14.14

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Bundesregierung! – Diesmal hier zum ersten Mal auch mit grünen MinisterInnen, das freut mich besonders. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, was, glauben Sie, werden Sie Ihre Enkel einst fragen: Wie viel Sie verdient haben, ob Sie Straßen gebaut haben? Oder werden sie etwas ganz anderes fragen? Werden sie fragen: Oma, Opa, was hast du gegen die Klimaerhitzung getan? Du hast doch gewusst, was Sache ist! Alle haben es gewusst, oder? Also sag: Was hast du getan?! (Bundesrat Steiner: Sehr theatralisch!) Ich bin überzeugt, diese Frage werden sogar oder ganz besonders die Enkel jener stellen, die entgegen jedem erdrückenden wissenschaftlichen Beweis das ganze Thema als Verschwörung abtun oder gar lächerlich machen.

Die Klimafrage werden die EnkelInnen deswegen stellen, weil sie eine Überlebens­frage ist, vielleicht die Überlebensfrage schlechthin, und es ist vor allem das Thema, das wie kein anderes die Zukunftschancen junger Leute definiert und definieren wird. Deshalb ist das Thema Klimaschutz entsprechend stark im Regierungsübereinkommen abgebildet, und das war höchst an der Zeit, denn die Klimapolitik der bisherigen Regierungen hat leider weitgehend versagt. Damit ist jetzt Schluss. Mit dem Klimapaket in diesem Regierungsprogramm wird Österreich vom Nachzügler zum Vorreiter – und nicht weniger ist unser Ziel. (Bundesrat Steiner: Wir retten die Welt! – Bundesrat Rösch: Warum habt ihr es nicht hineingeschrieben?)

Im Gegensatz zu den Zwischenrufern ist sehr vielen Österreichern und Öster­reicherin­nen bewusst, wie wichtig Klimaschutz ist. Das dokumentiert die aktuelle Neujahrsum­frage des Market Instituts. Klimaschutz, zeigt sich darin, ist zum wichtigsten Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger avanciert.

Im Regierungsprogramm ist ein europaweit einzigartiges Ziel verankert worden, näm­lich bis 2040, also in 20 Jahren, klimaneutral zu sein. Das ist ein Meilenstein – das ist natürlich auch eine Herausforderung –, und es entspricht, das ist wissenschaftlich belegt, genau jenem CO2-Budget, das wir eigentlich noch haben, von dem die Klima­wissenschaft aufzeigt, dass wir es quasi noch zur Verfügung haben, um eine Tempe­raturerhöhung von 1,5 Grad weltweit noch einhalten zu können – was im Übrigen sehr wichtig ist, um nicht nur hier, sondern auf dem ganzen Planeten lebenswerte Lebens­bedingungen vorzufinden. Damit ist Klimaschutz übrigens ein großes Solidaritäts­pro­jekt, denn ohne konsequenten Klimaschutz werden viele Staaten um ihre Chancen beraubt werden. Das wird nur gelingen, wenn alle ihre Hausaufgaben machen, zual­lererst nämlich die Staaten, die alle Möglichkeiten in der Hand haben, wie wir zum Beispiel.

Im Regierungsprogramm sind zahlreiche Maßnahmen umfangreich formuliert, viele davon also bereits sehr, sehr detailliert. Nur ein paar Highlights daraus: Wir brauchen natürlich einen verbindlichen Rahmen für Klimaschutz für die nächsten zehn, 20 Jahre. Dieser wird mit einem Klimaschutzgesetz geschaffen werden, mit ganz konkreten ver­bindlichen Zielsetzungen, Sektorverpflichtungen und klaren zeitlichen Pfaden. Ein obli­gater Klimacheck wird alle Gesetze und Verordnungen auf Klimaverträglichkeit prü­fen – wenn nein, dann zurück, dann muss es überarbeitet werden.

Es wird ein Klimakabinett installiert werden, einfach deswegen, weil es eine gemein­same Verantwortung ist. Kein Ressort darf sich davon verabschieden. Es wird ein höchst ambitioniertes Ausbauprogramm für Ökostrom geben: Fotovoltaik, Wind, Was­ser, Biomasse. Die jährlichen Kontingente werden ein Ende haben, es wird kontinuier­lich ausgebaut werden, man wird zuverlässig planen und bauen können. Bis zu 1 Milliarde Euro pro Jahr wird allein dafür zur Verfügung stehen. (Bundesrat Steiner: Schauen wir einmal! Der Finanzminister ...!) – Ja, das steht im Programm so drinnen, mit 1 Milliarde Euro sogar.

