10.52

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Lie­ber Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuhörer hier im Saal und zu Hause via Livestream! Frau Kollegin Ecker, es ist natürlich toll, wenn wir unter den Bundesrätinnen und Bundesräten Leute haben, die in der Ma­terie so fest drinnen sind, das und auch die Aussagen hier sind sehr wertvoll für uns, aber schlussendlich reden Sie beziehungsweise redest du auch zu anderen Themen, obwohl du nicht gerade beruflich damit zu tun gehabt hast. Deshalb steht es auch uns zu, uns zu Themen, auch wenn wir nicht selbst damit arbeiten, zu Wort zu melden. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller. – Bundesrä­tin Ecker: Eh klar!)

Frau Mag. Zeidler-Beck! Sie wollen Brücken bauen. Das ist sehr schön. Bauen Sie Brücken zu Krisenpflegeeltern, welche die Kinder weniger als 91 Tage betreuen, und geben Sie denen das Kinderbetreuungsgeld! Sie können das auch Überbrückungsgeld nennen, wichtig ist aber, dass sie es bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben heute gehört, dass die vorgelegte Lösung festlegt, dass Krisenpflegeeltern, die Kinder weniger als 91 Tage betreuen, künftig kein Kinderbetreuungsgeld erhalten. Dadurch können sich die meisten Krisenpflegeeltern diese verantwortungsvolle und aufwendige Tätigkeit eben schwerer leisten. Das ist für die SPÖ-Fraktion unverständ­lich! Sie haben ausgeführt, dass das auch zutrifft, wenn die Kinder keine Geburtsur­kunde haben. – Wenn die Krisenpflegeeltern allerdings ab dem ersten Tag das Geld erhalten, dann ist es wurscht, ob die Kinder eine Geburtsurkunde haben oder nicht!

Es ist für die SPÖ-Fraktion unverständlich, dass an Krisenpflegeeltern, die bereit sind, sich für die Krisenbetreuung speziell auszubilden und spezielle Umstände in Kauf zu nehmen, um bei familiären Notfällen rasch und zuverlässig helfen zu können, das Kin­derbetreuungsgeld nicht ab dem ersten Tag ausbezahlt wird. Die Gewährung des Kin­derbetreuungsgeldes ab dem ersten Tag wäre der richtige und beste Weg, und das wäre auch der Weg der vollen Anerkennung und Wertschätzung dieser Leistungen der Krisenpflegeeltern anstatt nur schöner Worte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenso ist unsere Fraktion der Meinung, dass das Kind speziell nach der Geburt beide Elternteile braucht, und fordert deshalb einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat mit Kündigungsschutz ein. Ein diesbezüglicher Entschließungsantrag wurde im Natio­nalrat eingebracht, aber leider durch die Regierungsparteien abgeschmettert. Aus die­sem Grund wird unsere Fraktion diesem Gesetz eben nicht zustimmen. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Dieses Gesetz hätte auch Luft nach oben gehabt, um diese Dinge zu regeln und Bes­serstellungen zu erreichen.

Geschätzte Damen und Herren! Die Frau Bundesminister für Frauen, Familien und Ju­gend, Frau Bogner-Strauß, hat bereits im Sommer 2018 versprochen, dass das Geld für Krisenpflegeeltern nicht gekürzt wird und diese in Zukunft auch Kinderbetreuungs­geld bekommen, und zwar selbst dann, wenn sie die Kinder weniger als drei Monate haben. Das hat sie selbst gesagt.

Weiters hat sie im Parlament die Aussage getätigt, dass noch vor Dezember 2018 ein diesbezüglicher Gesetzesantrag vorliegen wird, um das zu reparieren. – Jetzt haben wir schon März 2019!

Das war aber wieder einmal – und das muss ich kritisieren – ein Initiativantrag von ÖVP und FPÖ. Das heißt, dieser Antrag wurde kurzfristig eingebracht, ohne Begutach­tung, ohne Diskussion, ohne die Möglichkeit, da Experten einzubeziehen. (Bundesrat Längle: Das ist ganz normal im parlamentarischen Verfahren! Das ist gesetzeskon­form!) – Schön langsam bekommt das aber wirklich System, und das bedauere ich per­sönlich sehr, denn das ist demokratiepolitisch sehr bedauerlich, Herr Kollege Längle! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Längle: Wir arbeiten stringent!)

