12.24

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Schülerinnen und Schüler auf der Galerie! Sehr geehrte Delegation! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja wirklich erstaunlich. Wir machen hier drei eigentlich kleine technische Änderun­gen in einem Gesetz, und ich höre die übliche Polemik mit den üblichen sogenannten Argumenten derer, bei denen ich mir denke, ich habe keine Ahnung, wann die das letzte Mal in einer Schule waren (Bundesrätin Hahn: Gestern! Ich stehe täglich in der Klasse!), zum Beispiel in einer Wiener Schule – das muss schon ewig lange her sein.

Wenn Frau Kollegin Gruber-Pruner sagt, ein Native Speaker wäre gut und es sei wich­tig, dass die Kinder im Klassenverband bleiben, damit sie die Kenntnisse der deut­schen Sprache verfestigen können, dann frage ich mich: Von welcher Schule spricht sie? – Das war noch zu Zeiten, als ich in die Schule ging, da hatten wir ein Kind in der Klasse, das damals aus dem ehemaligen Jugoslawien kam. (Bundesrätin Dziedzic: Ja, früher war alles besser! – Bundesrat Stögmüller: Vor 60 Jahren!) Wir waren alle mächtig stolz, dass wir ein Kind hatten, das aus einem anderen Land kommt. Die hat auch in kürzester Zeit Deutsch gelernt, war eine der besten Schülerinnen der Klasse, und es war überhaupt kein Problem.

Wo aber wollen Sie, Frau Kollegin, in einer Schule in Wien Favoriten, wo man 100 Pro­zent Ausländeranteil hat, wo alle unterschiedliche Sprachen sprechen, von Kroatisch über Serbisch, Russisch bis Tschetschenisch, was weiß ich, den Native Speaker fin­den? Vielleicht in dem einzigen Österreicher, den es in der Klasse, wenn wir Glück ha­ben, noch gibt? (Bundesrätin Schumann: In der Internationalen funktioniert es! – Wei­tere Zwischenrufe der Bundesrätin Dziedzic.)

Ich bin ja bei Ihnen. Es wäre ja schön, wenn die Kinder mit anderen österreichischen Kindern Kontakt hätten. Das ist aber nicht der Fall. Ich kann Ihnen aber sagen, dass das die Eltern gar nicht wollen. Es liegt nicht an den Österreichern, sondern es liegt fast ausschließlich an den Zuwandererfamilien. Die sind auch am Spielplatz unter sich. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Die haben auch am Spielplatz keinen Kontakt, was ja wünschenswert wäre, denn da könnten sie ja die Sprache trainieren, und dann geht das natürlich bei Kindern schnell. (Bundesrat Steiner: Das ist die Wahrheit!) Bei jenen Kindern, die diese Möglichkeiten haben, erlebe ich das ja auch. Die switchen zwischen den Sprachen herum, das ist unglaublich. Der wechselt ohne irgendein Problem von Deutsch zu seiner Muttersprache und zurück. Das ist aber die Ausnahme, leider nicht die Regel.

Sie hatten ja jetzt 20 Jahre Gelegenheit, den Integrationsprozess voranzutreiben, die Sprachkompetenz nicht nur zu schulen, sondern auch zu fördern. (Bundesrätin Hahn: Ihr kürzt das Geld für die Sprachförderung!) Das Ergebnis ist aber, dass 30 Prozent der Schüler, wie Kollegin Ess schon gesagt hat, nach neun Jahren nicht ausreichend le­sen, schreiben und rechnen und schon gar nicht die Sprache können. Ich muss Ihnen sagen, dass das eben kein Erfolgsmodell gewesen ist. Daher gibt es jetzt einen Sys­temwechsel. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Hahn: Spalten und hetzen!)

