16.54.47

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist im Rahmen der Debatte schon angesprochen worden, dass es sich beim Zweiten Bundesrechts­bereini­gungsgesetz um die größte Rechtsbereinigung der Zweiten Republik handelt. Bekannt­lich wurde eine erste Rechtsbereinigung im Jahr 1999 durchgeführt, mit der rund 250 Vorschriften entrümpelt worden sind. Im Jahr 2006 hat es ein Deregulierungs­ge­setz gegeben, mit dem 170 Vorschriften entrümpelt worden sind. Es wurde bereits aus­geführt, dass durch dieses Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz rund 2 500 Vor­schrif­ten außer Kraft gesetzt werden beziehungsweise nicht mehr anwendbar sind.

Wenn man nun behauptet, das würde keinem etwas bringen, dann möchte ich nur darauf hinweisen, dass sehr wohl Rechtsklarheit geschaffen wird. Ich möchte Sie daran erinnern, dass im Rechtsinformationssystem des Bundes diese Gesetze und Ver­ordnungen bisher gar nicht aufgeschienen sind, und zwar deshalb, weil man darauf vergessen hat. Diese Entrümpelungsaktion, bei der man alle Gesetze und Verordnungen durchgegangen ist, hat zum Vorschein gebracht, dass es auch andere Gesetze und andere Verordnungen gibt, die nicht aufscheinen. Das heißt, damit hat es mehr Rechtsklarheit und mehr Rechtssicherheit gebracht.

Ein weiterer Punkt: Ob man als Rechtsanwender 5 000 Gesetze und Verordnungen durchblättern muss, um zu dem zu kommen, was man benötigt, oder nur 2 500 – das ist ein Unterschied! Da stellt sich auch die Frage: Können wir als Politiker den Bürgerinnen und Bürgern zumuten, dass sie aus einem Wust von 5 000 Gesetzen, die noch gelten, jene heraussuchen müssen, die tatsächlich noch anwendbar sind?

Jeder Unternehmer muss jedes Jahr eine Inventur machen, um eine genaue Aufs­tellung davon zu haben, was er noch braucht, was vorhanden ist, was er nicht mehr braucht – dazu ist er verpflichtet. Jeder Mensch durchforstet in gewissen Abständen seinen Kleiderkasten und überlegt, was er nicht mehr braucht, was er weggibt, damit das, was noch drinnen ist, leichter gefunden werden kann – nur den Bürgerinnen und Bürgern tut man diesen Gefallen nicht!

Seit dem 1.1.1946 wurden viele Gesetze kundgemacht, und kein einziges dieser Gesetze wurde bisher dahin gehend überprüft, ob es tatsächlich noch anwendbar ist oder nur einen Ballast darstellt. Sie haben angesprochen, dass die Überschaubarkeit der Gesetze derzeit nicht gegeben ist: Durch diese Rechtsbereinigung schaffen wir nunmehr Überschaubarkeit, das heißt, man weiß genau, welche Gesetze, welche Verordnungen gelten. Das ist auch ausdrücklich in der Anlage zu diesem Gesetzestext ausgeführt.

Sie haben ausgeführt, Sie stimmen dem Gesetzentwurf nicht zu, weil die Methode intransparent wäre: Gerade in diesem Bereich waren wir sehr, sehr transparent, indem wir in einem fünfstufigen Verfahren ermittelt haben, welche Gesetze und Verordnungen wegfallen können. Wir haben das dann in eine sechswöchige Begutachtung geschickt, haben im Rahmen dieser Begutachtung gleichzeitig alle Arbeitsmaterialien auch im Internet veröffentlicht. Das heißt, jeder hatte die Möglichkeit, zu sehen, was noch gelten soll, was nicht mehr gelten soll und was die Begründung dafür ist, warum etwas eben nicht mehr gelten soll – das heißt, transparenter geht es nicht.

Der zweite von Ihnen angesprochene Punkt war, dass die gewählte Methode zur Rechtsbereinigung eine wäre, der man nicht folgen könne. Ich möchte dazu jemanden zitieren, der in diesem Zusammenhang wohl unverdächtig ist, nämlich den Abgeord­neten Johannes Jarolim.

Im Jahr 1999 wurde die Rechtsbereinigung im gleichen Ausmaß und mit der gleichen Methode wie jetzt durchgeführt. Jarolim sagte damals, er glaube, dass das seit 1986 laufende Projekt erst ein Beginn sei, und es bestehe die Notwendigkeit, „die Gesetze weiter zu durchforsten, so wie es insgesamt notwendig und wichtig ist, auch die in Diskussion stehenden Gesetze so einfach wie möglich zu halten“. Weiters ging er davon aus, dass „auch bei den laufenden Gesetzen immer wieder diese Kriterien, nach denen wir die Gesetze vor 1946 geprüft haben, zu prüfen“ seien – und genau das haben wir getan.

Damals hat es im Nationalrat Einstimmigkeit gegeben, weil alle gesagt haben: Diese Methode ist fantastisch, endlich haben wir Rechtsklarheit, wir haben einen besseren Zugang zum Recht. – Das gilt jetzt plötzlich nicht mehr, obwohl in diesem Fall 2 500 Gesetze und Verordnungen nicht mehr notwendig sind. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Rösch.)

Professor Bernd-Christian Funk ist in den vorigen Ausführungen zitiert worden, ich möchte ihn ebenfalls kurz wiedergeben: „Eine systematische und fortlaufende Sichtung des Rechts auf dergleichen Ballast ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Rechtsbereinigung, der die Qualität des Rechts spürbar verbessern kann.“

Das ist die Maßnahme, die wir gesetzt haben, denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu wissen, was gilt und was nicht mehr gilt, und sie haben ein Recht darauf – das haben Sie auch angesprochen, da bin ich völlig Ihrer Meinung –, dass wir die Gesetze einfacher gestalten. Das ist ein Projekt, das ich in die Wege geleitet habe, bei dem wir jetzt die verbleibenden Gesetze durchforsten und überlegen, wie wir sie ver­ständlicher und wie wir sie klarer lesbar machen können, denn das sind sie derzeit nicht. Wenn man etwa das Einkommensteuerrecht oder das ASVG hernimmt, so kann das nahezu keiner mehr lesen oder verstehen. Da sind wir alle im Rahmen der Gesetz­gebung, aber auch bei bereits bestehenden Gesetzen gefordert, Rechtsvorschriften so zu gestalten, dass sie von den Bürgerinnen und Bürgern auch verstanden werden.

Das ist ein Projekt, das ich auch in Angriff nehme, und deshalb hoffe ich doch, dass Sie trotz der negativen Redebeiträge in diesem Fall auch die positiven Aspekte wahr­nehmen, denn ich glaube, 2 500 Gesetze und Verordnungen im Vergleich zu 5 000 Ge­setzen und Verordnungen bedeutet für den Rechtsanwender jedenfalls eines: dass er jetzt die Gesetze schneller und kostengünstiger finden kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

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