Die SPÖ hat weitere Gespräche gefordert, und sie hat nicht umsonst einen Abände­rungsantrag im Nationalrat eingebracht, dass dieses Geld ab dem ersten Tag zustehen soll. Sie hat auch einen Entschließungsantrag eingebracht, mit welchem die Bundesre­gierung aufgefordert wird, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zu übermitteln, die in einem ersten Schritt einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat für alle Väter inklusive Kündigungsschutz vorsieht. – Leider sind beide Anträge nicht ange­nommen worden. (Bundesrätin Mühlwerth: Warum habt ihr den Papamonat nicht schon längst eingeführt?) – Sie werden immer wieder fragen: Warum wurde das und jenes nicht getan? (Bundesrat Samt: Verschlafen!) Das Wichtige ist: Sie sind jetzt in der Regierung! Sie können das ab heute machen! Wir sind dazu bereit. Wir werden die Zustimmung dafür geben. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Guten Morgen! Guten Morgen!)

Zu den Krisenpflegeeltern haben wir heute schon einiges gehört, und ich möchte wirk­lich nichts ergänzen, weil das richtig war, was meine Kollegin und was Sie, Frau Kol­legin, gesagt haben: Krisenpflegeeltern übernehmen in diesem Zusammenhang eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.

Ich habe mich ein bisschen in der Steiermark umgehört: Dort beträgt die grundsätzliche Dauer, die genehmigt wird, sechs Monate, und man kann noch einmal um eine Verlän­gerung um drei Monate ansuchen. Aber in Fällen, in denen schon eine längere Betreu­ungszeit abzusehen ist, wird eben bereits eine Dauerpflegefamilie gesucht. Oft muss rasch reagiert werden. Die Betroffenen sind meist alleinerziehende Mütter mit wenig oder keinem familiären Rückhalt.

Ich habe mich umgehört, denn ich war lange bei uns im Sozialhilfeverband im Vorstand und meine Nichte Martina arbeitet in diesem Bereich, im Sozialressort einer Bezirks­hauptmannschaft in der Steiermark. Sie sagt: Abgesehen von den Tragödien, die na­türlich passieren, wenn man das Kleinkind nicht gleich mit nach Hause nehmen kann, welche Umstände auch immer dazu beitragen, dass das nicht geht: Öfters muss ein Baby wirklich über Nacht zu Krisenpflegeeltern gegeben werden, und diese müssen dann sofort im Hinblick auf ein Gitterbett, auf Nahrung und so weiter reagieren.

In der Steiermark haben wir die Lösung, dass die Leute über die Organisation A:pfl ge­ringfügig beschäftigt werden.

Richtig ausgeführt: Man braucht mehrere dieser Kinder, um eine Vollzeitbeschäftigung zu erreichen. Hier bräuchte es wirklich einen Anstoß, das neu und besser zu regeln. Mit Stichtag 31.12.2018 waren in der Steiermark 99 Personen als Pflegeeltern bezie­hungsweise Krisenpflegeeltern angestellt. Vom Pflegeelternverein konnte ich erfahren, dass 2018 in der Steiermark 198 Kinder auf einem Krisenpflegeplatz untergebracht wa­ren, und ein Viertel davon weniger als 91 Tage. Das ist zwar keine große Zahl, aber ein Viertel dieser Krisenpflegeeltern sind eben davon betroffen und erhalten dieses Betreu­ungsgeld nicht.

Die Aussage der Frau Ministerin, das zu evaluieren, nehmen wir natürlich freudig auf. Sie hat aber gesagt, dass sie sich zumindest drei Jahre Zeit nehmen wird, um das zu machen – das hat sie im Nationalrat so gesagt. Man sieht also schon, dass manche Kolleginnen und Kollegen in den Regierungsparteien dem Gesetzestext selbst auch kritisch gegenüberstehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch das zweite Thema, das ich angeschnitten habe, ist für uns ein ernstes Thema: Eltern, die nach der Geburt das Baby noch nicht mit nach Hause nehmen dürfen, müssen, um den Familienzeitbonus, also den Papamonat, dennoch in Anspruch nehmen zu können, nachweisen – es muss also vom Kranken­haus bestätigt werden –, dass beide, Mama und Papa, das Baby vier Stunden pro Tag betreuen und pflegen. Das ist praktisch einfach nicht möglich! Ist es nicht so, dass El­tern gerade in dieser frühen Phase sowieso leiden, wenn sie dauerhaft von ihren Kin­dern getrennt sind? Krankenhausabläufe sind zu Recht streng, und diese Regelung ist für die Eltern und auch – wie ich sagen muss – für das Personal im Krankenhaus eine Bürde, fast eine Schikane.

Der Papamonat soll doch auch der Frau nach der Geburt zugutekommen, und die Mut­ter kann die Unterstützung durch den Papa auf jeden Fall gebrauchen, egal, ob sie selbst noch im Spital sein muss oder das Baby noch im Spital ist. Und in diesem Sinn wurde ein entsprechender Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht, der aber, wie schon erwähnt, erfolglos geblieben ist.

Meine Damen und Herren! Es gibt Luft nach oben. Leider können wir der vorliegenden Regelung nicht zustimmen. Die SPÖ wird dagegen stimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

11.02

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Martina Ess. Ich erteile es ihr.