15.40

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel­leicht sei nur eingangs erwähnt, dass ich dem, was ja heute so als Zwischenruf fest­gehalten wurde, nämlich dass der Familienbonus, der mit Jänner kommenden Jahres durch diese Regierung in Kraft gesetzt wird, keine so gerechte Errungenschaft sei, nur entgegnen kann: Der Familienbonus ist eine der größten Errungenschaften in der Zweiten Republik, wenn es um Familienentlastung geht, da natürlich all jene, die einen ganz wesentlichen Zukunftsbeitrag für unsere Gesellschaft leisten, indem sie Kindern das Leben schenken, als Familienangehörige für ihre Kinder Zusatzinvestitionen zu leisten haben. Diese Kinder werden es einmal sein, die überhaupt die Pflege, über die wir heute gerade auch diskutieren, finanzieren werden oder auch als Pflegekräfte zur Verfügung stehen; daher ist jede Entlastung für die österreichischen Familien ein ganz wesentlicher, sozialpolitisch wichtiger und gerechter und fairer Schritt. Das wollte ich nur einmal festhalten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das heißt, das ist eine ganz große, ja, die größte Familienentlastungserrungenschaft der Zweiten Republik, bei der alle Familien, auch die geringfügig Beschäftigten, die kei­ne Steuern zahlen, neben der Familienbeihilfe und dem Kindergeld für alle, eine Ent­lastung von 750 Euro pro Jahr – obwohl sie als geringfügig Beschäftige keine Steuern zahlen – pro Kind haben. Und jene, die Steuern zahlen, bekommen darüber hinaus ei­ne entsprechende Familienentlastung bis 1 500 Euro pro Jahr und pro Kind. Das ist gut so, denn wenn man von Steuerentlastung spricht, dann kann man das nur durch Steu­ersenkung erreichen, und nicht anders. – Auch das war einmal nur zur mathemati­schen Logik festzuhalten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Einleitend vielleicht auch ganz kurz zum chronologischen Ablauf und Inhalt der gesetz­lichen Regelungen, zum heutigen guten Schritt, der ja sozusagen noch einmal eine Er­gänzung zu dem ist, was wir vor der letzten Wahl beschlossen haben, nämlich die gute und richtige Abschaffung des Pflegeregresses – und das ist ein wichtiger sozialpoliti­scher Schritt –: Der Nationalrat hat am 29. Juni 2017 mit einer breiten Mehrheit für die­se Abschaffung des Pflegeregresses gestimmt. Nur die NEOS haben damals dagegen­gestimmt, die wollten weiterhin den Zugriff aufs Vermögen, nämlich von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben und Erbin­nen sowie Geschenknehmern und Geschenknehmerinnen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten. Wir haben das zum Glück abgeschafft, mit 1. Jänner 2018 in Umsetzung gebracht – ein guter und richtiger sozialpolitischer Schritt, damit eben die pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörige in Zukunft auch eine Si­cherheit haben und nicht auf das Vermögen zugegriffen wird.

Jetzt muss man der Ordnung halber auch sagen, der Finanzminister hat die Aufgabe gehabt, neben den 100 Millionen Euro, die im Mai auch beschlossen und überwiesen worden sind, mit den Ländern zu verhandeln und auf Basis der Verhandlungsergeb­nisse mit den Landeshauptleuten, auf Basis auch der Meldungen der wirklichen Kos­ten, die jetzt einmal zu eruieren waren und die eingemeldet worden sind, eine Summe sicherzustellen. Das war jetzt einmal die vorläufige Einigung mit den Landeshauptleu­ten, und wir wollen in diesem Jahr, und das ist unser Anspruch, die noch fehlenden 240 Millionen Euro auch überweisen. Und, vollkommen richtig, dann muss man sich im nächsten Jahr zusammensetzen und auch wirklich bewerten, was denn die realen Kos­ten sind. Auf Basis der realen Kosten, die dann zu bewerten sind, muss man natürlich noch einmal beraten. Das ist auch so festgehalten worden, und das ist ja auch korrekt und richtig und ehrlich.

Ja, die Abschaffung des Pflegeregresses ist ein Meilenstein der österreichischen So­zialpolitik. Ich bin schon auch der Auffassung, dass ein sparsames Handeln in der Budgetpolitik natürlich auch einen maßgeblichen Beitrag zu einer guten Entwicklung leisten kann. Diese Regierung ist ja schon einmal mit gutem Beispiel vorangegangen. Das erste Mal seit 1954 macht die aktuelle Regierung keine neuen Schulden auf dem Rücken unserer Kinder und Kindeskinder. Das ist schon einmal ein richtiger Schritt, und das wird nicht mit zusätzlichen Steuern herbeigeführt, sondern wir machen keine neuen Schulden und machen zusätzlich Steuerentlastungen, entlasten zusätzlich die Menschen. Das ist genau der richtige Zugang.