Bei jeder Neuerung ist es so, dass sie nie hundertprozentig funktioniert, weil man nie alle Eventualitäten bedenken kann, die sich dann einfach aus der Praxis ergeben – das wissen Sie auch –, daher wird jetzt nachjustiert. Die Tatsache, dass es in Österreich durchschnittlich nur 16 Prozent sind, sagt ja noch nichts aus. Wir haben ja zwischen 100 Prozent und 3,5 Prozent die ganze Bandbreite. Natürlich wollen auch wir, dass möglichst viele möglichst schnell in den Regelunterricht wechseln, aus dem sie ja nicht ausgeschlossen sind, denn sie sind ja in gewissen Fächern beisammen. Es geht aber darum, möglichst schnell die Sprache zu erlernen, um dem Unterricht folgen zu kön­nen. Da gibt es eben österreichweit eine sehr große Bandbreite, die man ja nicht daran festmachen kann, dass man sagt, das eine Bundesland ist gescheiter und das andere ist weniger gescheit.

Diesbezüglich haben wir auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen, weil auch die Eltern der Kinder, die nicht Deutsch können, natürlich ein Interesse daran haben müssen, dass ihre Kinder in der Schule entsprechend gut vorankommen, um auch späterhin ei­ne Ausbildung zu haben, aufgrund derer sie einen Beruf ergreifen können, von dem sie auch leben können, und nicht irgendwo als Hilfsarbeiter zum Beispiel Zementsäcke tragen zu müssen. Das wollen wir ja nicht, wir wollen ja, dass sie gute Berufe erlernen können, und dazu ist halt – das ist ja das Einzige, wo wir uns einig sind – der Erwerb der Sprache unumgänglich. Darum machen wir jetzt standardisierte Tests, damit das System eben auch verbessert wird.

Es gibt mehrere Änderungen, es hat sich jetzt nur an den Deutschklassen manifestiert. Es gibt auch das Kopftuchverbot in der Volksschule. (Bundesrätin Hahn: Eine Polemik! Eine einzige Polemik!) Ich höre von Ihrer Seite auch immer, dass Sie die Unterdrü­ckung der Frauen – zu Recht – nicht wollen. Das ist aber unserer Meinung nach eine Unterdrückung der Kinder, ein gewisser Missbrauch der Kinder; dadurch werden sie schon in eine gewisse tradierte Richtung gedrängt, die Sie ja sonst ablehnen. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann.) Das ist abzulehnen, das wollen wir nicht, daher gibt es dieses Kopftuchverbot. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Wir haben beim Privatschulgesetz zu Recht an der Schraube gedreht, um das Niveau auf C1 anzuheben, das ist aber nur eine kleine technische Änderung. Wir haben die Erfahrungen aus der Mathematikmatura zum Anlass genommen, um zu sagen: Ja, man muss bei den Texten vielleicht noch ein bisschen etwas ändern, damit diese leich­ter lesbar und verständlich sind, ohne aber auf ein Niveau hinunterzugehen, dass auch der, der nicht gescheit lesen kann, diesen Text noch versteht. Das ist ja nicht der Sinn einer Reifeprüfung, dass man das so weit hinunterschraubt, dass dann wirklich auch der Letzte, der nicht wirklich sinnerfassend lesen kann, diese besteht. Das heißt, das sind eigentlich wichtige, aber gar nicht so große Änderungen.

Zu den Deutschförderklassen stehe ich, ich habe sie auch immer befürwortet; das an­dere System ist gescheitert. Ich bin überzeugt davon, dass dieses System erfolgreich ist, aber selbstverständlich muss man hier und dort noch ein bisschen nachbessern, was wir auch tun. Daher verstehe ich jetzt eigentlich nicht, warum Sie wegen Kleinig­keiten hier auftreten und sagen, Sie können dem Gesetz leider nicht zustimmen. (Bun­desrätin Hahn: Das sind keine Kleinigkeiten!) Das machen Sie mit sich selber aus. Es ist ja auch Ihr gutes Recht, nicht zuzustimmen. Wir werden jedenfalls diesen Änderun­gen im Gesetz sehr gerne zustimmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.32

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte.