12.30

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen zu Hause! Ich könnte es mir jetzt leicht machen und einmal polemisch sagen, je lauter Kollegin Dziedzic gegen eine Gesetzesvorlage agiert, desto besser muss sie eigentlich sein. Darauf werde ich aber verzichten. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesrätin Dziedzic.)

Es ist in dieser Debatte schon einiges Bedenkliches zutage getreten, nämlich massive Zweifel an der Funktionsfähigkeit der österreichischen Verfassung. Das wurde speziell von den fraktionslosen Kollegen in einer despektierlichen Art und Weise gemacht, indem vorher Herr Minister Blümel überhaupt nur als Blümel angesprochen wurde, der jetzige Innenminister als Interimsminister (Rufe bei der SPÖ: Ist er ja!), und so hat sich das durchgezogen.

Es gibt diesen Begriff nicht. Es gibt einen Minister oder keinen Minister, und die österreichische Verfassung stellt sicher (Bundesrat Weber: Dieses Problem möchte ich haben ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn – Ruf bei der FPÖ: Du hast größere Probleme!), dass wir immer eine Regierung mit Ministern haben und eben nicht der Staatsnotstand ausbricht, sondern sehr wohl alles in geregelten Bahnen weitergeht. Zur Argumentation, die gebracht wurde: Wir wissen ja noch nicht, was die neue Re­gierung macht, deswegen dürfen wir diesem Gesetzesbeschluss, den der Nationalrat noch vor der Regierungsumbildung gefasst hat, nicht zustimmen!, würde ich vor­schlagen: Wir setzen gleich alle Gesetze außer Kraft, die die letzte Bundesregierung in den eineinhalb Jahren erlassen und beschlossen hat, denn wir wissen ja nicht, ob die neue das auch machen will. (Heiterkeit, Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Pisec.)

Also hier ist an Logik noch einiges aufzuholen. Ich weiß schon, dass euch das am liebsten wäre, aber das wird es halt nicht spielen, und so ist es auch nicht logisch. Das Argument von Kollegen Weber, wir können diese Behörde, diese Agentur nicht schaffen, weil wir noch nicht wissen, wer ihr vorstehen wird, wer der Geschäftsführer sein wird, ist auch ein sehr seltsames Argument, denn jede Institution wird zuerst ein­mal gegründet, und dann schaut man, wer sie führen soll, und nicht umgekehrt.

Besonders verwundert hat mich der Sinneswandel bei der SPÖ. Ihr seid es ja, die immer fordern: mehr Staat, weniger privat. Jetzt hat das diese Bundesregierung in einem Bereich gemacht, jetzt passt es euch auf einmal nicht. (Anhaltende Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Das ist also ein ganz eigenartiger Zugang. Wie es euch gerade in den Kram passt, so dreht ihr die Argumente, aber diese Argumentationen sind halt dann nicht glaubwürdig.

Tatsache ist natürlich, dass jene am lautesten gegen diese Gesetzesvorlage argu­mentiert und gekämpft haben, die selbst davon betroffen sind. Das sind also die NGOs, Diakonie, Caritas und so weiter. Das ist ja teilweise verständlich, weil es ihre Geschäfte betrifft, es wird ihnen ein gewisser Geschäftszweig entzogen. Wie gesagt, das ist noch verständlich, aber deswegen nicht unbedingt ernst zu nehmen.

Das Zweite, was mir auffällt, ist, dass es genau diese Organisationen waren, die im Jahr 2015 am lautesten die Welcome-Kultur propagiert haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Das halte ich nicht mehr für verständlich, sondern eher für gefährlich, muss ich ganz ehrlich sagen, denn die Objektivität, die hier immer einge­fordert wird, scheint gerade von jenen nicht gewährleistet zu sein, die am lautesten diese Welcome-Politik und diese Wir-schaffen-das-Politik propagiert haben.

Was erwarte ich mir als Objektivität in einer Rechtsberatung? – Ich erwarte mir auch, dass man ehrlich aufgeklärt wird, ob man eine Chance hat. Wie schätzt das ein Rechtsanwalt ein, wenn ich heute zu einer Rechtsberatung gehe und beispielsweise einen Streit mit meinem Nachbarn anzetteln will? – Er wird sagen: Passen Sie auf, da haben wir kaum Chancen. Wenn Sie wollen, können wir die Klage machen, aber ich sage Ihnen, die Chancen sind gering. – Dann werde ich es bleiben lassen, weil ich das Kostenrisiko selbst zu tragen habe.

Das ist in dem Fall aber nicht so. Derjenige, der hier sämtliche Instanzen in Anspruch nimmt, hat kein eigenes Kostenrisiko zu tragen. Damit entstehen natürlich enorme Folgekosten. Durch diese Verfahrensverschleppungen über alle Instanzen – es wurde ja bereits einmal erwähnt – entstehen sehr hohe Kosten, und es geht ja auch darum, diese Kosten in aussichtslosen Fällen zu vermeiden.

Da sind es ebenfalls wieder jene Organisationen, jene NGOs, die dann, wenn sie ein aussichtsloses Verfahren über Jahre verschleppt haben, am lautesten schreien und sagen: Um Gottes willen, der arme Mensch, der ist ja schon so gut integriert, dem muss man jetzt unbedingt ein humanitäres Bleiberecht geben! – Dasselbe Spiel hat man in der Lehrlingsdiskussion gesehen. Über 70 Prozent jener Asylsuchenden, die eine Lehre begonnen hatten, hatten bereits einen negativen erstinstanzlichen Be­scheid. Schauen wir einmal, dass jene, die schon Asylrecht in Österreich haben (Bun­desrätin Schumann: Ja, das werden wir machen!), eine Lehre beginnen! Hier also schließt sich der Kreis dieser NGOs, und deswegen bin ich sehr froh, dass die Rechts­beratung jetzt in objektive, in staatliche Hände gegeben wird.

Von Kollegin Hahn wurde die Rechtsstaatlichkeit ganz massiv in Zweifel gezogen. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Hahn.) – Sie haben diese Rede offensichtlich vorbe­reitet, natürlich noch nicht im Wissen, wer heute hier als Minister sitzt, und sind da irgendwie an den Falschen geraten, weil er sich gerade in diesen Dingen besonders gut auskennt.

Ein letztes Argument noch, das immer gebracht wird, ist jenes, dass wir jetzt ein Präjudiz schaffen und so weiter. Bitte, dieses Gesetz wird ja erst mit Ende 2020, also erst ab 2021, rechtswirksam. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es gibt noch genügend Zeit, eine solide Vorbereitung für die Umsetzung dieses Gesetzes zu machen. (Bundesrat Schennach: Nur der Minister sollte hier die Diffamierung von Caritas und Diakonie ...! Das ist erbärmlich!) Was ich gar nicht verstanden habe, war das Argument, dass die Rechtsberatung nicht demokratisch sei. Eine Rechtsberatung braucht nicht demokratisch zu sein. Sie soll objektiv, umfassend und kostenschonend stattfinden. Gott sei Dank werden wir heute dieses Gesetz, das die letzte Bundes­regierung noch auf den Weg gebracht hat, auf Schiene bringen und damit in die richtige Richtung fahren. (Beifall bei der FPÖ.)

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