13.30

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Tourismus: 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die direkte Wertschöpfung ist enorm, wie mein Kollege Seeber schon sehr gut ausgeführt hat. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Was die direkte Wertschöpfung betrifft: Für mich steht in der direkten Wertschöpfung in erster Linie die Ertragskraft unserer KMU-Betriebe, unserer Beherbergungs- und Hotel­leriebetriebe im Vordergrund. Um diese Ertragskraft zu stärken, sind in erster Linie die Steuern und Abgaben zu reduzieren und die Abschreibungen an die tatsächliche Nut­zungsdauer anzugleichen. Das ist auch in der Steuerreform 2020 in etwa so vorge­sehen. Die Umsatzsteuer wurde unsererseits, von dieser neuen Bundesregierung schon sofort nach ihrem Antritt sinnvollerweise von 13 Prozent auf 10 Prozent redu­ziert.

Für mich ist es aber diese indirekte Wertschöpfung, mit der ich mich nun beschäftigen möchte: Was ist das Image Österreichs? Was ist der Markenname, für den Österreich steht und wie wirkt sich das auf die Wirtschaft aus? Durch mein eigenes Unternehmen kann ich selbst feststellen – wenn man da in der Welt herumreist –, dass es sogar die Exportwirtschaft positiv beeinflusst, wenn man ein positives Image Österreichs zur Schau trägt.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben in Ihrem Vorwort einen wunderschö­nen Satz geschrieben; der könnte nicht schöner sein: Österreich steht für „eindrucks­volle Berge, saubere Seen“. Mein Kollege Novak hat die sauberen Seen in seinem Kärntner Land schon angesprochen. Natürlich zählen auch die sauberen Seen Oberös­terreichs, des ganzen Salzkammerguts dazu, wie natürlich auch die eindrucksvollen Berge Tirols und – wenn ich das Eingangsstatement der Frau Bundesministerin weiter zitieren darf – „eine jahrhundertealte Geschichte“.

Auf diese Geschichte möchte ich kommen, denn – das zeigt dieser Bericht sehr deut­lich und sehr augenscheinlich – Städtereisen und Kulturtourismus liegen im Trend. Sie liegen im Trend, und da ist natürlich die Hauptstadt Wien mit ihrer jahrhundertealten Geschichte in erster Linie zu nennen. Die Touristen, die nach Österreich kommen, su­chen – vereinfacht gesagt – die Geschichte. Sie suchen die jahrhundertealte Ge­schichte Österreichs, die sichtbare, die sensuelle Wahrnehmung, Geschichte zum Se­hen und Angreifen, die haptische Wahrnehmung, die verortete Geschichte hier in un­serer schönen Stadt oder in unserem schönen Land. Bauwerke und Gärten als kul­turelle Erinnerungsorte, auf die wir stolz sind, das sind jene Orte, jene Räume des Wissens, aufgrund derer uns Touristen in erster Linie besuchen. Dies zeigt dieser Be­richt klar und das wurde auch im Ausschuss rezipiert.

Erwähnen möchte ich, dass 2018 seitens der Europäischen Union das Europäische Jahr des Kulturerbes ausgerufen worden ist, das European Year of Cultural Heri­tage 2018.

Der Erhalt der kulturellen Erinnerung ist ein Anliegen, dem sich auch die Europäische Kommission widmen möchte und widmen muss. Heute und morgen findet anlässlich dieses Jahres eine Konferenz statt, bei der auch der EU-Kommissar und die gesamte europäische Klientel, die sich mit diesem Thema beschäftigt, anlässlich der Ratspräsi­dentschaft in Wien anwesend sind. Da ist man doch überrascht – das muss man er­wähnen –, wie mit dem imperialen Erbe in Wien umgegangen wird.

Das imperiale Erbe Wiens zeigt eine extrem hohe Bauqualität auf. Die historischen Bauten beweisen dies, allein diese wunderschöne Hofburg hier spricht für sich selber: die Räume und Orte des Wissens. Im Sightseeing-Ranking stehen an erster Stelle das historische Zentrum Wiens, die Ringstraßenbauten und die Gründerzeithäuser. Die Schatzkammer allein – ich kann jedem empfehlen, sie einmal anzusehen, sie liegt we­nige hundert Meter von hier entfernt – zeigt, was Österreichs jahrhundertealte Ge­schichte, wie Sie es, sehr geehrte Frau Ministerin, eindrucksvoll in Ihrem Eingangs­wortlaut beschrieben haben, darstellt. Zwei Kaiserkronen, die eine 1 000 Jahre alt, die andere 400 Jahre alt, und der Burgunderschatz aus dem 15. Jahrhundert sind dort zu sehen. Das sind Schätze, um die uns andere Kulturnationen natürlich beneiden.

