11.50

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie, vor allem aber jene, die zu Hause vor dem Fernsehschirm sitzen! Die Bundesregierung hat nicht nur eine völlig ambitionslose Ökostromnovelle präsentiert, in der ein zukünftiges Energiekonzept gänzlich fehlt, sondern jetzt will sie auch noch 150 Millionen Euro im wahrsten Sinne des Wortes zum Schornstein hinausheizen. Dadurch werden die Kli­maziele durch die Bank verfehlt, und Österreich gehört mittlerweile zu den Klimasün­dern Europas. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) Das ist ja an sich schon schlimm genug, und Frau Kollegin Grossmann hat das ja eindrucksvoll hier am Rednerpult ge­sagt. (Bundesrat Krusche: Wir waren nicht sehr beeindruckt!)

Frau Bundesministerin! Es ist jetzt nicht fünf vor zwölf, sondern es ist fünf nach zwölf! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dass die Bundesregierung aber gleichzeitig auch punk­tuelle Aktionen als großen Wurf in Richtung grüne Energiezukunft verkaufen will, macht diese Maßnahme alles andere als durchsichtig. Diese ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Hinblick auf den Klimawandel. Andererseits gibt es aber eine Förderung für große Energiekonzerne, die den Löwenanteil dieser Summe von 150 Millionen Euro er­halten werden.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Blankoscheck ohne Transparenz, ohne Kontroll­möglichkeiten und vor allem ohne Verbesserung für die Beitragszahler und Beitrags­zahlerinnen! Das geht direkt in die Kassen einiger. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen hier an dieser Stelle: Es wäre besser gewesen, wenn Sie die Energie, die Sie für dieses Gesetz gebraucht haben, aufgebracht hätten, um mit uns zu reden, anstatt im Vorfeld eine Maschinerie in Bewegung zu setzen, uns Falschinformationen zu unterstellen und uns Briefe zuzuschicken. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühl­werth. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich weiß nicht, wer alles – das sage ich jetzt speziell in die Richtung der ÖVP – herumgelaufen ist, um auf dem Land draußen uns Bürgermeister teilweise zu denunzieren. Die Pressemaschinerie wurde in Bewe­gung gesetzt. Klubobmann Wöginger hat selbst festgestellt: Da wird wohl einer übrig bleiben, und dann haben wir eh die Mehrheit. – Das wird aber nicht passieren! (Zwi­schenruf des Bundesrates Samt.)

Frau Bundesministerin! Zwei Tage vorher sind Sie draufgekommen, dass es auch noch einen Bundesrat gibt. Das ist ja eine Sensation! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

Sie sind draufgekommen, dass es auch noch einen Bundesrat gibt, der womöglich die Zweidrittelmehrheit verhindern könnte. Es ist aber Gott sei Dank nicht so, dass wir al­lein die Schuldigen sind. Sie haben ja den Keil selbst in Ihren Bereichen, nämlich die Wirtschaftskammer mit der Papierindustrie, den Betreibern und der Holzindustrie. Sie sind sich ja im Grunde genommen alle zusammen nicht einig.

Dass Herr Lettenbichler dann auch noch gesagt hat, dass es nicht möglich gewesen wäre, in diesem Bereich eine Begutachtungsfrist zu machen, und dass wir dann halt wie immer zuschauen, wie im Nationalrat Abänderungsanträge oder Initiativanträge kurzfristig eingebracht werden, um Gesetze durchzupeitschen, das sind wir ja schon gewohnt. – Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur etwas ausrichten lassen, Herr Letten­bichler: Es ist auch jetzt noch möglich, ein Gesetz zu machen! Das können wir bis Os­tern unter Dach und Fach haben. Aber ihr müsst einmal mit uns reden. Wir sind jeden­falls ab morgen bereit, mit euch über dieses Gesetz zu reden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Samt.)

Warum ist diese Ökostromnovelle ein so schlechtes Gesetz, meine Damen und Her­ren? – Es ist kein Ausbau von erneuerbarer Energie, sondern ein Blankoscheck in Hö­he von 150 Millionen Euro an die Holzindustrie. Meine Damen und Herren, die Sie heute auch zu Hause hier zuschauen: Diese 150 Millionen Euro, die Österreich zahlen muss, werden von Ihnen als StromkundInnen verlangt, und zwar in Form höherer Stromrechnungen, Monat für Monat, für die Zukunft, und niemand weiß, wer diese 150 Millionen erhält. Klar ist nur, dass es alle österreichischen Haushalte zahlen müs­sen. (Bundesrat Bader: Und ihr nehmt es den sozial Schwachen wieder weg, so schaut es nämlich aus!)

