14.13.13

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bun­desräte! Angesichts der Debatte muss ich mich ja zu Wort melden. (Ruf bei der SPÖ: Umfaller! Verräter!) Wenn man so viele Unwahrheiten, die da in den Raum geschmis­sen werden, hört, ist man eigentlich baff und erstaunt. Wir erleben das seit geraumer Zeit: Ich musste heute schon wieder im Fernsehen sehen, dass mit Pflastersteinen operiert wird. Da hat man fast ein bisschen den Eindruck, das gängige Motto der So­zialdemokratie und anderer ist offenbar: Von Silberstein zu Pflasterstein! (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Da kann man sich nur wundern, auf welcher Ebene, wie niveaulos gewisse Debatten stattfinden. Was will man denn damit zum Ausdruck bringen? Welche Drohgebärden sollen das sein, vielleicht noch im Zusammenhang mit einem Grablicht und anderen unschönen Dingen, die da zum Besten gegeben worden sind?

Wenn ich mir dann vergegenwärtige, wie Sie abseits der Realität immer wieder Un­wahrheiten in den Raum stellen: Faktum ist, der gesetzliche 8-Stunden-Tag bleibt. Wis­sen Sie etwas anderes? Nein. Der 8-Stunden-Tag bleibt gesetzlich aufrecht. Das ist die Normalarbeitszeit, die wir heute haben und die auch in Zukunft bleibt. Dank der SPÖ gibt es die 9. und 10. Überstunde, die nicht freiwillig gemacht werden kann, son­dern gemacht werden muss, wenn sie vom Unternehmen angeordnet wird. Dank Ih­nen – Sie haben das beschlossen – gibt es die 9. und 10. Überstunde. Sie ist nicht Normalität. Fragen Sie Arbeitnehmer und Angestellte, ob sie heute einen 10-Stunden-Tag haben, und Sie werden ein eindeutiges Nein hören – soweit zur Realität.

Darüber hinaus haben Sie – nämlich Ihr Parteichef Kern – im Plan A im Wahlkampf (Ruf bei der SPÖ: Nicht schon wieder! – Bundesrat Lindinger: Das ist heute schon disku­tiert worden!) auch noch sehr, sehr offensiv beworben, dass Arbeitszeitflexibilität von Ihnen mit folgenden Grundsätzen gefordert wird: Es muss freiwillig sein, es darf nicht mit Zwang sein, es muss der Arbeitnehmer wollen. Das heißt, die gesetzliche Möglich­keit muss gegeben sein, die Entkriminalisierung muss stattfinden, und es muss volle Zuschläge oder Tagesfreizeitblöcke geben. Genau das stellt die Regierung jetzt sicher.

Jetzt wird sichergestellt, dass niemand mehr arbeiten muss, aber dass man mehr ar­beiten kann. (Bundesrat Schabhüttl: Das steht nicht im Gesetz!) Das heißt, die Flexibi­lität gilt innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes, und auch Sie müssen eingeste­hen – außer es passt mathematisch nicht und wir müssten vielleicht noch im Bildungs­sektor ansetzen –, dass der Durchrechnungszeitraum klar und deutlich sagt – und das ist aufrechtes Gesetz, eine EU-Richtlinie –, dass man innerhalb von 17 Wochen nicht mehr arbeiten darf.

Es wird daher in Zukunft niemand mehr arbeiten können, weil man es gar nicht darf – es ist gesetzlich verboten –, aber man kann in diesem Zeitraum nach den Bedürfnissen der Arbeitnehmer flexibler vereinbaren, wie sie es haben wollen, damit sie nach vier Tagen Arbeit drei Tage frei haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Glauben Sie mir, das wünschen sich viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, und genau darum geht es. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie sich dann herstellen und das Gegenteil behaupten, dann ist es nicht nur un­redlich, es ist schlicht und einfach falsch. Sie werden damit erst recht die Arbeitnehmer und Angestellten verlieren, denn die fühlen sich ja zu Recht gefrotzelt, wenn sie per­manent von Ihnen irgendwelche Unwahrheiten in den Raum gestellt bekommen, die dann in der Realität sichtbar gar nicht stattfinden. Das ist ja auch gut, weil es nach all den Unwahrheiten richtig war, dieses Gesetz nicht erst im Jänner nächsten Jahres in Kraft treten zu lassen, sondern zum Glück Anfang September, denn spätestens im Sep­tember, Oktober und November werden die Arbeitnehmer sagen: Was haben uns da die Sozialisten versucht, Falsches einzureden, in der Realität ist das nämlich anders! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Glauben Sie mir, jeder Mensch, ob Arbeiter oder Angestellter, will gut verdienen; dafür werden wir durch Entlastungen der Arbeitnehmer Sorge tragen. Wir haben mit ersten Schritten bei der Arbeitslosenversicherung für kleine Arbeitnehmer begonnen. Wir ha­ben begonnen, bei den Familien zu entlasten. Wir werden diese Entlastung fortsetzen. Viele Arbeiter – ob Maler, Maurer oder jemand, der am Bau oder sonst wo tätig ist – wollen mehr verdienen und wollen oftmals auch, wenn sie beispielsweise in anderen Bundesländern eine Baustelle haben, am Abend nicht zur Familie heimfahren. Die dürfen in Zukunft statt 8, 9 oder 10 Stunden auch 11 oder 12 Stunden am Tag arbeiten, damit sie am Donnerstag fertig sind und Freitag, Samstag und Sonntag bei der Familie sein können, weil sie die Arbeit auf der Baustelle abgeschlossen haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Genau darum geht es: Viele wollen mehr arbeiten, weil sie mehr verdienen wollen, um ihren Wohnungskredit endlich abbezahlen zu können. Sie wollen offenbar Leistung über­haupt verbieten. Das war ja auch der Grundsatz der Sozialdemokratie in den letzten Jahrzehnten: Wer arbeitet, wird mit Höchststeuern und Belastungen bestraft. Wir hin­gegen senken die Steuern und werden Arbeit wieder entsprechend belohnen, denn sie muss sich in der Gesellschaft auszahlen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie Bravorufe bei der FPÖ.)

