16.17

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An sich wäre den Ausführungen von Monika Mühlwerth nichts mehr hinzuzufügen; in der Tat ist es so, wie du es gesagt hast: dass die österreichische Bundesregierung im zweiten Halbjahr 2018, als sie die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, einen exzellenten Job gemacht hat. Ich darf Ihnen das aus Gesprächen im Rahmen der Cosac, der parla­mentarischen Dimension der Ratspräsidentschaften, berichten, bei denen wir von vie­len Ländervertretern und Kollegen aus den Parlamenten anerkennende Worte erhalten haben. Das gilt auch für eine Aussprache im Europaausschuss des Bayerischen Land­tages, zu der ich eingeladen war. Bei dieser Aussprache hat der Europaausschuss sei­nen hohen Respekt für die Arbeit der österreichischen Bundesregierung, für die Ziele – gemeinsam für ein Europa, das schützt – einzutreten und im Bereich des Brexits eine einheitliche Linie der EU 27 zu gewährleisten, ausgesprochen. Die Arbeit der österrei­chischen Bundesregierung ist anerkannt worden, und das in einem nicht einfachen Umfeld, in einem sehr herausfordernden Umfeld.

Ich möchte dir, sehr geehrter Herr Bundesminister, auch herzlich dafür danken, dass du uns im Europaausschuss immer mit Rat und Tat, aber insbesondere mit Information zur Seite gestanden bist.

Ich erinnere mich, wir waren am 18. und 19. Februar dieses Jahres mit einer Delega­tionsreise der Mitglieder des Europaausschusses in Brüssel, haben uns dort mit den Kommissaren Hahn und Oettinger auseinandersetzen können und am zweiten Tag dann das Glück gehabt, dich in der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäi­schen Union zu treffen; und du hast einen Blick hinter die Kulissen gegeben, wie es aktuell betreffend Brexit aussieht. Wir alle, die wir nicht nur Gespräche führen, sondern natürlich auch die Medien verfolgen, wissen, dass das in der Tat herausfordernd ist.

Was ist die Ausgangssituation? – Die britische Bevölkerung hat sich im Jahre 2016 mit einer Mehrheit, wenn auch mit einer knappen Mehrheit, für den Austritt aus der Euro­päischen Union entschieden. 2017 haben die Briten den Austrittsantrag bei der Euro­päischen Union eingebracht. Seither wurde verhandelt, um einen geregelten Austritt dieses Mitgliedstaates zu gewährleisten. Dabei haben sich die österreichische Bundes­regierung und du, sehr geehrter Herr Bundesminister, im Besonderen eingebracht – wie auch der Bundeskanzler im Rahmen des Rates –, um eine gemeinsame Linie zu gewährleisten. Ich glaube, dass diese gemeinsame Linie – mit Ratspräsident Tusk und auch mit Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident – dazu führt, dass es zu kei­nem harten Brexit kommt.

Warum soll dieser harte Brexit vermieden werden? – Na ja, weil es in der Tat um Menschen geht. Es geht um rund 3 Millionen Europäer, die in Großbritannien leben und arbeiten, zum Großteil mit ihren Familien. Es geht um rund 1,5 Millionen Briten, die von der Insel weggegangen sind und in Europa, in den 27 weiteren Mitgliedstaaten leben und arbeiten, und es geht im Wesentlichen – von den 583 000 Auslandsöster­reichern – um rund 25 000 Österreicherinnen und Österreicher, die in Großbritannien leben und arbeiten. Es geht also um persönliche Schicksale, um Lebenswege, um Familien, und es geht um eine Wirtschaftsentwicklung sowohl in Großbritannien wie auch in Europa.