Was fordert die SPÖ? – Wir wollen das ganz klar hier an dieser Stelle auf den Punkt bringen. (Bundesrat Spanring: Keiner weiß, was die SPÖ fordert!) Herr Kollege aus Ti­rol! (Bundesrat Steiner: Ich habe nichts gesagt!) – Du hast jetzt nichts gesagt? (Bun­desrat Steiner: Mein Nachbar hat etwas gesagt!) Aha, es war der Nachbar!

Was die SPÖ klar fordert: Wir haben eine Punktation, bestehend aus sechs Punkten. Erstens: Mehr Ökostrom für mehr saubere Energie. Das ist keine Frage, denn wir sind und bleiben Verfechter von Ökostrom, aber unter anderen Voraussetzungen.

Zweitens: Tarife müssen im Gesetz festgeschrieben werden. Das ist eine Forderung von uns, und auch das hätte man vorher verhandeln können.

Drittens: Abgestuftes Fördermodell je nach Effizienz, damit mehr Anlagen und Konsu­mentInnen profitieren. Wir alle wissen, dass von diesen 47 Betrieben wahrscheinlich ein Drittel die Effizienz nicht erreicht. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, wie wir alle dort hineinbekommen. (Bundesrätin Mühlwerth: Einfach dem Gesetz zustimmen!)

Viertens: Eine Begutachtung ist ein Muss. Ich wiederhole noch einmal: Eine Begut­achtung ist ein Muss! Wir haben die Möglichkeit, das jetzt noch zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Fünftens: Förderungsnehmer öffentlich machen wie in Deutschland. Ich glaube, ich ha­be schon in meiner ersten Rede dazu Stellung genommen, ob das das Datenschutzge­setz zulässt. Sie haben aber verhindert, dass wir draufgekommen sind, wer denn diese 47 Betriebe sind, die diese Förderung in Anspruch nehmen. Wir mussten es mühsam er­fragen. Sie haben das zugedeckt und verhindert! (Zwischenruf des Bundesrates Seeber.)

Sechstens: Automatische Befreiung von der Ökostromabgabe für alle Bezieher kleiner Einkommen, die auch GIS-befreit sind. Dazu haben wir heute einen Genehmigungsan­trag eingebracht.

Schauen Sie: Alle diese Punkte sind eigentlich, wenn man darüber nachdenkt, relativ realistisch nachzuvollziehen und vielleicht auch in Verhandlungen zu erledigen. Was aber machen Sie dann wieder, wenn der Bundesrat oder wir als SPÖ nicht zustim­men? – Sie sagen, dann haben wir in Österreich mehr Kohle- und Atomstromimporte durchzuführen. (Bundesrat Rösch: Das ist so, das geht gar nicht anders!)

Lieber Herr Kollege! Du weißt schon, dass alle 130 Biomasseanlagen in Österreich 3,4 Prozent des Stromaufkommens ausmachen! Wenn man jetzt von diesen 47 Anla­gen redet, dann geht es da um knapp 1 Prozent. (Bundesrat Schuster: Man kann es auch schönreden!) Und wenn unsere Energieministerin nicht imstande ist, 1 Prozent zu substituieren, dann ist das ein Armutszeugnis! Das muss ich an dieser Stelle ganz klar und deutlich sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn Sie immer mit dem Argument kommen, dass von der SPÖ 6 000 Arbeitsplätze – im Zusammenhang mit Zulieferern und so weiter – zerstört werden, dann sage ich Ih­nen: Wir wissen tatsächlich aus der Studie der IG der Biomasseanlagenbetreiber – und Sie haben diese sicherlich auch –, dass es hier um 200 direkte Arbeitsplätze geht und bei den heruntergerechneten 47 Anlagen um 120 Arbeitsplätze. Sie können das dann hier berichtigen, wie auch immer. Es gibt natürlich - - (Bundesrat Bader: Sind 200 Ar­beitsplätze für die SPÖ wurscht?) Nein, das ist nicht wurscht! Aber es besteht ein gro­ßer Unterschied zwischen 6 000 und 200! Das muss man auch einmal sagen.

Dass der bestehende Gesetzentwurf 47 Anlagen rettet, ist auch nicht richtig, denn wir wissen, dass ein Nutzungsgrad von 60 Prozent nicht erreicht werden kann und die Ta­rife auch nicht in Ordnung sind.

Schauen Sie: Es wäre möglich, Punkt für Punkt darüber zu sprechen, und wir werden selbstverständlich auch noch darüber sprechen. Davon bin ich überzeugt.

Dass keine Zeit für eine umfassende Begutachtung bleibt, ist nicht wahr. Wir haben besprochen, dass das möglich ist. Es handelt sich nicht um die Verlängerung des be­stehenden Gesetzes, sondern es handelt sich um die Sonderregelung des Ökostrom­gesetzes. Die Änderung des Ökostromgesetzes soll für eine außertourliche Geldspritze in Höhe von ungefähr 150 Millionen Euro für jene Biomasseanlagen sorgen, deren 13-jäh­riger Fördervertrag von 2017 bis 2019 ausgelaufen ist. (Bundesrat Schuster: Das ha­ben wir schon gehört!) – Ich weiß nicht, ob du das schon gehört hast!

