12.08.15

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten)|: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Menschen zu Hause vor den Bildschirmen! Mittagszeit ist, zwei Personen haben wir als Zuhörer noch hier. Ich persönlich glaube, dass wir uns alle hier im Haus darüber einig sind, welch bedeutenden Stellenwert poli­tische Parteien in einer Demokratie einnehmen. Ein ausgeprägtes Parteienspektrum mit unterscheidbaren Parteien garantiert nämlich, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger ein Mitspracherecht in der Politik haben, dass sie tatsächlich zwischen un­terschiedlichen Meinungen und Alternativen wählen können und sich vor allem politisch vertreten fühlen.

Eine vielfältige Parteienlandschaft ermöglicht daher demokratische Prozesse, Debat­ten, politische Auseinandersetzungen. Mögen diese manchmal auch ein bisschen hit­zig sein, sie sind in Wahrheit Ausdruck einer funktionierenden Demokratie. Daher muss ich ehrlich sagen, lieber junger Bundesrat (in Richtung Bundesrat Steiner) – weil du dich als solcher bezeichnet hast –, dieser Ausdruck betreffend die Grünen, „Sektierer- und Verbotspartei“ - - (Bundesrat Steiner: Genau! Richtig! Sie haben recht, Herr Bun­desrat! – Zwischenruf der Bundesrätin Reiter.– Wahrscheinlich musst du noch ein bisschen älter werden, dann wirst du, was das Ganze anbelangt, auch ein bisschen ge­scheiter werden, aber das ist nicht der richtige Weg, hier im Parlament zu diskutieren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Dziedzic: Das ist das Parlament und nicht das Bierzelt!)

Die SPÖ bekennt sich klar zu dieser Vielfalt und auch dazu, dass uns diese Partei­envielfalt etwas wert sein muss – in Form der Parteienförderung –, so wie es meine Vorrednerin gesagt hat.

Das ist auch richtig so, und wenn die Bundesregierung die anstehende Valorisierung und die Parteienförderung im heurigen Jahr zurückgenommen hat und damit keine In­dexanpassung gemäß Parteiengesetz 2012 macht, so ist das natürlich auch für die SPÖ grundsätzlich vertretbar. Auch politische Parteien müssen ihren Beitrag leisten, wenn es darum geht, im System – da dieses Wort bei unseren Diskussionen immer wieder fällt – zu sparen.

Folgende Frage stellt sich jedoch berechtigterweise: Was ist die Motivation der Koali­tionsregierung in dieser Angelegenheit, oder versteckt sich dahinter nur eine populisti­sche Aktion? – In Wahrheit verzichten die Regierungsparteien ja nicht auf die Förder­gelder, sie holen sich diese nur von einer anderen Stelle – auch das ist heute schon an dieser Stelle erwähnt worden –, nämlich von privaten Parteispenden. Das haben wir im Zuge der Wahlauseinandersetzung gesehen, und Kollege Lindinger hat heute auch schon mehrfach erwähnt, wo Geld hergekommen ist. (Bundesrat Schuster: Haselstei­ner, nicht?) Aber wer garantiert, dass Großspender, die viel Geld einsetzen, an ihre Unterstützung nicht gewisse Erwartungen an die Partei knüpfen? Liest man in den Zei­tungen, dass diese Pierers – da dieses Wort heute auch schon gefallen ist – nicht da­mit einverstanden sind, dass alles so langsam geht, dann kann man sich vorstellen, dass diese Erwartungshaltung eine sehr große ist. Hört man dann auch noch – Kollege Lindner oder Kollege Lindinger hat es auch erwähnt –, was man dort in Form von Zah­len von unten nach oben verteilt, dann wissen wir, wo wir angekommen sind.

Tatsächlich sind staatliche Parteienförderungen die einzige Garantie für Transparenz – das muss man klar und deutlich sagen –, für Unabhängigkeit und für eine Politik ohne Verpflichtungen gegenüber gewissen spendenfreudigen Interessengruppen.

Die Ehrlichkeit der Spargesinnung der Regierung kann auch hinterfragt werden, wenn wir feststellen müssen, dass gleichzeitig mit dem Valorisierungsverzicht eine Personal­aufstockung kommt. Wir haben heute in der Debatte zum Budgetbegleitgesetz wieder­holt gehört, dass Kabinette zusätzliche 166 Planstellen und diverse Ministerbüros weit über 60 Millionen Euro dafür bekommen, PR-Maßnahmen im weiteren Sinne umzuset­zen.

Das ist kein Sparen im System, wie wir uns das vorstellen, denn parallel zu diesen Maßnahmen wird in den Bereichen Arbeitslosigkeit, Bildung, Gesundheit, Integration, Verkehr und Justiz gekürzt und gespart. Den zusätzlichen Planstellen in den eigenen Ressorts stehen nämlich drastische Kürzungen bei der Anzahl von Richter- und Staats­anwaltsposten gegenüber, ebenso Kürzungen bei der Kinderbetreuung, den Ganzta­gesschulen und dem Lehrpersonal. Zugangsbeschränkungen an den Unis, Streichun­gen beim AMS auf Kosten der Langzeitarbeitslosen (Kopfschütteln bei BundesrätInnen der FPÖ) – Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, das ist so –, Kürzung des Frau­enbudgets und bei Familienberatungsstellen, bei der AUVA, die Frage der notwendi­gen finanziellen Absicherung im Pflegeregress, all diese Themen sind schon bespro­chen worden. Ich bin gespannt, wie die Diskussionen mit den Ländern über diese Fra­ge schlussendlich ausgehen, da 100 Millionen Euro eingepreist worden sind und 500 bis 600 Millionen Euro gebraucht werden. Weiters gibt es Kürzungen im Bereich Umwelt und Klimaschutz – die Aufzählung könnte noch lange fortgeführt werden.

Obgleich – das muss man auch dazusagen, und es ist heute schon erwähnt worden – wir eine sehr gute Konjunktur haben und die gute Budgetpolitik der Regierung der letzten Jahre (Bundesrat Samt: Oje!) – du brauchst jetzt nicht oje zu sagen, Herr Schelling ist immerhin ein ÖVP-Finanzminister gewesen, und es hat viele andere ÖVP-Finanzminister auch gegeben (Bundesrat Schuster: Staatssekretär!); ich habe die Budgetpolitik ja als positiv betrachtet, sie war ja keine schlechte – der jetzigen Regie­rung mehr als entgegenkommt, werden all diese Einsparungen nur auf Kosten der Menschen in diesem Staat, die ein bisschen ärmer sind, vorgenommen. Das ist der Unterschied zwischen uns Sozialdemokraten und euch, dieser neoliberale Ansatz. (Bundesrat Längle: Stimmt ja gar nicht! Die aktuellen Gehälter sind erhöht worden! Stimmt überhaupt nicht!) Diese Aussetzung der Valorisierung der Parteienförderung entlarvt sich selbst offensichtlich als das, was sie ist, nämlich eine populistische Aktion, die nicht über die unsoziale und an den falschen Stellen ansetzende Sparpolitik der Koalitionsregierung hinwegtäuschen kann.

Liebe Freunde hier im Hohen Haus! Die Kollegen Lindinger und Lindner haben es schon gesagt, und auch ich glaube, dass bei uns in Österreich zunehmend soziale Kälte einzieht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Längle: Sie stimmen ja mit bei die­sem Tagesordnungspunkt! – Weitere Rufe bei der FPÖ: Sie stimmen ja mit!)

12.15

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Andreas Spanring. Ich erteile ihm dieses.