13.00

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich diese ökonomischen – unter Anführungszeichen – „Ausflüsse“ von SPÖ und Grünen vielleicht vereinfacht zusammenfasse, dann heißt das nichts anderes als: Alle Macht geht vom Staat aus (Ruf bei der SPÖ: Nein, vom Volk!), von den selbsternannten Eliten, vom Establishment; keine Macht beim Bürger, keine Rechte beim Bürger.

Was wollen Sie errichten? Was ist der Hintergrund? Ich bin jetzt seit zehn Jahren im Bundesrat und ich glaube kaum, dass ich von den Grünen und von der SPÖ zum Thema Wirtschaft jemals etwas wirklich Essenzielles gehört habe. Sie haben vollkom­men andere Interessen. Das steht Ihnen frei und ist wahrscheinlich für Sie und Ihre Klientelpolitik in Ordnung, aber mit Wirtschaft hat das wenig zu tun.

Sie wollen ein Patrimonialsystem errichten, Abhängigkeiten und Förderungsstrukturen schaffen, damit Sie diese als Investition verkaufen können. Das ist doch der wahre Hintergrund. Das Geld wird ja nicht mehr. Wenn ich Schulden aufnehme, verlagere ich ja diese Schulden in die Zukunft (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl), denn einmal müssen sie ja zurückgezahlt werden. Oder haben Sie vielleicht vor, das Geld zu inflationieren, sodass die Kredite nichts mehr wert sind? Nur: Dann wird auch das Vermögen nichts mehr wert sein, dann wird auch das Vermögen enteignet. (Neuer­licher Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.) Oder noch schlimmer: Haben Sie die Intention, das nicht mehr zurückzahlen? (Rufe bei der SPÖ: Aber geh!) Das geht aber dann schon in Richtung Betrug, würde ich sagen.

Die Schuldenbremse als etwas Wirtschaftsfeindliches zu bezeichnen, ist also art­fremd – um es einmal vereinfacht auszudrücken. (Bundesrätin Schumann: Artfremd!)

Modell für diese Schuldenbremse ist Deutschland. Das steht in den Erläuterungen, aber Deutschland hat das wiederum von der Schweiz abgeschaut. Warum die Schweiz ein um zwei Drittel höheres Volkseinkommen als wir und damit auch um zwei Drittel mehr Steuereinnahmen hat, liegt auf der Hand, aber darauf möchte ich jetzt nicht zurückkommen.

Deutschland ist für Österreich jedenfalls der größte und wichtigste Außenhan­dels­partner. Daher sollte man sich da, wie es auch richtig in den Erläuterungen angeführt ist, ein bisschen an Deutschland orientieren. Dort gibt es keine Diskussion darüber, ob diese Schuldenbremse aufgebrochen werden soll (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl) – außer vielleicht von der linken bis extrem linken Seite, die den Grünen ja so gefällt. Nein, dort gibt es die Diskussion darüber, ob das nicht durch Steuer­senkungen wieder zurückgezahlt werden soll.

Wie schaut das deutsche Budget aus? – Die haben im ersten Halbjahr 2019 bereits 45 Milliarden Euro Überschuss erzielt. Wenn man das aufs ganze Jahr rechnet, dann kommen die heuer, 2019, auf 90 Milliarden Euro. Mit dem Zehnerfaktor wären das in Österreich 9 Milliarden Euro gewesen. Sie haben Überschüsse erwähnt, sehr geehrter Herr Finanzminister. Meine Gratulation dazu, dass Sie ein Nullbudget mit vielleicht 100 oder 200 Millionen Euro an Überschüssen geschafft haben; aber das ist ja nicht die Essenz. Die Essenz ist, von dieser Schuldenpolitik endlich runterzukommen, weil sie der völlig falsche Ansatz ist und die Menschen nicht nur entmündigt, sondern durch die viel zu hohen Steuern auch enteignet. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Eine Schuldenbremse ist nichts anderes als ein wirtschaftspolitisches Steuerungs­ele­ment und beruht eigentlich auf gewissen Grundsätzen (Zwischenruf der Bundesrätin Ernst-Dziedzic) – die kann man natürlich leugnen, aber die sind gang und gäbe, die sind empirisch überprüft –, nämlich: Je höher das Wirtschaftswachstum, desto höher die Steuereinnahmen; je höher die Schulden, desto höher die Abhängigkeit vom inter­nationalen Kapitalmarkt, der gerade von der linken Seite immer so angegriffen wird.

Haben Sie sich schon einmal damit auseinandergesetzt, wie die Schulden in Öster­reich finanziert werden, wohin diese 6 bis 7 Milliarden Euro an Zinsen jährlich fließen? Mindestens 80 Prozent dieses Geldes fließt ins Ausland zu den großen Fonds, zu den ganzen Hedgefonds, zu diesen ganzen Heuschrecken, wie Sie sie nennen. Die werden dadurch gefördert, denn die finanzieren ja diesen Schuldenstaat. Das heißt, dieser internationale Kapitalmarkt wird dadurch befeuert.

Weiters, und das ist das Interessante: Je höher die Schulden, desto geringer das Wirt­schaftswachstum, desto geringer die Steuereinnahmen. Ist Griechenland euer Modell? Unser freiheitliches Modell ist es definitiv nicht. 230 Milliarden Euro haben die von der Europäischen Union an Cash erhalten, von Österreich etwa 8 Milliarden Euro, damit sie am Leben erhalten, am Tropf gehalten werden können.

Das zweite Land – das Damoklesschwert hängt darüber – ist Italien, nämlich mit einer Staatsschuldenquote von 134 Prozent. Das dritte ist Portugal, auch sozialistisch regiert. Es folgt Spanien, das wird interessant. (Zwischenruf des Bundesrates Beer.) Dann kommt noch das Vereinigte Königreich, das ist aber hausgemacht; und dann ist schon Österreich da.

19 Länder stehen also bei der Staatsverschuldung besser da als wir, acht noch schlechter als wir. Wir sind also wieder im obersten Drittel. Wir sind bei der Staats­verschuldung im obersten Drittel, wir sind bei der Steuerquote im obersten Drittel, wir sind bei der Abgabequote im obersten Drittel. Auch bei der Abwanderung der Leistungsträger sind wir im oberen Drittel, das darf man auch nicht vergessen, denn es gibt viele, die sich das in der heutigen internationalen Welt einfach nicht mehr gefallen lassen. (Bundesrat Schennach: ... bleiben Sie, oder?)

Jeder Staatsbürger hat ein Schuldenpaket von 38 000 Euro, jeder Erwerbstätige eines von 65 000 Euro. – Das ist das Modell von SPÖ und Grünen. Wir von der FPÖ sagen dazu: Nein, danke! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr Argument, Frau Kollegin Schumann (Bundesrat Schennach: Wir haben’s verstan­den!), ist: Es werden Investitionen getätigt, Sie werden das Geld verantwortungsvoll verwenden. Schauen wir uns doch einmal Wien an, wo Rot-Grün seit zehn Jahren re­giert und agiert! (Ruf bei der SPÖ: Bist du ein Wiener?) Seit 2008 sind die Schulden von 2 Milliarden Euro auf 7,5 Milliarden Euro gestiegen, haben sich also praktisch vervierfacht. Was ist der Grund? Schlampigkeit? Bequemlichkeit? Ich möchte nicht sagen: Faulheit? Verantwortungslosigkeit im Umgang mit den Steuergeldern? Ergeb­nis: Krankenhaus Nord – ein Fiasko, ein Desaster für die Steuerzahler! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch Skylink ist – das muss ich Ihnen als Vielflieger sagen – eine Katastrophe! (Ruf: So ist es!) Schulden bis über die Ohren, nicht einmal bequem für die Passagiere! (Bundesrätin Grimling: Wiener! – Bundesrat Schennach: Ja, ja, passt schon! – Bun­desrätin Mühlwerth: Das hört ihr nicht so gern!) Dass die SPÖ sich am meisten auf­regt, ist klar, denn das Gewissen trägt immer am schwersten.

Nein, wir wollen das nicht. Das Beispiel Wien zeigt, um die Infrastruktur anzusprechen, dass ihr trotz U-Bahn-Steuer, die von den Unternehmern und Arbeitnehmern entrichtet wird, den U-Bahn-Bau nicht voranbringt. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dabei wäre das wirklich eine zukunftsträchtige Infrastruktur; das wird leider, leider nicht gemacht.

Das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben gibt es wirklich, da haben Sie schon recht. Man kann Schulden machen, aber dann muss der Multiplikatoreffekt immer höher sein als die Verschuldung. Das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben gibt es. Das hat Adolph Wagner vor 140 Jahren gesagt. (Bundesrat Steiner: Das verstehen die Sozialisten nicht!) Dafür ist er bekannt und berühmt geworden. Dieses war ungefähr bis zur ersten Ölkrise gültig, ungefähr bis Bruno Kreisky gekommen ist und sein System hier errichtet hat. Dann wurde nämlich die Schuldenmacherei höher als dieser Multiplikatoreffekt, was Auswirkungen bis in die vergangenen Jahre hatte.

Deswegen sind ja die Schulden so angestiegen. Bruno Kreisky hat angefangen mit 30 Prozent, Klaus hat aufgehört mit 14 Prozent. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bun­desrat Steiner: Zuhören!) Der Spitzensatz liegt heute beziehungsweise lag in Öster­reich bei fast 90 Prozent. Daher sind die exogenen, das heißt, die nutzbringenden Faktoren, einfach nicht mehr vorhanden, die existieren nicht mehr. Das heißt: Inves­titionsbremse, Förderung der Wirtschaft – definitiv nein zum Modell der SPÖ, das ist hinten und vorn widerlegt, wie ich hier kurz anführen durfte und konnte. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Zusammengefasst und beendend: Investitionen nicht exogen fördern! Investitionen endogen fördern, vom eigenen Ergebnis mit der eigenen Kraft! Da zählt jeder dazu, jeder hat eine eigene Wirtschaftskraft, das heißt: mehr persönlich verfügbares Ein­kom­men. (Bundesrat Steiner: Das versteht ihr nicht! – Ruf bei der SPÖ: Erklär’s! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deutschland zeigt es vor, nämlich mit diesem Überschuss von 90 Milliarden Euro. Meine Achtung gilt der Finanzpolitik der Deutschen. Die wollen das mit Steuersen­kun­gen der Bevölkerung zurückgeben, und das wollen wir hier in Österreich auch leisten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

13.08

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Ingo Appé zu Wort. Ich erteile es ihm.