gesamtbudget anschauen. Nur eine von vier Perso­nen im erwerbstätigen Alter betreibt Sport – eine von vier!

Warum verursacht Bewegungsmangel so enorme Kosten in unserem gesamten Sys­tem? – Zum einem lässt sich das damit erklären, dass es zu einem erhöhten Ver­brauch von Gesundheitsdienstleistungen und Gesundheitsgütern wie Behandlungskos­ten, Medikamenten, Versorgungskosten oder Transportkosten kommt. Diese Kosten, die durch Inaktivität verursacht werden, sind im gesamten Budget der größte Faktor. Weiters entstehen natürlich Kosten aufgrund von Produktivitätsverlust oder Berufsun­fähigkeit; so etwa Krankenstandskosten, Invaliditäts- oder Erwerbsunfähigkeitskosten und so weiter. Nicht außer Acht lassen sollte man auch die enorm steigenden – also nicht enorm, aber doch ansteigenden Kosten –, die intangiblen Kosten als Folgeer­scheinung von zum Beispiel verminderter Lebensqualität, Angstzuständen oder auch verminderter Lebensfreude.

Was wir hinsichtlich Gesundheitsprävention erreichen müssen, ist, dass wir mehr Men­schen dazu bewegen, sportlich aktiv zu sein, sich sportlich mehr zu betätigen. Es muss nicht gleich ein Marathonlauf sein, aber zwei Tage intensive Bewegung und Muskel­aufbau pro Woche würden schon reichen, wenn man sich das Ganze volkswirtschaft­lich anschaut. Allein ein Ansteigen der Zahl der Sportlerinnen und Sportler um 100 000 Personen würde eine Einsparung im Gesundheitswesen von knapp 17 Millio­nen Euro bedeuten.

Wie erreichen wir eine derartige Steigerung? – Ich glaube, und darin sind sich auch die Expertinnen und Experten einig, wir müssen bei den Jüngsten anfangen. Ich gebe Ihnen natürlich recht, das geht bis ins hohe Alter, absolut richtig, aber man muss bei den Jüngsten beginnen. Bewegung wirkt bei Kindern wie Kraftfutter oder wie Doping; dass sie sich sportlich betätigen, ist ganz, ganz wichtig. Das beginnt natürlich mit der Vorbildwirkung im eigenen Familienverband. Wenn Eltern regelmäßig Sport betreiben, wenn Eltern Sport machen, färbt das natürlich auch auf die Kinder und Jugendlichen ab und trägt so auch zu einem gesunden Aufwachsen der Kinder bei. Deshalb müssen wir gerade auch bei den Maßnahmen, die dieses Bewusstsein bei den Eltern manifes­tieren sollen, massiv nachschärfen.

Ein Beispiel dazu aus meinem Wohngebiet, ich wohne gegenüber einer Schule – der Kollege hat es schon gesagt –: Wenn ich in meiner Wohnung aus dem Fenster schaue, dann kann ich feststellen, dass es morgens um 7.30 Uhr ganz üblich ist, dass die Eltern im Autokonvoi anfahren, ihre Kinder abladen und diese dann den einen Meter in die Schule gehen. Ich denke, das ist der falsche Ansatz. Wir müssen das Bewusstsein bei den Eltern schaffen, dass es wichtig ist, dass sie ihre Kinder an sportliche Aktivi­täten heranführen.

Die Statistiken weisen keine guten Zahlen für Kinder und Jugendliche aus. Nur mehr 28 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Österreich betreiben Sport, und das ist schon ziemlich alarmierend. 28 Prozent der Burschen und 25 Prozent der Mädchen zwischen sechs und 18 Jahren sind übergewichtig oder fettleibig. Auch das ist alarmie­rend und müsste uns eigentlich zu denken geben, müsste uns sagen, dass wir da etwas tun müssen. Die große Frage, die wir uns als österreichische Politiker und Politi­kerinnen eigentlich stellen müssen, ist nicht: Wie bekommen wir noch mehr Olympia­sieger?, sondern: Wie bekommen wir fitte und gesunde Kinder? Wie können wir Bewe­gung, körperliche Betätigungen in den Kindergärten und Schulen implementieren?

Wir brauchen Bewegungskindergärten. Wir müssen die nötigen Infrastrukturmaßnah­men für Schulen setzen, damit die tägliche Turnstunde irgendwie realisierbar wird. Nach wie vor fehlt es an Turnsälen, nach wie vor fehlt es an Sportstätten und so weiter. Es braucht Aus- und Weiterbildung für die PädagogInnen. Wir müssen endlich Wege finden, um Schulsportstätten auch außerhalb der Schulöffnungszeiten offen zu halten, damit ein niederschwelliges Angebot für Jugendliche besteht, in der Freizeit Sport zu betreiben, was gerade in den Städten ein großes Problem ist.

Wir brauchen eine Förderung des Mädchen- und Frauensports.

Nützen wir auch die Nachmittagsbetreuung in den Schulen für gezielte sportliche För­derung der Kinder! Erste Schritte wurden ja schon gesetzt, aber wir müssen noch we­sentlich nachschärfen.

Fördern wir aktive Bewegungsparks wie Motorikparks! Es gibt wirklich gute Beispiele dafür; ich lade Sie ein, nach Braunau zu kommen, dort ist eben erst einer eröffnet worden. Kollege Tiefnig ist heute nicht da, aber ihm sei gesagt: Dieser Park ist wirklich großartig; es ist ein tolles Konzept, dass Physiotherapie, Krankenhäuser, Schulen sich gemeinsam zu einem Motorikpark bekennen und dort Aktivitäten umsetzen.

Reden wir nicht nur über Elitesport, sondern bemühen wir uns wirklich, wieder mehr Menschen dazu zu bringen, sich mehr zu bewegen!

Sie haben auch das Thema Wirtschaftlichkeit im Sport angesprochen, dazu nur einen Satz – aktuell bekannt ist ja der Wunsch des Grazer Bürgermeisters nach Austragung der Olympischen Spiele in seinem Heimatbundesland –: Man sollte sich als Beispiel Innsbruck genau anschauen und gut überlegen, ob man derartige Pläne auch wirklich verfolgen möchte. Wie Sie ja richtig angesprochen haben, ist das Budget ein großes Problem. Die Steiermark hat eine Verschuldung in Höhe von 5,1 Milliarden Euro, und trotz der Sozialeinschnitte durch die Reformpartnerschaft ist nach wie vor keine Ver­besserung gelungen. (Bundesrat Krusche: Das soll deine Sorge nicht sein!) – Genau, das soll nicht meine Sorge sein, trotzdem darf ich anregen: Es gibt bessere Möglichkei­ten, Geld zu investieren, nämlich bei den Kindern und Jugendlichen anstatt in irgend­welche Olympiaprojekte, die ein Milliardenloch im Budget hinterlassen. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätinnen Dziedzic und Reiter.)

10.12

Präsident Reinhard Todt: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich der Herr Vizekanzler und Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport zu Wort ge­meldet. Ich erteile es ihm und darf ihn bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglich­keit einzuhalten.