10.17.21

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ja, uns freut es ganz besonders, wenn der grüne Entschließungsantrag – damals aus dem Nationalrat – jetzt auch endlich bei den Universitäten und Fachhochschulen ankommt. Er ist damals von der SPÖ, von den Grünen und von der FPÖ beschlossen worden; die ÖVP hat damals nicht zugestimmt. Das soll dem Wahlkampf geschuldet sein – Haupt­sache, er kommt bei den Universitäten an, das ist das Wichtigste.

Es ist auch wirklich erfreulich, wenn auf grünen Nachdruck neue Stellen für Professo­rInnen geschaffen werden und mehr Geld in die Unis und FHs sowie in die Einrichtung von akademischen Start-ups investiert wird. Das ist, denke ich, sehr erfreulich und soll­te uns alle motivieren, hier auch weitere Schritte für die Universitäten zu setzen.

Dieser Erfolg wird jedoch davon überschattet, dass nach wie vor eine längerfristige Ab­sicherung für den tertiären Sektor fehlt. Das Versprechen ist eigentlich ganz einfach er­klärt: 2 Prozent des BIP werden seit Ewigkeiten und immer wieder versprochen, aber die längerfristige Finanzierung des tertiären Bildungsbereichs über diesen Entschlie­ßungsantrag hinaus ist noch nicht abgesichert. Wir bilden hierbei das beschämende Schlusslicht, denn das Resultat einer chronischen Unterfinanzierung des Hochschul­sektors sind schlechte Studienbedingungen und Betreuungsverhältnisse. Daraus resul­tieren wiederum viele Langzeitstudierende und weniger Abschlüsse, ergo eine niedri­gere AkademikerInnenquote.

Lassen Sie mich ein bisschen Licht in das Ganze bringen: Wie stehen wir im interna­tionalen Vergleich da? – Damit kommen wir genau zu einem wunden Punkt, nämlich der AkademikerInnenquote: Zurzeit liegt Österreich einsam am Ende der Liste. Unglaub­liche 15,8 Prozent der 25- bis 64-Jährigen verfügen über einen richtigen Hochschulab­schluss – ich meine jetzt nicht jene, die eine berufsbildende höhere Schule absolviert haben, sondern diejenigen, die einen Bachelor haben, einen Doktor, Magister, Master und so weiter. Mit einer kleinen Recherche lässt sich auch relativ schnell herausfinden, dass der OECD-Schnitt bei 29 Prozent liegt – Österreich: 15,8 Prozent, OECD: 29 Pro­zent!

Ich frage mich da ernsthaft: Wo sind die entsprechenden Maßnahmen, Herr Faßmann, gerade auch, was die geringe soziale Durchlässigkeit an den Hochschulen angeht? – Ein andauerndes und bekanntes Problem sind auch die Arbeitsverhältnisse von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Wissenschaftsbereich.

Auch wenn man die Anzahl der StudienanfängerInnen in Österreich betrachtet, zeich­net sich ein ähnlich düsteres Bild. Da liegen wir unterhalb des OECD-Schnitts: Dieser liegt bei 61 Prozent; in Österreich sind es 57 Prozent eines Jahrganges. – Als Vertreter der jüngeren Generation hoffe ich da inständig auf eine Kehrtwende!

Und wenn schon über die Leistungsvereinbarungsverhandlungen gesprochen wird, dann soll nicht nur lang und breit darüber geredet werden, sondern dieses Tool auch wirklich als Steuerungsmittel eingesetzt werden. Es geht darum, ganz klare gesellschaftliche und bildungspolitische Ziele zu definieren, die in den Vereinbarungen fixiert werden, und dann dementsprechende Maßnahmen zur Umsetzung in Angriff zu nehmen.

Ganz massiv fehlt es an finanziellen Mitteln, zum Beispiel für die Förderung der inter­nationalen Sichtbarkeit unserer Universitäten, für die Grundlagenforschung – das ist be­reits angesprochen worden – oder für Gender- und Diversitymaßnahmen sowie für die wissenschaftliche Infrastruktur.

Nicht weniger wichtig ist, dass es eine umfassende, den Prozess begleitende Evaluie­rung braucht. Es muss auch überprüft werden, ob die Ziele, die bei den Leistungsver­einbarungen beschlossen wurden, auch wirklich umgesetzt werden.

Von grüner Seite fordern wir auch eine längerfristige finanzielle Absicherung des Hoch­schulzugangs. Wir brauchen in Österreich eine bedarfsorientierte Hochschulfinanzie­rung anstelle einer kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung. Herr Minister, es hilft niemandem, wenn wir uns in einer Symbolpolitik verlieren, durch die im Endeffekt unsere Studentinnen und Studenten auf der Strecke bleiben!

Ich möchte die Wichtigkeit dieses Themas noch einmal unterstreichen, indem ich auf die gesellschaftlichen Auswirkungen einer hohen AkademikerInnenquote eingehe. Ich denke, da sind wir uns einig: Je besser unsere Gesellschaft ausgebildet ist, desto ge­sünder ist sie, desto gefestigter sind unsere Demokratie und der Rechtsstaat – und da­von profitieren wir alle. Dieser Mechanismus ist klar, diesen Mechanismus können wir seit Jahren beobachten und in genau diesen Mechanismus greift der bildungsfeindliche Block dieser Regierung auch ein, indem er unseren motivierten Studenten mit Studien­gebühren noch eine zusätzliche finanzielle Belastung aufs Auge drücken will.

Ich zähle also eins und eins zusammen: Auf eine im EU-Vergleich beschämend nied­rige AkademikerInnenquote und niedrige Zahl an StudienanfängerInnen reagiert die Regierung mit sozialer Selektion, denn man hört bereits, dass diese, nämlich dass eine höhere Ausbildung nur durch dementsprechende finanzielle Ressourcen erlangt wer­den kann, ehebaldigst kommen soll. Herr Minister, Sie werden damit eine der größ­ten Errungenschaften zerstören, nämlich den freien Hochschulzugang! (Zwischenrufe der Bundesräte Mayer und Bader.)

Ich denke, es wäre etwas ganz anderes notwendig: Sichern wir die Hochschulfinanzie­rung, ermöglichen wir gezielte Studienwahl statt Zugangsbeschränkungen, erhöhen wir die soziale Durchlässigkeit an den Universitäten, verbessern wir die Studienbedingun­gen, fördern wir den wissenschaftlichen Nachwuchs und schaffen wir ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Grundlagenforschung! Das wäre notwendig in Österreich. Dan­ke. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

10.22

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich der Herr Bundesminister noch einmal zu Wort gemeldet. Ich darf ihn bitten, die Redezeit von 5 Minuten möglichst nicht zu überschreiten. – Bitte.