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. (Bundesrat Schuster: Applaus!) – Wenn ihr mit uns geredet hättet, dann hätten wir heute hier eine ganz andere Situation und würden wahrscheinlich alle ein gemeinsames Gesetz beschließen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr seid nur eingeschnappt und beleidigt! – Bundesrat Schuster: Und das auf dem Rücken der Bevölkerung!) Aber man nimmt halt die Opposition und auch die jeweiligen Energiesprecher nicht ernst, und zwar nicht nur hier im Bundesrat, sondern auch im Nationalrat. (Bundesrat Rösch: Das ist doch kindisch!)

Das, was diese Ökostromnovelle einleiten würde, ist ein Abwirtschaften des Biomasse­energiesektors auf Etappen für weitere drei Jahre, und dann wird sich das aktuelle Szenario für die Übriggebliebenen wiederholen.

Meine Damen und Herren, die einzige langfristige Lösung ist, sich mit uns ab morgen an den Verhandlungstisch zu setzen und zu verhandeln. Ich weiß auch nicht, wovor Sie Angst haben! Was planen Sie mit den 150 Millionen Euro? Sie wollen um keinen Preis verraten, was Sie damit anstellen wollen! Was passiert denn genau damit? – Man muss wirklich noch einmal an diesen Blankoscheck erinnern, der in dieser Hinsicht als Parameter festgelegt wird. (Vizepräsident Koller übernimmt den Vorsitz.)

Ich verdeutliche noch einmal zum Abschluss: Ja, wir wollen eine Lösung, ja, wir wollen zusammen an einer Lösung arbeiten. Es muss aber eine Lösung für die Menschen, also die Strombezieher sein. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Nein, es muss nicht für uns passen, es muss für die Menschen passen (Bundesrat Seeber: Dann stimmt zu!), es muss für die kleinen Betriebe passen und nicht nur für die großen Konzerne. Das möchte ich an dieser Stelle ganz klar deponieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass das eine reine Verschleppung von Problemen ist und dass das Kopf­zerbrechen von heute zur Migräne von morgen gemacht wird. Kommen Sie zurück an den Verhandlungstisch! Wir stehen ab morgen Früh bereit. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb, Herr Präsident, möchte ich folgenden unselbständigen Entschließungsantrag der BundesrätInnen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „5-Punkte-Plan für mehr Ökostrom“ einbringen:

Die Bekämpfung der Klimaerhitzung ist eine der großen politische Herausforderungen unserer Zeit. Obwohl die Elektrizität nur rund ein Fünftel des Energieverbrauchs aus­macht, sind Maßnahmen in diesem Bereich im besonderen Fokus der Öffentlichkeit. Die Frage von Biomasse-Nachfolgetarifen, bei denen es um knapp mehr als 1 Prozent der heimischen Stromerzeugung geht, hat in den letzten Wochen die Republik be­schäftigt wie schon lange kein Thema der Energiepolitik mehr. (Die BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift „Wer Ökostrom abdreht, dreht Atom­strom auf!“ in die Höhe.)

Was steht denn da drauf? – „Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf!“ (Bundesrat Seeber: Richtig!) – Super! (Bundesrat Schuster: Das ist nicht super! – Weitere Zwi­schenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Die strategische Frage, wie ein Mix aus erneuerbarer Stromerzeugung mittelfristig aus­sehen wird, sollte in einer großen Neuaufstellung der Ökostromförderung, wie sie das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz der Bundesregierung ankündigt, geklärt werden. Unab­hängig vom Zeitpunkt der Umsetzung sollen aber bezüglich der Biomassenachfolgere­gelung wichtige Eckpunkte festgemacht werden.

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgenden Entschlie­ßungsantrag:

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat auf Basis von Gesprächen al­ler Fraktionen eine Novelle des Ökostromgesetzes vorzulegen, die folgenden Anforde­rungen gerecht wird und für mehr saubere Energie sorgt:

- Die einmaligen Nachfolgetarife für Biomassekraftwerke werden im Gesetz festge­schrieben.

- Ein abgestuftes Fördermodell nach Effizienz sorgt dafür, dass Anlagen und Konsu­mentInnen von mehr Ökostrom profitieren.

- Begutachtung ist ein Muss.

- Fördernehmer sollen ähnlich wie in Deutschland öffentlich gemacht werden.

- Es soll eine automatische Befreiung von der Ökostromabgabe für alle kleinen Ein­kommen, die auch GIS-befreit sind, geben.“

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Das ist der Entschließungsantrag, den wir somit eingebracht haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Der von Bundesrat Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „5-Punkte-Plan für mehr Ökostrom“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Vizepräsident Brunner zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.