Sonne rein, Öl raus – 2035 wird es in Österreich keine Ölheizung mehr geben, dafür aber Hunderttausende Systeme auf Basis von Sonnenenergie, Fernwärme. (Bundesrat Steiner: Was machen wir mit den Pensionisten, die sich das nicht leisten können?)

Es wird eine neue Mobilitätspolitik geben, ein neues Mobilitätsverständnis mit einem ganz klaren Fokus auf den öffentlichen Verkehr, auf das Radfahren, auf die Fußgän­gerInnen – manche lachen darüber, aber genau das sind die schwächsten Verkehrs­teilnehmerInnen, auf die zu schauen ist, und laut Statistiken werden übrigens die häu­figsten Wege zu Fuß zurückgelegt.

Das Ziel ist natürlich, Alternativen zum Auto systematisch auszubauen, inklusive einer Mobilitätsgarantie. Das ist auch ein großer Meilenstein im Programm. Jeder Ort in Österreich soll – das ist für große Orte, für Städte kein Problem, aber für viele Orte sehr wohl – innerhalb einer Legislaturperiode in einem Stundentakt angeschlossen werden. Ein Schritt dazu ist auch das 1-2-3-Österreichticket: ganz Österreich um 3 Euro pro Tag – ein langgehegter Wunsch von uns Grünen.

Das Regierungsprogramm fokussiert sehr stark auf die Kreislaufwirtschaft, auf eine Strategie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung, die auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit abzielt. Dieses Programm bietet überhaupt riesige Chancen, auch für die Wirtschaft, und wird wahrscheinlich ein nie dagewesenes Investitionsprogramm mit sich bringen. Alleine im Ökostromausbau sind das Investitionen von über 2 Milliarden Euro pro Jahr.

Ein großer notwendiger Baustein ist natürlich eine ökosoziale Umsteuerung; diese wird in mehreren Etappen umgesetzt werden. Eine Reihe konkreter Maßnahmen wird bereits im nächsten Budget schlagend werden, und ein Jahr darauf wird dann mit einer wirksamen Bepreisung von CO2 der nächste Schritt gesetzt werden. Daran lassen wir keinen Zweifel, mit Sicherheit nicht, das ist auch klar genug verankert.

Unerlässlich ist natürlich – wir sind ja im Bundesrat – eine gute Kooperation mit den Bundesländern und mit den Gemeinden. Da sind sehr viele Kompetenzen verankert, man denke an die Raumplanung oder das Thema Raumwärme, Gebäude. Ich hoffe, dass uns da ein besseres Miteinander als in den letzten Jahren gelingt.

Etwas sehr Wichtiges, ein zentrales Anliegen, praktisch eine genetische grüne Kon­stante in der Klimaschutzarbeit ist die Verbindung mit sozialer Gerechtigkeit und mit Freiheit. So eine Mammutaufgabe – in 20 Jahren klimaneutral zu sein –, die keinen Stein auf dem anderen lassen wird, kann man nur bewältigen, wenn man niemanden zurücklässt und das auch wirklich ernst nimmt. Es geht auch um Freiheit, denn wenn man auch in Zukunft maximale Entscheidungsräume aufrechterhalten will – und das wollen wir –, dann muss man jetzt klar und entschieden handeln, denn wenn man das nicht tut, werden die Räume irgendwann zu eng werden; also ist entschiedener Klima­schutz auch ein Garant für freie Lebensentwürfe der heute jungen Menschen.

Genau diesen gilt noch einmal ein Dank. Wir möchten vor allem den vielen Tausenden jungen Leuten, die für den Klimaschutz, die für ihre Zukunft auf die Straßen gehen, in die Augen schauen können.

Zum Abschluss: Natürlich braucht Klimaschutz die Unterstützung aller – aller Men­schen, aller Institutionen, aller Unternehmen und natürlich aller Parteien, auch hier im Bundesrat. Wir hoffen und bauen natürlich sehr auf ein konstruktives Mittun. Es geht ja nicht darum, den Grünen einen Gefallen zu tun. Es geht darum, die Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen zu sichern, und da baue ich sehr auf ein konstruk­tives Miteinander und ein Mittragen wichtiger Beschlüsse.

Wir werden jedenfalls hartnäckig, mutig und zuversichtlich drangehen und dran­blei­ben. Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Toi, toi, toi! – Bundesrat Gross – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Wir schaffen das!)

14.23

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte.