17.49

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Kollege Stögmüller glaubt halt auch, wenn er es immer wiederholt, dann wird es irgendwann einmal wahr. (Bundesrat Stögmüller: Das ist Retropolitik!)

Wir haben jetzt lange, lange Jahrzehnte Bildungspolitik nach all Ihren Vorstellungen ge­habt. (Bundesrat Stögmüller: Na, na!) Die SPÖ hat dabei drei Bildungsminister, -minis­­terinnen in dem Fall – da muss ich sogar einmal gendern (Bundesrat Schabhüttl: Sehr gut!) –, verbraucht. Das Ergebnis ist, dass es nach neun Jahren Schule 25 Pro­zent Schüler gibt, die nicht – wohlgemerkt: nach neun Jahren! – ausreichend lesen, schreiben und rechnen können. Was gibt es da noch zu sagen, als dass man hier einen Kurswechsel vornehmen muss? (Bundesrat Stögmüller: Jetzt gehen wir wieder zurück ins alte System!)

Es kann ja überhaupt keine Rede davon sein, dass man da jetzt ins bildungspolitische Mittelalter zurückfällt. Leistung, ja, Leistung werden sie ihr Leben lang bringen müssen. (Bundesrat Stögmüller: Das haben wir eh 30 Jahre gehabt!) Selbst Sie, Herr Kollege, müssen hier eine gewisse Leistung am Rednerpult, zum Beispiel, bringen. Also vom gewissen Erbringen einer Leistung kommen Sie ja Ihr Leben lang nicht weg.

Was ist einfacher, als wenn ich das als Kind – kindgerecht selbstverständlich – in kleinen Portionen lerne? – Das Credo ist – ich hoffe, wenigstens das verbindet uns, und wenn nicht, kann ich auch damit leben –, dass wir die Kinder fördern, aber auch fordern wollen. Kinder gehören nicht nur gefördert, sondern auch gefordert. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die vielgescholtenen Noten: Erstens gibt es ja nach wie vor bis zur zweiten Klasse Volksschule die Möglichkeit der verbalen Beurteilung. Dann gibt es die Noten, ja, aber es gibt nicht nur die Noten alleine; das wissen Sie auch. Wären Sie im Unterrichts­aus­schuss gewesen, hätten Sie sich das vom Sektionschef wirklich genau erklären lassen können. Da haben Sie leider durch Abwesenheit geglänzt. (Bundesrat Stögmüller: Ja, weil ich im Verfassungsausschuss war! Das weißt du ganz genau!) – Vielleicht irgend­wann einmal Prioritäten setzen! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Verfassung ist Ihnen wurscht! Das wissen wir eh!) – Auf jeden Fall wird eine Beschreibung der Note gegeben.

Wir haben im Ausschuss auch gehört, dass nach der zweiten Klasse nur 10 Prozent eine verbale Beurteilung wünschen; 10 Prozent! Der Rest möchte dann Noten haben. Jetzt sagen der Bildungsminister und die Regierung, wir machen Noten und Beschreibungen, was diese Note auszusagen hat. Ich finde das wirklich sehr gut. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es gibt erstmals Eltern-Kind-Lehrergespräche, auch schon in der Volksschule, übrigens dann auch in der Polytechnischen Schule. Das ist ein wichtiger Faktor, um rechtzeitig auf Defizite, aber auch auf Stärken aufmerksam machen zu können. Wir reden ja eigentlich seit Jahrzehnten immer nur über die Schwächen der Schüler. Es gibt auch Schüler, die außergewöhnliche Stärken haben, die in Teilbereichen sehr begabt sind. Es ist wichtig, auch diese zu erkennen, auch auf diese Schüler einzu­gehen und sie mitzunehmen und nicht irgendwo in der letzten Bank sitzen zu lassen, was ja früher oft genug der Fall war, weil man das nicht erkannt und geglaubt hat, das ist der Hanswurst der Klasse, der nur stören will. In Wirklichkeit hatte man es mit einem teilhochbegabten Kind zu tun, das sich einfach nur gelangweilt hat. Also auch da eine gute Einführung, die ich für ganz wichtig halte.

Zur Neuen Mittelschule, weil das auch so ein Thema war, die jetzt nur noch Mittel­schule heißen wird, zur Gruppenbildung: Da hat es im Ausschuss sofort geheißen, wir kommen jetzt wieder zurück zum A-Zug und zum B-Zug. Ein paar von uns, die jetzt nicht mehr 30 sind, wissen schon noch, was A- und B-Zug war. Aber wenn man einmal im B-Zug war, ist man kaum noch in den A-Zug gekommen. Das war extrem schwierig. Umgekehrt ist es natürlich rascher gegangen. Hier schafft man eine Möglichkeit der Standards, Standard und Standard AHS, um jene Schüler zu haben, die in eine weiterführende Schule gehen wollen, entweder in eine Oberstufe der AHS oder in eine berufsbildende höhere Schule, aber dieses System ist durchlässig. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Man kann teilweise in dieser Gruppe sein, man kann dauerhaft eine Gruppe bilden, man kann zwischen den Gruppen wechseln. Das ist ja das Wesentliche am Schul­system, was es aber übrigens bisher auch schon gab: dass das Schulsystem durch­lässig ist (Bundesrat Stögmüller: Das hoffe ich!) – na, das ist es auch, ihr habt immer behauptet, das sei nicht so (Bundesrat Stögmüller: Selektiv!) – und da vor allem in Deutsch, Mathematik und in einer lebenden Fremdsprache.

Ich halte das für gut: Ja, wir wissen natürlich, die Schüler, vor allem in einem gewissen Alter, wenn sie in der Pubertät sind, haben eh mit sich selber genug zu tun. Da ist Schule so ungefähr die wichtigste Nebensache der Welt. Genau da muss man sie natürlich begleiten. Da kann es auch zu einem Leistungsabfall kommen und darum kann man eben auch zwischen den Gruppen switchen.

Zum Sitzenbleiben, das ja auch immer so verteufelt wird: Bitte stellen Sie es nicht so hin, als ob jedes Sitzenbleiben die Katastrophe schlechthin wäre! Es ist natürlich in Zahlen der Verlust eines Jahres, aber stellen Sie es nicht so hin, als ob das eine Katastrophe wäre. Das ist ja auch nur als allerletzter Schritt gedacht, wenn alles schon versagt hat.

Aber ich kann Ihnen sagen, es gibt schon Schüler, bei denen es gut war, dass sie ein Jahr wiederholt haben, nicht nur – und wir dürfen das nicht so trennen –, um Wissen aufzuholen, denn wenn man Wissen nicht irgendwann aufholt, schleppt man dieses Defizit ewig mit und es wird statt weniger immer mehr. Aber es gibt auch Schüler, denen das in der Persönlichkeitsentwicklung unheimlich geholfen hat, die in Wirklich­keit kein Jahr verloren haben, weil sie diese Zeit gebraucht haben, weil sie diese Zeit zur Reifung gebraucht haben. (Bundesrat Stögmüller: Ist das evidenzbasiert oder einfach nur ...?)

Es geht ja nicht darum, wie es halt gerne dargestellt wird, so wie es jetzt rüberkommt, dass wir den Schüler sofort, wenn er nicht funktioniert, sitzenbleiben lassen, und dann sitzt er in der nächsten Klasse, sondern das ist wirklich ein letzter Schritt. Das sollten wir uns nicht verbauen.

Wir müssen auch – das steht zwar so nicht im Gesetz, aber das ist jetzt so meine Zugabe, der gemischte Salat sozusagen – bei den Eltern ansetzen. Wir haben ja an den Schulen oft das Problem, dass dort Kinder sitzen – und das bekritteln Sie ja auch immer wieder, das ist dann immer diese soziale Schiene, die da gefahren wird –, die überhaupt nicht verstehen, dass Bildung einen Wert hat, dass das einen ganz hohen Wert hat. Da müssen wir auch ansetzen. Wir wissen auch – das haben Ihnen hundert Experten schon gesagt –, dass es nicht von der Organisationsform der Schule ab­hängt. Es hängt davon ab, wie gut die Lehrer sind und wie sehr man die Kinder motivieren kann.

Ich möchte schon, dass die Schule ihrer Aufgabe gerecht wird, aber ihrer Aufgabe, einerseits Wissen zu vermitteln – Erziehung ist natürlich auch ein Punkt in der Schule, aber die Schule kann nicht die Erziehungsaufgaben übernehmen, die eigentlich die Eltern leisten sollten. Das heißt, wir müssen die Eltern in die Pflicht nehmen, einmal ihre Pflichten zu erfüllen. Wir müssen den Eltern klarmachen, dass Bildung etwas ganz Wertvolles und Wichtiges ist; dann kann das einigermaßen funktionieren. Davon bin ich überzeugt.

Wir haben ja mit den Deutschklassen schon einen ersten Schritt gesetzt. Das ist jetzt nicht der letzte Schritt, dem werden noch weitere folgen. Aber wichtig ist auch, dass aus dem Bereich Kinder von Zuwanderern – und da sind ja auch schon welche dabei, die hier geboren sind – diese die Sprache können, dass sie dem Unterricht folgen können, dass wir sie nicht zurücklassen, weil wir ja nicht wollen, dass die Schüler nach der Polytechnischen Schule in die Mindestsicherung überwechseln, sondern dass sie dann in der Lage sind, eine Lehre zu machen oder eine andere Schule zu besuchen, um sich einmal selbst oder vielleicht auch eine Familie ernähren zu können.

Also da müssen wir noch einige, viele Schritte mehr setzen, aber ich glaube, dass das einmal ein guter Anfang ist. Daher könnte es sich ja vielleicht auch der Kollege Stögmüller noch einmal überlegen und diesem einem der ersten Schritte auch zustim­men. Wir werden das jedenfalls tun. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.59

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­desrätin Doris Hahn. – Bitte.