Ja, ich verstehe schon, dass das manchen nicht gefällt, denn natürlich war man bis dato von Kanzlern, vor allen Dingen von sozialistischen Kanzlern, gewohnt: Geld spielt keine Rolle, solange es nicht meines ist und solange es Steuergeld ist, kann ich es ja ausgeben! – Und am Ende zahlen es eh die Steuerzahler, denn jede Steuerentlastung, die man auf der einen Seite vornimmt, ist mit einer Steuererhöhung auf der anderen Seite wieder kassiert worden, und teilweise sogar noch mehr. Das heißt, wenn man in die linke Tasche der Bürger irgendeine Steuerentlastung hineingesteckt hat, hat man es auf der rechten Seite eh wieder durch andere Steuererhöhungen und Belastungen herausgenommen. Das ist kein nachhaltiger und kein ehrlicher Zugang und den haben wir jetzt zum Glück einmal durchbrochen: keine neuen Schulden, effizientere Systeme, nicht mit dem Geld sorglos herumwerfen, sondern verantwortungsbewusst damit um­gehen – das sind Steuergelder –, die Menschen entlasten, die in der Gesellschaft et­was leisten, und jenen helfen, die unsere Hilfe brauchen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das ist der Grundsatz, diesem Grundsatz folgen wir. Und es stimmt, da ist der jetzt aktuellen Regierung von Vorgängerregierungen aus den letzten zwölf Jahren einiges hinterlassen worden, nämlich an Baustellen. Da gibt es die Pflegebaustelle, und da gibt es die gesundheitspolitische Baustelle, da gebe ich Ihnen recht. Die Pflegebaustelle und die gesundheitspolitische Baustelle müssen wir jetzt in Angriff nehmen, aufräumen und neu aufsetzen. Das ist eine Riesenverantwortung, da stimme ich Ihnen zu.

Genau dieser Verantwortung kommen wir nach, indem wir ganz konkret im Rahmen eines Masterplans Pflege analysieren werden, woran es krankt. Da krankt es ja seit zwölf Jahren an vielen Ecken und Enden. Wenn man sich heute herstellt und sagt, diese Probleme sind da und die Bundesregierung muss endlich tätig werden – richtig, das tun wir auch! Wer hat es uns aber durch Untätigkeit seit zwölf Jahren hinterlassen? Das ist die entscheidende Frage. Wir nehmen es in Angriff, aber die, die es teilweise einfordern, haben es zwölf Jahre lang nicht gemacht und das hinterlassen.

Wir reparieren das jetzt, und wir werden mit dem Masterplan Pflege natürlich genau dort ansetzen müssen, wo es entscheidend ist. In Österreich sind heute eine Million Menschen in Pflege und Betreuung von pflegedürftigen Personen involviert – das sind eine Million Menschen –, und hinzu kommen rund 450 000 Pflegegeldbezieher. Also insgesamt sprechen wir, wenn wir über den Pflegebereich sprechen, von 1,4 Millionen Menschen, die irgendwie mit dem Pflegebereich verbunden sind und damit zu tun ha­ben.

Dann haben wir weitere Baustellen. Der Bereich Ausbildung ist seit mehr als zwölf Jah­ren eine ganz große Baustelle in Österreich, weil man nämlich hinsichtlich Ausbildung kläglich versagt hat. Alleine in Wien, wenn ich nur an das rote Wien denke (Bundesrat Weber: Schon wieder!), da habe ich schon vor 20 Jahren eingefordert: Bitte macht doch für die Pflege gescheite Ausbildungsplätze, reglementiert das nicht mit 200, 300 pro Jahr! Wir brauchen nicht 300 ausgebildete Pfleger pro Jahr, wir brauchen 1 000, 1 500, 2 000 pro Jahr! – In Wien ist es ja so gehandhabt worden, dass man bei dieser Ausbildung gespart hat, und wenn sich mehr als 300 gemeldet haben, hat man sie nach Hause geschickt (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller), weil man gesagt hat: Das können wir uns nicht leisten, das wollen wir uns nicht leisten!

