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Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Kollegen! Werte Zuhörer hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Zu Beginn möchte ich dir, geschätzter Herr Präsident, zu deiner neuen Aufgabe als Präsident des Bundesrates recht herzlich gratulieren und dir für diese Aufgabe auch alles erdenklich Gute wünschen. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.) – Ja, selbstverständlich darf hier auch applaudiert werden.

Kommen wir nun aber zum Thema: Wie es bei einem politischen Diskurs üblich ist, das haben wir heute schon gehört, gibt es bei Themenstellungen natürlich da oder dort Übereinstimmungen, da oder dort unterschiedliche Ansätze und nicht zuletzt auch auf­grund ideologischer Grundhaltungen stark divergente Positionen, aber das ist auch wichtig für eine gelebte Demokratie.

Da wir heute eben die Erklärung des Landeshauptmannes von Kärnten hier diskutie­ren, möchte ich das unter diesem Gesichtspunkt so betrachten und mitunter auf einige Punkte auch durchaus kritisch eingehen, denn in der Politik werden wir nicht nur an den Worten, sondern vor allem an den Taten gemessen. Daher ist es wichtig, dass wir einige der heute getätigten Ausführungen unter anderem auch mit den Kärntner Gege­benheiten vergleichen – aber davor ein paar Worte zu Europa.

Ja, wir stimmen zu, wir brauchen Europa als Friedensprojekt, denn es hat sich über Jahrzehnte bewährt, ja, es braucht selbstverständlich auch die wirtschaftliche Zusam­menarbeit und den gemeinsamen Binnenmarkt in Europa, denn er ist von großer Be­deutung; aber nein, wir wollen keine Vereinigten Staaten von Europa, wir wollen den Föderalismus wahren, und wir brauchen auch keine zentralistische Organisation sei­tens der EU. Ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, dass auch der Nationalstaat, der sich ausprägt in Form der Identifizierung mit der Heimat, mit der eigenen Kultur und auch mit der eigenen Lebensweise, Bestand hat.

Es ist genau diese Überregulierung, die oft aus diesem, sage ich einmal, zentralisti­schem Moloch entsteht, die es zu reduzieren gilt, denn daran wird berechtigte Kritik ge­übt; davon haben die Menschen auch genug, das sieht man ja auch daran, dass die Wahlbeteiligung entsprechend rückläufig ist. Ich denke, da müssen wir ansetzen und eine entsprechende positive Veränderung einleiten.

Wir müssen vielleicht auch die Aufgaben der EU dort und da neu definieren, aber, und das ist wichtig, ohne Aufgabe der eigenen Identität. Genau wir Kärntner sollten wissen, wie wichtig die eigene Identität ist, denn nach einem erfolgreichen Abwehrkampf gegen den SHS-Staat hat die erste Volksabstimmung dieser damals jungen Republik Öster­reich in Kärnten stattgefunden und die Basis dafür geschaffen, dass wir in dieser De­mokratie bleiben konnten und uns der Kommunismus entsprechend erspart geblieben ist. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Im Hinblick auch auf diese hundertjährige Wiederkehr der Volksabstimmung und mit Blick auf die stolze Kärntner Geschichte wäre es wichtig, in Kärnten auch bildungspoli­tisch anzusetzen und das entsprechende Bewusstsein gerade auch bei der jungen Be­völkerung zu schaffen. Das wäre weit zielführender, als auf Steuerzahlerkosten Malbü­cher in arabischer Sprache zu verteilen, wie es Ihre Landesrätin (in Richtung Landes­hauptmann Kaiser) gemacht hat, denn das ist weder identitätsstiftend, noch trägt es in irgendeiner Form zur Integration bei. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin daher überzeugt davon, dass wir nur mit einem starken Heimat- und Identitäts­bewusstsein auch ein starkes Europa haben können. Wir brauchen ein Europa der Re­gionen, mit unseren Bundesländern, mit unseren Bezirken und Gemeinden, wir brau­chen Europa als Einheit, aber in der staatlichen Vielfalt und eben, wie gesagt, mit redu­ziertem Zentralismus. Ich weiß schon, das stößt bei Menschen, die den Zentralismus als Teil ihrer politischen Ideologie täglich ausleben, leider auf Unverständnis und Ab­lehnung, aber umso wichtiger ist es auch, dafür einzutreten. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Wir haben heute von der politischen Zusammenarbeit auf allen Ebenen gehört. – Das klingt in Worten sehr toll und auch sehr löblich, tatsächlich sieht die Realität aber etwas anders aus, und ich darf auch dahin gehend auf einige Aspekte eingehen. Beispiels­weise stellt der Herr Landeshauptmann diese politische Zusammenarbeit heute in den Vordergrund, übernimmt zeitgleich aber immer auch die oppositionelle Speerspitze, wenn es gilt, gegen die Bundesregierung Attacken zu reiten – mag sein, dass das auf­grund der mangelnden Präsenz der eigenen Oppositionschefin in Wien geschieht, aber auf jeden Fall ist es nicht sehr glaubwürdig und mehr als durchschaubar. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch in Kärnten hat diese politische Zusammenarbeit auf Augenhöhe, von der immer gesprochen wird, eine ganz eigene Entwicklung genommen, denn dort hat man noch schnell vor der Landtagswahl eine Verfassungsänderung vorgenommen und den Pro­porz abgeschafft. Begründet hat man das damit, dass man von sieben auf fünf Re­gierungsmitglieder einsparen möchte – es sind heute noch sieben. Nach der Verfas­sungsänderung hat man geschwind einmal auch der ÖVP die rote Karte gezeigt und hat gesagt: So, und jetzt machen wir die Koalition vom eben beschlossenen Einstim­migkeitsprinzip abhängig! Wir schaffen dieses Einstimmigkeitsprinzip ab, und damit ist auch den Allmachtsfantasien Tür und Tor geöffnet.

Eine weitere Begründung der Verfassungsänderung war die Stärkung der Oppositions- und Kontrollrechte, aber in der Realität hat sich gezeigt, dass das im Landtag, allein was beispielsweise die Akteneinsicht anbelangt, nicht in dieser Form ausgeführt wor­den ist, sodass sogar SPÖ-Landtagsabgeordnete gesagt haben, da müsse es entspre­chende Nachschärfungen geben, damit das ausreichend ist. – So geht es immer weiter.

Wenn man das hier dann als erfolgreiche Entwicklung in der politischen Zusammenar­beit anführt, dann kann ich das nicht ganz nachvollziehen. Es gibt immer mehr Ver­waltung als Gestaltung, man hat in Kärnten in den letzten Jahren auch neue Abteilun­gen geschaffen, hat Geschäftsführerwechsel vorgenommen und besetzt alle diese Posten mit sogenannten Vertrauenspersonen. (Bundesrätin Posch-Gruska: General­sekretär heißt das! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Vertrauenspersonen sind in Kärnten entweder Leute, die eine SPÖ-Mitgliedschaft haben oder enge Golfplatz­freundschaften sind oder, wenn man ein Spitzenmandat bekleiden möchte, so wie im Falle der EU-Kandidatur, am besten noch aus dem eigenen Familienkreis kommen, al­so bestmöglich Sohn sind. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.) Das nennt man dann politische Zusammenarbeit zum Wohle aller. – Ja, vielleicht zum Wohle aller Sozialisten, aber politisch Andersdenkende fühlen und sehen sich halt in Kärnten in die Zeit der Siebzigerjahre zurückversetzt.

Wir hatten heute auch das Thema Hass im Netz, und es ist zu Recht angesprochen worden. Das ist ein Thema, bei dem wir alle uns einig sind, glaube ich: dass Hass im Netz und in diversen Foren wirklich unterbunden gehört, dass diesen Tätigkeiten unter dem Deckmantel der Anonymität ein Riegel vorgeschoben werden muss. Es gilt aber auch hier die Devise der Eigenverantwortung bei den politischen Fraktionen, und das vor allem ebenso wieder nicht nur mit löblichen Worten, sondern in Taten.

Erinnern wir uns nur an den Nationalratswahlkampf, für den gerade die SPÖ-Fraktion ja Dirty Campaigning geradezu zugekauft hat (Bundesrätin Mühlwerth: Silberstein!) und mit einem Herrn Silberstein darauf abgezielt hat, in allen Facetten und vor allem im Netz auch entsprechend zu handeln! Da verwundert es mich schon, wenn sich der Herr Landeshauptmann heute hierherstellt und richtigerweise vehement Maßnahmen gegen Hass im Netz fordert, aber im Gegenzug selbst im Vorjahr einen Herrn Sucher als Landesgeschäftsführer bei der SPÖ Kärnten einstellt, der genau wegen solcher Postings im Stadtrat in Villach seinen Platz räumen musste, im Jahr 2016 auch als Klubobmann dort seinen Platz räumen musste – und heute ist er Landesgeschäftsführer.

Diesbezüglich, denke ich, wäre es schon auch notwendig, die entsprechenden Haus­aufgaben zu machen und vor allem vor der eigenen Haustüre zu kehren – und das ist wirklich nicht nur sprichwörtlich gemeint, denn es war der Sohn des Herrn Landes­hauptmannes, der Österreich als „Nazion mit einem scheiß Innenminister“ bezeichnet hat. Somit ist er also ein glanzvoller und würdiger Kandidat für die EU-Wahl, der auch mit dem nötigen Respekt vor den Ämtern unserer Demokratie aufwarten kann.

Kommen wir nun aber zu einem anderen Thema – und das scheint mir wichtig zu sein, weil ich dem hundertprozentig zustimmen kann –, und das ist der Schutz der Natur, der Schutz des Trinkwassers, den der Herr Präsident auch als Motto seiner Präsident­schaft gewählt hat. – Ja, gerade die natürlichen Ressourcen und die Natur gilt es zu schützen, vor allem aber auch das entsprechende Bewusstsein dafür zu fördern. Hin­sichtlich dieser Bewusstseinsbildung vom Kindesalter an spreche ich beispielsweise auch ganz klar an – vielleicht noch einmal auf Kärnten bezogen –, dass wir den Wald in der Natur kennenlernen und ihn den Kindern nicht mittels eines künstlichen Waldes im Wörtherseestadion näherbringen sollten, denn wir haben ja 60 Prozent unserer Lan­desfläche dafür zur Verfügung.

Herr Landeshauptmann, von Ihnen hört man immer: „Kärnten kann mehr.“ – Ich bin der Überzeugung, Kärnten könnte mehr, würden wir weniger verwalten und mehr gestal­ten, aber das mag wohl auch der Unterschied der divergenten Ideologien im Zugang sein. (Bundesrat Weber: Das habt ihr bewiesen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geschätzter Herr Präsident, ich weiß, dass du – wie wir beide es als Bürgermeister ge­wöhnt sind – auf die Worte auch Taten folgen lassen wirst. Ich bin davon überzeugt, dass du die Auswahl des Themas Wasser nicht nur mit Bedacht getroffen hast, son­dern dass du auch die Umsetzung mit vollstem Engagement betreiben wirst, und ich freue mich wirklich auf die Zusammenarbeit hier. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundes­rätInnen der ÖVP.)

10.11

Präsident Ingo Appé: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerhard Leitner. Ich ertei­le ihm dieses.