9.25

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier und zu Hause! Werte Kolleginnen und Kollegen! An sich ist ja eigentlich das EU-Thema heute Gegenstand der Aktuellen Stunde, aber da beide Vorredner schon auf die vergangenen Ereignisse Bezug genommen haben, tue ich das natürlich auch und stelle voran: Das Ibizavideo ist wirklich durch nichts zu entschuldigen. Ich versuche gar nicht, hier etwas zu relativieren oder positiver dar­zustellen, als es ist. Es war dumm und es war verantwortungslos. (Allgemeiner Beifall.)

Auch wenn Heinz-Christian Strache das ja nicht als Vizekanzler getan hat, sondern als – unter Anführungszeichen – „nur“ Nationalratsabgeordneter und Klubobmann, muss man sagen, wir als Bundesräte und Politiker haben alle eine besonders hohe Verant­wortung und müssen immer mit bestem Beispiel vorangehen. Das ist ganz wichtig. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Daher haben auch beide – sowohl Gudenus als auch Strache – sofort die Kon­sequen­zen daraus gezogen, und zwar von sich aus. Noch bevor es öffentlich wurde, bevor es mit dem Bundeskanzler besprochen wurde, haben beide gesagt, sie ziehen die Kon­sequenzen daraus, legen alle Ämter nieder und treten zurück. (Bundesrat Stögmüller: Am Donnerstag war das, nicht am Freitag!)

Das war nicht immer bei allen Skandalen so. Wenn die SPÖ jetzt so besonders empört tut und den Moralapostel spielt, was alles nicht wie passieren darf, darf ich Sie, wenn es um die Medien geht, schon daran erinnern, dass Sie natürlich nicht darüber geredet haben, wie man sich die Medienlandschaft kauft, Sie haben es einfach gemacht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Samt: So schaut es aus!)

Bundeskanzler Faymann und seine Inseratenaffäre waren Gegenstand eines Unter­suchungsausschusses hier im Parlament. (Bundesrat Weber: Und nichts ist heraus­gekommen!) Sie können sich also nicht herstellen und hier moralisch hochstehende und hochtrabende Worte für Dinge finden, die Sie einfach tun. Strache hat halt blöd darüber geredet, aber er hat die „Kronen Zeitung“ nicht gekauft. Sie haben sich aber die Zeitungen mit Ihren Inseratenkampagnen sehr wohl gekauft. Das ist der Unter­schied zwischen SPÖ und FPÖ. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Dann darf ich Sie in dem Zusammenhang, weil das Frau Kollegin Schumann ja so amüsiert, an noch ein paar Sachen erinnern, was nämlich Ihre Skandale anbelangt. Wer hat in der Bawag-Affäre den Streikfonds der Gewerkschaft in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro verzockt? – Die SPÖ! (Bundesrätin Schumann: Das macht das Ibizavideo nicht besser! Sie verharmlosen! Eindeutig! Eindeutig!) Die Inseratenaffäre habe ich angesprochen. Wer hatte die Kommunalkredit unter Claudia Schmied zu verantworten, wo sie von 23 Angeklagten als Einzige freigesprochen worden ist? 9,4 Milliarden Euro Volumen! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich verstehe schon, dass Sie das jetzt aufregt, das sind ja Ihre schändlichen Taten. Nicht Ihre schändlichen Worte, Ihre schändlichen Taten sind das! (Beifall bei der FPÖ.)

Es war im Zuge des Rücktritts von Gudenus und Strache – zumindest nach meinem Wissensstand – vereinbart, dass die Regierung weitermachen kann. Ja, die Regierung hat gut gearbeitet. Wir haben wirklich gute Dinge auf Schiene gebracht und sind jetzt leider nicht fertig geworden. (Bundesrat Weber: In die eigene Tasche! – Bundesrat Krusche: Was redest du zusammen? – Bundesrat Steiner: Schwachsinn wie immer!)

Was mit Ihrer vielgerühmten Sozialpartnerschaft passiert ist, haben wir in den letzten zehn Jahren erlebt. (Bundesrätin Schumann: Eine soziale Gesetzgebung!) Da wird diskutiert, bis nichts mehr übrig bleibt. Das waren zehn Jahre Stillstand einer Regie­rung, an der die SPÖ beteiligt war. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Falsche Rede!) In den letzten eineinhalb Jahren ist wesentlich mehr weitergegangen als mit Ihnen in den letzten zehn Jahren, und das wollen wir nicht vergessen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Falsche Rede!)

Es war halt nur dramatisch, dass dann entgegen der Vereinbarung plötzlich der Kopf von Kickl gefordert worden ist. Dann hat Kickl gesagt: Ich klebe nicht am Ministeramt!, dann hat es aber geheißen: Nein, die Freiheitlichen dürfen das Innenministerium nicht haben! (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) – Da haben sich die Wege zu trennen begonnen, weil es für niemanden verständlich war, warum – also wenn man schon Kickl weghaben will.

Interessanterweise hat auch Pilz in der Nationalratssitzung gesagt – was ich wirklich interessant finde; ich habe mir nicht gedacht, dass ich jemals Pilz zitieren werde, aber es war schon interessant –, dass es aus seiner Sicht hundert Gründe gegeben hätte, Kickl zu entfernen – gut, wenn man Pilz kennt, weiß man das –, aber nicht jenen, den die ÖVP uns offeriert hat.

Es war aus unserer Sicht kein Grund vorhanden, denn das Argument, er kann nicht gegen sich selbst ermitteln, ist wirklich hanebüchen. Erstens einmal ermittelt da die Justiz und nicht der Innenminister und zweitens gab es die Affäre Strasser, bei der sowohl der Innenminister als auch der Justizminister von der ÖVP waren und es kein Problem damit gegeben hat.

Ich glaube, dass da eine falsche Beratung stattgefunden hat, dass man offensichtlich gedacht hat oder die Berater gesagt haben, das Innenministerium hätte man eh nie der FPÖ geben dürfen, das hätte aus den verschiedensten Gründen in den Händen der ÖVP bleiben sollen. Wie die Medien jetzt schreiben, gibt es durchaus auch Verdachts­momente, dass Spuren in Richtung BVT führen. Dabei finde ich es interessant, dass sich niemand von Ihnen fragt, von wem und warum dieses Video eigentlich in Auftrag gegeben wurde, wer es bezahlt hat. (Bundesrätin Hahn: Hier ist die falsche Adresse! – Bundesrat Steiner: Das hättet ihr gar nicht zusammengebracht, so patschert, wie ihr seid!) – Ja, das betrifft euch genauso. (Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.) Das lässt vermuten, dass gesagt wurde: Wir wollen das Ministerium wieder zurückhaben! – Dann kam es, wie es kommen musste. Es ist dann wirklich schwierig, jemandem das Vertrauen auszusprechen, der einem soeben das Vertrauen entzogen hat. Daher ist diese Abstimmung eben auch so ausgegangen.

Ich möchte aber trotzdem noch kurz zum Thema der Aktuellen Stunde kommen, das ist die Zukunft der EU. Ich möchte hier noch einen Punkt anbringen, der noch nicht angesprochen worden ist, der mir aber wichtig ist. Es gehört in der Europäischen Union auch die Rolle des Europäischen Gerichtshofes untersucht. Der Europäische Gerichts­hof ist durchaus wichtig, ich will ihn als Institution auch gar nicht abgeschafft wissen, nur kann es nicht sein, dass der Europäische Gerichtshof so quasi die fünfte Macht in Europa ist und vorgibt, was die Politik zu tun hat.

Er hat schon einige überschießende Urteile getroffen, unter anderem – nicht bei uns in Österreich, sondern in Deutschland –, dass Flüchtlinge, denen der Asylstatus aber­kannt wurde, trotzdem als Flüchtlinge zu behandeln sind. Auch der Vizepräsident des deutschen Bundesverfassungsgerichtes hat sich schon mehrmals darüber beschwert, dass der EuGH in nationales Recht eingreift, ohne die Rechtstraditionen der jeweiligen Länder zu betrachten.

Die Karfreitagsregelung ist ein typisches Beispiel dafür, wie man wirklich über­regu­lieren kann, denn es hat in Österreich bis auf einen, der halt geklagt hat (Bundesrat Krusche: Die Gewerkschaft!), niemanden gestört, dass die Protestanten einen zusätz­lichen Feiertag hatten, der ja auch eine Kompensation für früheres Unrecht war, das bis ins 18. Jahrhundert zurückgereicht hat. Das hat bis dahin niemanden gestört. Es hat ja auch schon Klagen gegen Kirchenglocken gegeben, weil sie jemandem zu laut waren. Manche Dinge sind ja an Absurdität wirklich nicht mehr zu überbieten. Das ist ein ganz klassisches Beispiel einer Institution, die in das allerkleinste Detail eingreift, und da, glaube ich, ist Handlungsbedarf angesagt.

Auch das Thema Subsidiarität wird uns noch weiter beschäftigen. Es gibt ja eine Deklaration der EU, die sehr wortreich ist, die aber jetzt erst einmal mit Leben erfüllt werden muss. Ich denke, niemand von uns – also nein, die NEOS wollen die Ver­einigten Staaten von Europa schon, wir wollen sie nicht; soweit ich gehört habe, die ÖVP auch nicht unbedingt (Bundesrat Brunner: Nein!), aber das weiß ich jetzt nicht –, jedenfalls die FPÖ will die Vereinigten Staaten von Europa nicht. Im neuen Vertrag, den Kurz noch als Bundeskanzler gefordert hat, ist nicht alles falsch, aber manches sehen wir schon skeptisch.

Ich würde einmal meinen, man sollte die alten, jetzt bestehenden Vertragsregeln ein­mal durchsetzen, zum Beispiel die No-Bailout-Klausel. Es waren ja die Deutschen die Ersten, die das eigene Vertragswerk durchbrochen haben, die Franzosen waren dann die Zweiten. Mit dieser No-Bailout-Klausel wird eben ausgeschlossen, dass wir für die Schulden anderer Länder haften, was aber dennoch stattfindet. Da, denke ich, muss man auch einmal wieder auf den Boden des Vertrags zurückkommen. Da muss ich nicht unbedingt einen neuen Vertrag haben, zumal wir ja die Sorge haben, dass dann das Einstimmigkeitsprinzip fällt. Natürlich tut man sich leichter, wenn man nur eine Mehrheit braucht, ich warne aber davor, denn ich glaube, das Einstimmigkeitsprinzip ist schon ganz wesentlich, damit die Dinge auch in die richtige Richtung gehen.

Wenn die Europäische Union näher beim Bürger sein will – und das muss sie auch –, muss sie sich auch entsprechend verhalten. Ich kann nicht sagen, ich mache in Brüssel irgendwelche Regulierungen, Verordnungen et cetera, die niemand versteht, wie Glühbirnen, Staubsauger, Schnitzel, Bräunungsgrad der Pommes et cetera, und komme damit überhaupt nicht beim Bürger an.

Das ist auch ein Problem bei der Klimapolitik, die ja erwähnt wurde. Klimapolitik ist wichtig, wir erleben derzeit einen massiven Wandel des Klimas. Die EU versucht, sehr drastische Regelungen einzuführen, nur das Klima macht nicht an den Grenzen der Europäischen Union halt. (Bundesrat Stögmüller: Die Redezeit ist schon vorbei!) Das Klima ist global zu sehen, und man muss schon aufpassen, dass man auch im wirtschaftlichen Wettbewerb bestehen kann.

Daher: Energieeffizienz, Umweltschutz et cetera sind gut, aber schon mit dem richtigen Augenmaß. Das Kind mit dem Bade auszuschütten, wird uns da nicht weiterhelfen. (Bundesrat Weber: Also nichts tun! – Bundesrätin Gruber-Pruner: Aber die Kinder selbst!) Wenn wir wollen, dass unsere Bürger auch weiterhin in Wohlstand leben, werden wir wettbewerbsfähig bleiben müssen. Daher ein Nein zu allen über­schießen­den Reformen und Regulierungen. Dann, glaube ich, hat Europa weiterhin eine gute Zukunft. (Beifall bei der FPÖ.)

9.38

Präsident Ingo Appé: Für eine erste Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Europäische Union, Kunst, Kultur und Medien. Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit sollte 10 Minuten nicht überschreiten.