Das ist ja die Unverantwortlichkeit der letzten Jahre, auf die wir immer wieder hinge­wiesen haben, und deshalb muss mit dem Masterplan Pflege genau das angegangen werden, nämlich die Verantwortung hinsichtlich der Ausbildung für Pflegekräfte, und auch das Image des Pflegeberufs ist endlich zu optimieren. Da geht es um Image, da geht es um Bewertung, da geht es um Bezahlung. Ja, wo sind da die Grünen in Wien, frage ich mich, wenn da immer hineingerufen wird. (Beifall bei der FPÖ und bei Bun­desrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Das ist ja genau der Punkt, den wir jetzt aufarbeiten müssen. Da geht es natürlich auch um die Pflege zu Hause, nämlich darum, die Pflege zu Hause natürlich besonders zu fördern und zu unterstützen, damit man nach Möglichkeit die Pflegebedürftigen nicht ins Heim – stationär – abschiebt. Natürlich ist das unser Anspruch, denn wir wissen, dass heute die meisten, nämlich in der überwiegenden Zahl der Fälle, pflegebedürf­tigen Menschen gerne in ihrer gewohnten Umgebung, sprich zu Hause, gepflegt werden. Und dankenswerterweise gibt es Hunderttausende Angehörige, vorwiegend Frauen – ja, weiblich –, die Verantwortung leben und für ihre pflegebedürftigen Ange­hörigen da sind. Genau die dürfen wir nicht im Stich lassen.

Das ist der Ansatz, den der Kollege zu Recht angesprochen hat, da müssen wir na­türlich überlegen, Pflegegeldbezieher auch besserzustellen, Pflegegelder zu erhöhen, Valorisierungen und Erhöhungen des Pflegegeldes endlich sicherzustellen, was in den letzten zwölf Jahren in vielen Bereichen nicht wirklich passiert ist; da hat man eher auf dem Rücken der Pflegegeldbezieher und der Pflegebedürftigen gespart. Das war wie­der die Vorgängerregierung, nur um es in Erinnerung zu rufen. Ja, da haben wir Hand­lungsbedarf.

Wir haben natürlich auch im stationären Bereich Handlungsbedarf, wir müssen uns einmal anschauen, wie die stationäre Pflege erfolgt, ob sie effizient ist, ob sie, was die Kosten- und Pflegestruktur betrifft, auch wirklich effizient und gut aufgestellt ist, oder spielt vielleicht doch eher der geschäftliche Zugang dort eine Rolle. Auch das muss man einmal hinterfragen, inwieweit man dort vielleicht auch Optimierungen umsetzen kann, denn da geht es natürlich um eine Gesamtverantwortung, die wir haben, und die werden wir auch leben und der werden wir nachkommen.

Da möchte ich natürlich auch eines festhalten: Es gibt ja im Zusammenhang mit der Abschaffung des Pflegeregresses bekanntlich auch Kritik, nämlich dass angeblich bei den Fällen in der Übergangszeit eine gewisse Rechtsunsicherheit herrscht und ge­herrscht hat. Dazu kann man nur noch einmal festhalten, wie es auch Frau Ministerin Beate Hartinger-Klein richtigerweise immer getan hat, dass die gesetzlichen Regelun­gen klar und eindeutig sind. Sie hat immer auch kommuniziert, dass jegliche Verfahren, die auf einen Vermögenszugriff abzielen, seit 1. Jänner 2018 unzulässig und daher un­gerechtfertigt sind. Die Rechtsansicht der Frau Bundesminister wurde auch bestätigt, nämlich durch Entscheide des Obersten Gerichtshofes und auch des Verfassungsge­richtshofes – um das nur der Ordnung halber noch einmal abrundend mitzuteilen.

Abschließend möchte ich betonen, dass es Bundesministerin Hartinger-Klein und na­türlich der gesamten Regierungsmannschaft ein großes Anliegen ist, dass wir die 240 Millionen Euro noch heuer an die Länder fließen lassen, denn diese brauchen das, und deshalb ist es auch wichtig, das heute hier zu beschließen. Und ja, ich halte noch einmal fest, eine Gesamtbewertung muss folgen, denn alles andere wäre natürlich nicht fair und nicht gerecht. Man muss sich auch anschauen, was die Endkosten sind, und sollten diese höher sein, dann muss man darüber reden.

Was die Kritik aus Wien betrifft: Ja, natürlich, jede Kritik muss man ernst nehmen und sich das auch genau und fair anschauen, aber in Wien sind natürlich schon auch die alternativen Wohnformen dazugerechnet worden, die da halt nicht hineingehören. Es betrifft die stationären Pflegebereiche und nicht die alternativen Wohnformen, die da teilweise von Landesrat Hacker hineinreklamiert worden sind; und deshalb muss man schon auch genau differenzieren, eine Endbewertung wird aber folgen.

Das ist ein sehr, sehr gutes Gesetz, ein sozialpolitisch wesentlicher und richtiger Schritt, und so gesehen kann man nur sagen: Schön, dass diese Bundesregierung um­setzt und tut und handelt und das dankenswerterweise vor der letzten Nationalratswahl möglich geworden ist, aus Angst vor der Nationalratswahl! Da haben wir damals schon aus der Opposition heraus vieles erreicht. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.53

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Längle. Ich erteile es ihm.