10.12

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Blümel! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir erleben gerade eine innenpolitisch herausfordernde Zeit – um das jetzt einmal halbwegs emotionslos zu benennen –, und genau jetzt, in dieser ange­spannten politischen Situation, müssen wir Bundesrätinnen und Bundesräte sehr wohl auch besonnen mit den Beschlüssen des Nationalrates umgehen und unserer ur­sprünglichen Aufgabe als Ländervertreter, als Bundesländerkammer gewissenhaft nachkommen: nämlich für politische Stabilität zu sorgen.

Jetzt können wir zeigen, warum ein Bundesrat als zweites Gesetzgebungsorgan so wichtig ist, denn gerade die Bundesländer sind ein Garant für eine stabile politische Situation innerhalb Österreichs. Wir haben heute viele Beschlüsse des Nationalrates auf der Tagesordnung, die weitreichende Auswirkungen haben, die politische Führung brauchen, und es werden in den nächsten Monaten auch Entscheidungen gefällt werden müssen, die politisch legitimiert sein müssen. Mit einer Übergangsregierung, wie wir sie jetzt haben werden, sind solche Entscheidungen nicht legitimiert und werden sehr wahrscheinlich ohne politische Konsequenzen bleiben.

Ganz besonders mache ich auch auf die Worte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen aufmerksam, der in der Debatte um den Misstrauensantrag gegen die Bun­desregierung gesagt hat, dass er in der aktuellen politischen Situation davon ausgeht, dass auch die Parlamentarierinnen und Parlamentarier – so wie wir es auch im Bundesrat sind – besonders mit ihrer Verantwortung umgehen werden, dieser gerecht werden und nicht etwa Gesetze mit großer Reichweite beschließen werden. (Bundes­rätin Mühlwerth: Es ist ja schon beschlossen!) – Nein, es ist nicht beschlossen! Meine lieben Kollegen von der ÖVP und von der FPÖ, lernen Sie Verfassung! Wir sind die zweite Kammer, die erste Kammer hat es beschlossen, wir als Bundesrat sind die zweite Kammer, und es ist noch lange nichts beschlossen. (Zwischenruf des Bun­desrates Brunner.) Ich glaube, da müssen wir schon ein bisschen aufpassen, denn was der Nationalrat beschließt, müssen wir noch lange nicht beschließen. (Bundesrat Steiner: Es ist ein guter Beschluss!)

Ich finde, es ist ein ganz schlechtes Zeichen, wenn wir heute nach dieser Staats­mana­gementkrise in einer Übergangsregierung derartige Gesetze beschließen. Wir wissen heute noch nicht einmal, wer in Zukunft überhaupt in dieser Übergangsregierung sein wird, wer in dieser Regierung die Entscheidung fällen wird, und es sind erst zwei Tage vergangen, seit der Nationalrat Sebastian Kurz und der jetzigen Bundesregierung das Vertrauen entzogen hat. (Bundesrat Brunner: Was ist da anders?)

Werte Kolleginnen und Kollegen, von grüner Seite werden wir heute Geschäfts­ord­nungsanträge einbringen, um die weitreichenden und kritischen Gesetzesbeschlüsse zumindest auf die nächste Bundesratssitzung zu verschieben, bis auch eine vom Bun­despräsidenten neu legitimierte Bundesregierung im Amt ist und wir wissen, wer über­haupt Innenminister ist. (Bundesrat Brunner: Das ist auch legitimiert!) – Eine neu legi­timierte Bundesregierung, Herr Kollege; noch einmal: eine neu legitimierte und auch längerfristige! Die derzeitige ist nur, und das wissen Sie, kurzfristig angelobt worden. (Bundesrat Brunner: Du musst Verfassung lernen!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir werden heute Absetzungsanträge einbringen, Anträge auf Absetzung von der Tagesordnung gemäß § 41 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates.

Das betrifft folgende Anträge:

das Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unter­stützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BBU-Errichtungsgesetz – BBU-G),

das Schulunterrichtsgesetz,

das Gesetz zur Einrichtung eines Institutes des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen und zur Eingliederung des Bundesinstitutes für Bildungs­forschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens,

das Gesetz zur Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes und des Landes­vertragslehrpersonengesetzes 1966,

und abschließend (Bundesrat Steiner: Das sind alles gute Gesetze!) das Wein­ge­setz 2009.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, gerade der Bundesrat müsste jetzt für Stabilität und Klarheit im Land sorgen und wahltaktische Beschlüsse vonseiten des Nationalrates dementsprechend absetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic. – Zwischenruf des Bundesrates Krusche.)

10.16