19.20.25

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten)|: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon viel gesagt, aber die zwei Vorredner waren damals – vielleicht irre ich mich – bei diesem emotionalen und aufwühlenden Staatsakt im historischen Sitzungssaal des Parlaments, der im November 2016 stattge­funden hat, als Politik und Kirche ein symbolisches Zeichen gesetzt haben, um das Lei­den jener ehemaligen Heimkinder anzuerkennen, die unter staatlicher beziehungswei­se kirchlicher Obhut Opfer von Gewalt wurden.

Diese Geste der Verantwortung bot vielen Opfern die Möglichkeit, über das Unrecht, das ihnen angetan wurde, vor dem offiziellen Österreich und der Kirche zu berichten. Einige von Ihnen waren sicher dabei. Ja, was soll man dazu sagen? – Es ist einem nur der Mund offen geblieben, es war erschreckend – auch die Diskussion, die in weiterer Folge im historischen Sitzungssaal stattfand.

Es war eine für alle Seiten schwierige und dennoch so notwendige Initiative. Es waren damals die Nationalratspräsidentin Doris Bures und Bundesratspräsident Mario Lind­ner, die diese Initiative ins Leben gerufen haben und bei dieser Veranstaltung im Zei­chen von Demut mit der Bitte um Entschuldigung, wie natürlich alle dort Anwesenden, den Opfern gegenübergestanden sind.

Es freut uns, dass wirklich nach fünf Monaten – so schnell ist das gegangen! – mit dem Heimopferrentengesetz im Mai 2017 eine konkrete Maßnahme gesetzt wurde. Es wur­de schon erwähnt, dass es in weiterer Folge eine Rente von 300 Euro für die Miss­handlungen in Heimen und Pflegefamilien gegeben hat. Danach hat sich in der Praxis gezeigt, dass es Lücken bei der Erfassung der Opfer gegeben hat, wie sehr ausführlich von den beiden Vorrednern erklärt wurde.

Anspruch auf eine Zusatzrente haben nun auch Personen, die als Kinder oder Jugend­liche in Krankenanstalten oder Psychiatrieeinrichtungen schwer misshandelt beziehungs­weise missbraucht wurden, wie zum Beispiel Personen, die als Kinder mit der soge­nannten Malariatherapie behandelt wurden.

Obwohl es schon erwähnt wurde, möchte ich Ihnen kurz davon erzählen, weil wahr­scheinlich viele, die hier sitzen, die Malariatherapie nicht kennen. Bis ins Jahr 1970 wurden psychisch Kranke in Wien mit Malaria infiziert, um sie zu behandeln. Diese heute verpönte Therapie war damals zulässig, sagen uns die Historiker, allerdings wur­de sie nirgends so lang und breit praktiziert wie in Wien. Es ging um psychisch kranke Menschen an der Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie und Neurologie im alten AKH, die mit absichtlich herbeigeführten schweren Fieberschüben behandelt worden sind. Bis 1970 sollen Heimkinder an der Universitätsklinik mit Fieberkuren, Insulin und Elek­troschocks behandelt worden sein. Man muss sich das vorstellen, dass das bis 1970 bei uns in Wien durchgeführt wurde!

Ich möchte zum Abschluss kommen, weil das einfach sehr bewegend ist. In weiterer Folge haben nach dem Anstoß der Nationalratspräsidentin Doris Bures und des dama­ligen Bundesratspräsidenten Mario Lindner alle Parteien im Parlament dem zugestimmt, so wie sie auch dem jetzt vorliegenden Beschluss zustimmen werden.

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass mit dieser Novellierung auf Basis einer Fünf­parteieninitiative für das Leid und die Brutalität, die die Betroffenen als Kinder erlebt haben, keine Wiedergutmachung erreicht werden kann. Die aufgrund des Heimopfer­rentengesetzes ausgezahlte Zusatzrente ist als symbolische Geste zu verstehen, die das Leid der Betroffenen anerkennt. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

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