15.25

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Geschätzte Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Frau Kollegin, ich kann Sie beruhigen: Wir haben uns natürlich mit der Materie auseinan­dergesetzt. Es ist aber kein Geheimnis und wurde in den letzten Tagen auch mehrfach kommuniziert, dass wir die Bundesministeriengesetz-Novelle in einigen Punkten eben sehr kritisch sehen und deshalb auch ablehnen werden – und das müssen Sie uns schon auch zugestehen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ich hätte es halt probiert!)

Das Bundesministeriengesetz bildet die Ressortaufteilung und die Themenbündelung ab und spiegelt in Form der Ministerien, wie übrigens auch das zwischen ÖVP und den Grünen ausverhandelte Regierungsprogramm, die einseitige Machtkonzentration wider. Bei dieser Betrachtung sehen die Grünen bei der Ministerienaufteilung nicht gut aus, die ÖVP ist die große Gewinnerin. An dieser Stelle lasse ich oder lassen wir die Rechtfertigung der Grünen, man sei ja als Juniorpartner mit rund 14 Prozent nicht in der Lage gewesen, mehr zu erreichen, einfach nicht gelten. Es gibt nämlich Beispiele, die das Gegenteil zeigen. Schauen wir zum Beispiel nach Deutschland: Im Jahr 2009 hat die FDP, übrigens auch mit rund 14 Prozent, viel, viel besser verhandelt und auch weit mehr erreicht.

Jetzt nenne ich einen der Hauptgründe dafür – es wurde schon erwähnt –, warum wir hier nicht mitstimmen können: Mit dem Verteidigungs- und dem Innenministerium samt ihren Geheimdiensten ist das gesamte Sicherheitswesen in ÖVP-Händen. Dazu kommt dann auch noch der ÖVP-Bundeskanzler. Es fehlt uns da ganz einfach an Kontroll­mechanismen. Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, erkennt man, dass es das in der Zweiten Republik noch nicht sehr oft gegeben hat, meines Wissens zuletzt unter Kanzler Schüssel in den 2000er-Jahren.

An diesem Umstand ändert sich auch nichts, wenn man argumentiert, dass das Innen- und das Verteidigungsministerium in der schwarz-blauen Regierung auch bei einer Partei, nämlich bei der FPÖ, waren. Da gab es, das ist der große Unterschied, zumindest eine Staatssekretärin von der ÖVP. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na schau!) Zu diesem Kritikpunkt ist aber letztendlich eines ganz klar zu sagen: Was unter Schwarz-Blau schlecht war (Ruf bei der FPÖ: Es war nicht schlecht!), wird jetzt unter Schwarz-Grün nicht besser und ist eben gleich schlecht.

Als SPÖ lehnen wir auch die Herauslösung der Arbeitsmarktagenden aus dem So­zialministerium ab. Damit wird das Sozialressort sozusagen filetartig beschnitten und abermals Macht an die ÖVP transferiert. Meine Damen und Herren, damit werden keine Zukunftsfragen, damit werden Machtfragen beantwortet.

Wenn wir schon bei der Macht sind: Völlig unverständlich ist – und das wurde heute noch nicht erwähnt –, dass die Generalsekretäre weiterhin in dieser Gesetzesmaterie verankert bleiben. Dass die Grünen das billigen, ist für uns wirklich sehr enttäuschend. In Wahrheit hebeln die Generalsekretäre nämlich zum Teil die politische Verantwortung der jeweiligen Ministerinnen und Minister aus, die sich ja bei ihrer Rechtfertigung hier im Parlament dann immer herstellen und sagen können: Bitte, das geht auf die Kappe des Generalsekretärs, das war nicht meine Entscheidung! – Wir wissen, die Gene­ralsekretäre stehen in der Weisungshierarchie ganz oben.

Obendrein wird damit auch noch ganz viel Geld verschleudert. Aus einer Beantwortung einer NEOS-Anfrage aus dem Jahr 2018 oder 2019 geht hervor, dass die General­sekretäre samt Mitarbeitern im Monat rund 246 000 Euro verschlingen. Das ist unglaublich viel Geld, das man woanders gut brauchen könnte. (Bundesrat Köck: Der Hoscher hat ja auch nicht mehr gekriegt!)

Noch eines: Wie rechtfertigen die Regierungsparteien die Zuweisung der Zivildienst­agenden an das Landwirtschaftsministerium, wenn man sich vergegenwärtigt, dass nur rund 1 Prozent der Zivildiener in der Landwirtschaft tätig sind? Wo ist hier der sachliche Zusammenhang oder die Plausibilität?

Die gegenständliche Bundesministeriengesetz-Novelle wirft noch zahlreiche Fragen auf. Aus den bereits genannten Gründen ist für uns aber klar, dass die SPÖ nicht zu­stimmen wird.

Das Machtstreben der ÖVP ist für mich und auch für andere nicht überraschend, dass die Grünen aber in zentralen Punkten und Themen de facto eine ÖVP-Alleinregierung zulassen und dabei eine oder mehrere rote – jetzt müsste man eigentlich sagen: grüne – Linien überschreiten, ist durchaus bedenklich. Alles, was der ÖVP wichtig ist, ist konkret formuliert. Die meisten Themen der Grünen sind unpräzise und vage vermerkt, meist unter der Anmerkung: ist zu prüfen.

Das Bundesministeriengesetz und das Regierungsprogramm sind entlarvend. Der koalitionsfreie Raum ist eine Einbahnstraße in Richtung ÖVP. Vieles davon wollen wir nicht. Dennoch freuen wir uns auf eine sachorientierte Auseinandersetzung und vor allem hier im Parlament auf einen Wettbewerb der besten Ideen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: So sachorientiert wie bei uns! – Bundesrat Steiner: Ja, wahrscheinlich!)

15.31

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.