Wien ist aber leider anders, und das muss man hier erklären. Wien ist anders, und es zeigen sich – das muss man einfach mit aller Deutlichkeit sagen – die unfassbaren Zerstörungsaktivitäten, die in den letzten Jahren massiv in unserer Stadt zugenommen haben. Es sind Bauspekulanten im Zusammenspiel mit der rot-grünen Stadtregierung in Wien. Das, was in Syrien, in Aleppo die Bomben machen, die dieses antike, wun­derschöne Aleppo praktisch zerstört haben, machen in Wien die Bagger dieser rot-grü­nen Stadtregierung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte gar nicht aufzählen, was nach Kriegsschluss alles abgerissen wurde. Dass von der SPÖ Widerstand kommt, habe ich erwartet, weil es das Gewissen ist, das na­türlich schwer aufträgt. (Bundesrätin Schumann: Das mit Aleppo zu vergleichen!) Ich muss aber hier fortfahren. Ich möchte nun nicht die ganzen Objekte anführen, denn dann bräuchte ich wesentlich mehr Redezeit. Es ist alles in Wikipedia, in der Online­enzyklopädie, eindrucksvoll dargestellt, was nach 1945 an gesunden, intakten Gebäu­den alles abgerissen wurde: über 50 Palais, über 1 000 Gründerzeithäuser. 50 der ge­samten Parkflächen Wiens wurden verbaut.

Um ein Beispiel zu nehmen, reicht es, alleine die Weltausstellung 1873 zu nennen: Das war die Gründerzeit Österreichs, das war der Bauboom, das war der Wirtschafts­boom, die erste industrielle Revolution. (Zwischenruf des Bundesrates Beer.) 53 000 Aus­steller und 7 Millionen Besucher waren hier in Wien. Was ist heute als Erinnerung noch vorhanden? – Ein völlig heruntergekommener, desolater Pavillon, der der Gemeinde Wien gehört, und eine einzige Station der Liliputbahn im Wiener Prater mit dem Namen Rotunde. Das ist das Erbe, das die SPÖ und mit Ihnen jetzt auch die Grünen der neu­en Generation im 21. Jahrhundert hinterlassen haben. Wo ist hier die kulturelle Erinne­rung? Wo ist hier das kollektive Gedächtnis? – Es wurde leider ausgelöscht.

Ein ganz aktuelles Beispiel ist der Heumarkt, wo ein äußerst dubioser Investor Woh­nungen für Millionäre errichten möchte und auch statt dem Eislaufplatz für Kinder, der weggeräumt wird, errichten wird. Was steht noch an? – Der Platz des Fußballklubs Vienna, des ältesten Traditionsklubs Wiens, wo Länderspiele unseres österreichischen Wunderteams stattfanden, wird vermutlich verbaut werden; das Parkareal des Schlos­ses Schwarzenberg – kaum zu glauben –, dieser wunderschöne Schlosspark wird ver­baut; und last, but not least steht auch in der Krieau, wo jahrzehntelang Pferderennen stattgefunden haben, die Verbauung vor der Tür.

Es ist ein wirklicher Irrtum – und das muss man der Stadtregierung Wien einmal sa­gen –, dass da kein Dialog mit der Bevölkerung über die Ästhetik und darüber, was ge­fällt und was schön ist, geführt wird. Dieses Zusammenspiel mit Baulobbyisten – ich möchte es ganz ehrlich sagen –, mit der Baumafia ist absolut verwerflich und vor allem dem Gemeinwohl der Wiener Bevölkerung nicht dienlich.

Ich möchte George Berkeley, den Philosophen der Aufklärung, nennen. Er sagte, dass Schönheit das ist, was gefällt, und dass Schönheit nur durch das Auge wahrgenom­men wird.

Allein, wenn man die Nachfrage, das Interesse der Bevölkerung Wiens für Gründerzeit­häuser als Beispiel anführt: Für Wohnungen in Gründerzeithäusern wird 50 Prozent mehr bezahlt als für Glas-und-Beton-Burgen aus dem 21. Jahrhundert.

Friedrich Nietzsche schreibt in seinem wunderbaren Aufsatz, in seinem Buch über un­zeitgemäße Betrachtungen: „Die Geschichte gehört [...] dem Bewahrenden und Vereh­renden [...], indem er das von alters her Bestehende mit behutsamer Hand pflegt“. (Präsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Die kulturelle Erinnerung ist wichtig für unser kollektives Gedächtnis, weil wir hier in Österreich und ganz besonders in Wien stolz auf unsere jahrhundertalte Geschichte, auf das imperiale Erbe sind. Das ist auch für die Wirtschaft und für den Tourismus wichtig, denn deswegen werden wir besucht. Es ist höchste Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, für eine Trendwende in Wien zugunsten unserer jahrhundertealten Geschichte.

Der Tourismusbericht ist ausgezeichnet, Frau Bundesministerin. Wir nehmen diesen natürlich zur Kenntnis. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.38

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Bundesrat Reinhardt Todt zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.