Ich verstehe schon, dass Sie eines aufregt: Bei 50 Prozent der Arbeitnehmer und An­gestellten gibt es heute aufgrund von Kollektivvertrags- und Betriebsvereinbarungen die Möglichkeit – Sie sprechen von Möglichkeit –, 12 Stunden zu arbeiten. Das haben Sie in 50 Prozent aller Branchen umgesetzt. Da geht es aber nicht ums Können, nein, sie müssen, wenn die Betriebsvereinbarung das so definiert und es der Betriebsrat dem Arbeitnehmer in Absprache mit dem Unternehmer auch aufbürdet, eine 11. und 12. Stunde arbeiten. Das hat die Sozialdemokratie beschlossen. Das ist bei den ÖBB und in vielen Berufszweigen dank Ihres Beschlusses gang und gäbe. Wir federn den Rest, die 50 Prozent, die nicht geschützt sind, ab. Sie müssen nicht, sondern sie kön­nen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Sie sind durch ein Ablehnungsrecht ohne Angabe eines Grundes geschützt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Bei Ihnen müssen sie, und so gesehen können Sie ja hoffentlich Ihre Betriebsverein­barungen in Zukunft dahin gehend verbessern, dass Sie auch dort sicherstellen, dass der Arbeitnehmer das individuelle Recht bekommt, es ablehnen zu können. Das haben Sie nämlich leider nicht durchgesetzt. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Im Gegenteil, da entscheiden Sie über die Köpfe der Arbeitnehmer hinweg, die dann müssen. Wir geben dem Arbeitnehmer das erste Mal einen Arbeitnehmerschutz, den Schutz der Freiwilligkeitsgarantie und des individuellen Ablehnungsrechts ohne Grund mit Kündigungsschutz. Das haben Sie all die Jahrzehnte zuvor nicht geschafft, und das ist der Grund, warum Sie heute grantig sind: weil die Gewerkschaft ihr Versagen au­genscheinlich gezeigt bekommt. Das ist doch der eigentliche Hintergrund. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

So gesehen verstehe ich natürlich die Aufregung und auch die Kampagnisierung, die in den letzten Tagen noch in weitere Unwahrheiten gemündet hat. Sie stellen einfach Un­wahrheiten in den Raum (Bundesrat Schennach: Ja, wenn man so ...!): Die fünfte Ur­laubswoche, die gesetzlich festgesetzt ist, soll abgeschafft werden, was ja nachweis­lich einfach falsch ist; aber da operieren Sie halt mit allen möglichen Unwahrheiten und Verunsicherungen (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), bis dahin, dass Sie sagen, der Kündigungsschutz für Mütter sei in Gefahr und andere Falschheiten! Also mit so einer Polemik und bewusst falschen Äußerungen, glauben Sie mir, vertreiben Sie die letzten Arbeitnehmer und Angestellten von der SPÖ. (Beifall bei der FPÖ und bei Bun­desrätInnen der ÖVP. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling, Koller und Novak.)

Dann verstehe ich dieses Zwölfersymbol, das durchgestrichen ist (Zwischenruf des Bundesrates Novak): Das steht nämlich symbolisch dafür, dass Sie bei der nächsten Nationalratswahl weder auf dem ersten noch auf dem zweiten Platz liegen werden – das kann ich Ihnen heute schon versprechen! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ sowie Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Genau darum geht es, wenn man das inhaltlich bewertet, und so gesehen kann ich Ihnen zum Abschluss nur den guten Ratschlag geben (Bundesrätin Grimling: Nein, bitte nicht! Bitte nicht! – Zwischenruf des Bundesrates Novak): Kommen Sie zurück zur Sachlichkeit, zur Realität, zu dem, was das Gesetz beinhaltet, nämlich: 8-Stunden-Ar­beitstag und 40-Stunden-Woche bleiben Gesetz und Normalität. Die 9. und 10. Stunde kann zwangsweise angeordnet werden, dank der SPÖ – das haben Sie gesetzlich mög­lich gemacht –, und darüber hinaus gibt es die Freiwilligkeit und das Ablehnungsrecht ohne Grund, aber wer will, wird entkriminalisiert.

Und wenn mir der Nachbar von Herrn Katzian in einem Brief schreibt, dass an der Baustelle für dessen Haus von 6 Uhr früh bis 20 Uhr abends sichtbar gearbeitet wurde, dann dürfte das auch nicht gerade gesetzeskonform abgelaufen sein. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.)

Solche Methoden sind natürlich nicht schön, aber genau das soll abgestellt werden, und diesbezüglich soll es in Zukunft auch einen Rechtsschutz für die Arbeitnehmer ge­ben. Das ist das, wofür wir eintreten und stehen, und so gesehen wird sich das auch in positiver Weise durchsetzen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.22

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jürgen Schabhüttl. – Bitte. (Bundesrat Köck: Aber nicht das Gleiche, gell!)