Das Einzige, das wir seit gestern Abend wissen, ist, dass es einen ausverhandelten Vertrag gibt und was das britische Unterhaus nicht will. Was es in der Tat will, wird es uns vielleicht in den nächsten 14 Tagen sagen. Sofern es sich nicht erklärt und es kei­nen anderslautenden Antrag gibt, wird Großbritannien mit dem 29. März, 24 Uhr, nicht mehr Mitglied der Europäischen Union sein und damit ein No-Deal-Brexit stattfinden. Dieser No-Deal-Brexit hat Konsequenzen für die Menschen in Großbritannien, aber insbesondere auch für die Menschen in Österreich. Es galt, sich auf diese Konsequen­zen vorzubereiten.

Ich glaube, dass diese Vorbereitungsarbeiten sowohl von der österreichischen Bundes­regierung wie auch von den österreichischen Bundesländern gut in Angriff genommen wurden. Erst gestern hat es eine Landeshauptleutekonferenz gegeben, bei der ge­meinsam mit dem zuständigen Minister Fragen besprochen worden sind, und Landes­parlamente haben schon Vorbehaltsbeschlüsse gefasst, um die Rechte der Landesbür­ger abzusichern, aber auch jene der Briten, die in den Bundesländern aktiv sind.

Im Europaausschuss des Bundesrates haben wir uns gestern auch mit Brexitmaßnah­men auseinandergesetzt, beispielsweise mit der Frage, wie es bei einem No-Deal-Brexit mit der Finanzierung des EU-Haushalts im Jahr 2019 weitergeht. Das hat ja möglicherweise auch Auswirkungen auf das österreichische Budget oder auf gemein­schaftliche Maßnahmen, die vorgesehen sind und dann nicht in vollem Ausmaß oder überhaupt nicht durchgeführt werden können.

Es geht um das schon angesprochene Erasmus+-Programm, auch darum, wie es mit der Anerkennung von Graduierungen weitergeht, bis hin zur Frage der sozialen Sicher­heit, die natürlich eine ganz wesentliche und wichtige Fragestellung ist.

Wenn Sie heute, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, internationale Medien lesen – ich habe in der Früh das deutsche „Handelsblatt“ gelesen – und dort über die Meinung der Wirtschaftsvertreter, dann mehrt sich der Eindruck, dass ein Ende mit Schrecken besser ist als ein Schrecken ohne Ende. Das korreliert nicht ganz mit dem, was verantwortungsvolle Politiker in Europa wollen, nämlich eine gemeinsame Verein­barung über die Zukunft des Zusammenwirkens zwischen Europa und Großbritannien; aber es wird auf Dauer auch nicht möglich sein, die Entscheidung so weit zu ver­schleppen, dass davon europäische Parlamentswahlen betroffen sind und es eine Hängepartie gibt.

Ich war selbst als junger Mensch in Nordirland und habe dort ein Projekt mit den Peace People gemacht, mit Mairead Corrigan und Betty Williams, die ja für ihre Arbeit, junge Menschen beider Konfessionsgruppen zusammenzubringen, um damit ein Stück Zu­kunft zu eröffnen, den Friedensnobelpreis bekommen haben. Mir ist sehr bewusst, was der Backstop in der Region Nordirland und in Irland bedeutet und dass wir alles tun sollten, damit es zu keinem harten Brexit kommt. Ob das möglich ist, liegt in den Hän­den Großbritanniens. Das, was wir, glaube ich, gemeinsam einfordern müssen, ist, dass sich das britische Unterhaus erklärt und endlich einen Weg bekannt gibt, wie es sich die weitere Vorgangsweise vorstellen kann.

Lieber Herr Bundesminister, ich glaube, dass die Vorbereitungsarbeiten mit diesem Brexit-Begleitgesetz gut vorangetrieben wurden. Natürlich ist es nicht so, dass jede Detailfrage bereits geklärt werden konnte, aber es wurden zahlreiche wichtige Fragen damit angesprochen und wir sind insgesamt auf einem guten Weg. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mögen wir von einem No-Deal-Brexit wegkommen, möge ein Deal zustande kommen, der den Menschen in Europa und in Großbritannien eine gute Zukunft si­chert! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.25

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Ewa Dziedzic. – Bitte.