12.42

Bundesrätin Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Zuseher! Das Protokoll von Nagoya ist Teil eines Übereinkommens über biolo­gische Vielfalt, der Convention on Biological Diversity. Wann, glauben Sie, wurde dieses Abkommen geschlossen? – Angesichts der aktuellen Dramatik des vorliegen­den UN-Berichtes über das Artensterben kann man kaum glauben, dass dieses Abkommen bereits vor 27 Jahren beschlossen wurde. Seit 27 Jahren macht man sich auf internationaler Ebene bereits Gedanken über diese Thematik. 1992 wurde dieses Abkommen in Rio de Janeiro beschlossen.

Diese Konferenz stellt einen Meilenstein in der Diskussion über Umweltthemen in globalem Rahmen dar. Es sind vor allem die südlichen Regionen, die reich an bio­logischen Rohstoffen sind, mit ihren Regenwäldern, mit ihren Korallenriffen. Bereits Paracelsus schrieb im 16. Jahrhundert der Koralle Heilkräfte zu, und heute hofft man auf Rettung aus dem Riff in Form neuartiger Antibiotika oder Krebsmedikamente.

Mit der zunehmenden rasanten Entwicklung in der Biotechnologie verschärfte sich das Ungleichgewicht zwischen Ressourcengebern und Ressourcennehmern. Man setzte sich gemeinsam an den Tisch, verhandelte mehrere Jahre. 2010 kam es zum Protokoll von Nagoya, das 168 Staaten unterzeichneten und bisher von 114 Staaten ratifiziert wurde. Damit hat man einen international anerkannten Rahmen für den Zugang zu genetischen Ressourcen und zu traditionellem Wissen geschaffen.

Dieser Zugang erfordert die Zustimmung der entsprechenden staatlichen Behörden oder der indigenen Völker. Die Herkunftsländer werden an den Vorteilen der Nutzung beteiligt. Dies bietet den Herkunftsländern ökonomische Anreize zum Schutz der Artenvielfalt. 2014 wurde von der Europäischen Union eine Verordnung zum Protokoll erlassen. Mit dem heutigen Beschluss wird auf nationaler Ebene das Bundes­minis­terium für Nachhaltigkeit und Tourismus zur zuständigen Behörde bestimmt. Sie ist zuständig für die Anwendung der Verordnung, für Kontrollen und auch eventuelle Strafen.

Ich möchte noch einmal kurz auf den eingangs schon erwähnten Weltbiodiver­sitäts­bericht eingehen. Österreich ist seit 2014 Mitglied. Ich bedanke mich bei unserer Bun­desministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus dafür, dass die Erarbeitung der neuen Biodiversitätsstrategie 2030 für Österreich bereits gestartet ist. Ab Juni finden thematische Workshops statt. Eine öffentliche Konzertation zur Einbindung der Bürger ist bereits geplant.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, beim Artenschutz ist es wie beim Klimaschutz oder beim Trinkwasserschutz ein Prozess, in den die gesamte Gesellschaft einbe­zogen werden muss und der auch die ganze Gesellschaft erfassen muss. Wie Dr. Staudinger, Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, gestern bei der Enquete gesagt hat, sind wir aber Weltmeister im Ausredenfinden. Es sind immer die anderen zuständig. Sie sollen sich damit beschäftigen. Die Industrie oder der Konsument oder die Politik oder der Bürger oder die Medien oder die Wissenschaft sind für die Bewusstseinsbildung zuständig.

Wollen wir aber in diesem Bereich entscheidende Fortschritte erzielen, ist es so, dass diese Herausforderungen unser aller Anliegen und das Anliegen jedes Einzelnen sein müssen. Werte Kollegen und Kolleginnen, diese Herausforderungen sind komplex, und mit einer Schlagwortpolitik werden wir sie nicht lösen können. Wir befinden uns in einem Spannungsfeld. Wir werden einen tragfähigen Kompromiss zwischen Erhaltung unserer Ressourcen und ihrer Nutzung finden müssen. Beides brauchen wir zum Leben. Was können wir tun?

Auch hier wurden in der gestrigen Enquete von Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna, WPA Beratende Ingenieure GmbH, einige Ansätze geliefert: Bewusstsein bilden, beraten, Einsatz technischer Innovation. Digitalisierung ermöglicht zum Beispiel einen punkt­genauen sparsamen Einsatz von Betriebsmitteln in Landwirtschaft und Industrie. Alle möglichen Handlungsoptionen werden wir in Betracht ziehen müssen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, diese Herausforderungen sind komplex, und, um nochmals auf Dr. Staudinger zurückzukommen, ich glaube, Aufgabe der Politik ist es, diese Herausforderungen in ihrer Komplexität anzunehmen und auf verschiedenen Ebenen nach Lösungen zu suchen. Ich glaube auch, dass die Bürgerinnen und Bürger die Vielschichtigkeit dieser Probleme erkennen.

Ich begrüße daher sehr, dass die Bundesregierung Bürger durch Konsultationen einbindet, und denke, dass wir dieses Instrument noch stärker anwenden müssen. Mit dem heute voraussichtlich einstimmigen Beschluss gehen wir wieder einen Schritt weiter in Richtung Erhalt der Artenvielfalt. Es gibt noch viel zu tun. Packen wir es an! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.48

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bettina Anna Lancaster. Ich erteile es ihr.