15.36

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann, betraut mit der Fortführung der Verwaltung im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich wollte die eine Sache nochmals aufgreifen, Frau Berger-Grabner, nämlich die etwas kompaktere Darstellung. Es sind 900 Seiten, dieser Bericht ist etliche Kilogramm schwer. Ich glaube, man sollte tatsächlich überlegen, wie man Datensätze vielleicht eher ins Internet stellen und auch Texte mit Executive Summaries ausstatten kann, sodass man auf einen rascheren Blick sieht, um was es eigentlich geht und was notwendig ist.

Die Herausgeber haben das im Rahmen der Pressekonferenz getan. Sie haben drei ganz wesentliche Dinge hervorgestrichen. Sie haben von der Bedeutung der Erst­sprache für den Schulerfolg gesprochen und haben auch gesagt, wir müssen un­zweifelhaft etwas im Bereich der Sprachförderung tun. Ich bin daher auch froh, dass wir dieses System von Deutschförderklassen und Deutschförderkursen eingerichtet haben.

Sie sagen auch, dass sich die geschlechtsspezifische Differenzierung im Schulsystem unglaublich stark durchgesetzt hat und noch immer vorhanden ist. Burschen gehen dann in die HTLs, Mädchen verbleiben vielleicht in den AHS oder gehen eher in soziale Ausbildungswege hinein. Damit sind leider auch immer ganz unterschiedliche Ein­kommensniveaus verbunden. Sie streichen auch hervor – das ist das dritte sehr Posi­tive; das hat auch eine Vorrednerin hervorgestrichen –, dass die Schnittstelle zwischen der dualen Ausbildung und dem Arbeitsmarkt in Österreich ganz hervor­ragend funk­tioniert.

Da das meine letzte Sitzung hier im Bundesrat ist, wollte ich mich für die immer freundliche Aufnahme und ebenso für die ertragreichen Diskussionen bedanken, die ich hier erlebt habe. Die Idee des Arbeitsparlaments, bei dem Menschen mit einem unterschiedlichen sozialen und politischen Hintergrund zusammenkommen und offen über Probleme sprechen – ich muss Ihnen dieses Kompliment machen –, habe ich eigentlich im Bundesrat am ehesten realisiert gesehen. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Da gibt es unzweifelhaft noch Verbesserungsbedarf in der Diktion, aber ich habe es hier noch am besten realisiert gesehen. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und SPÖ.)

Von den Ausschüssen habe ich eigentlich erwartet, dass dort eine inhaltliche Diskus­sion sowie die inhaltliche Weiterentwicklung bestimmter Ideen stattfindet. Wenn wir aber Diskussionen begonnen haben und 10 Minuten nach Aufruf eines Tagesord­nungspunktes die ersten OTS-Aussendungen über das Handy hinausgeschickt worden sind, dann war es für mich relativ klar, da kann man nicht diese vertrauensvolle Dis­kussion abführen, die notwendig ist, wenn man versucht, zu etwas Neuem zu gelan­gen, denn wenn man versucht, zu etwas Neuem zu gelangen, muss auch ab und zu ein Fehler erlaubt sein. Wenn das aber alles sofort dokumentiert wird, dann ist das schwierig.

Ich glaube, der österreichische Parlamentarismus wäre - - (Ruf bei der SPÖ: In unseren Ausschuss kommen ...!) – Wahrscheinlich. Ich glaube, der österreichische Parlamentarismus wäre gut beraten, wenn er entsprechende Formate findet, bei denen dieses vertrauensvolle, kooperative Zusammentreffen funktionieren kann. Da ist, glaube ich, mit Sicherheit noch Verbesserungsbedarf. 

Max Weber hat 1919 einen ganz berühmten Vortrag gehalten: Politik als Beruf. Er hat darin zwei ganz wesentliche Dinge betont: die Gesinnungsethik auf der einen Seite und die Verantwortungsethik auf der anderen Seite. Er hat für einen guten Politiker einge­mahnt, nicht immer nur an die Gesinnungsethik zu denken, also an den kurzfristigen Augenblick, sondern auch die Verantwortung für bestimmte Entscheidungen länger­fristiger Natur mit in die Überlegungen hineinzunehmen. Ich sage das deswegen, weil vieles in der vergangenen Woche in die Richtung gegangen ist, dass Gesinnungsethik und Verantwortungsethik deutlich auseinandergedriftet sind.

Machen Sie das Beste daraus! Rufen wir die politische Bildung in den Schulen tat­sächlich wieder verstärkt auf, damit das, was die Politik, glaube ich, in den vergan­genen Wochen so an Bildern hinterlassen hat, sich bei unserer Jugend nicht verfestigt, denn die Politikverdrossenheit, die sich jetzt möglicherweise abzeichnet, ist eine vehemente! Demokratie lebt vom Engagement, und deswegen muss man am Enga­gement weiterhin arbeiten. (Bundesrat Schennach: Gestern haben wir die Jugend am Heldenplatz gesehen!)

Ich bedanke mich für die Diskussionen, und ich freue mich, Sie in der einen oder anderen Weise wiedersehen zu dürfen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

15.41