15.31

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher hier im Hohen Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Nehmen, was uns zusteht! – Das ist ein Ausspruch, der uns eigentlich nicht aus den Reihen der ÖVP bekannt ist, der aber anscheinend in den Mittelpunkt dieser Regierungsverhandlungen gerückt sein dürfte. Wir sind aber diese Abschreibereien von der ÖVP ja bereits gewohnt. Bereits unter der Regierung Kurz I oder besser gesagt bereits im Wahlkampf 2017 hat man begonnen, das freiheitliche Programm abzuschreiben, und hat es zum eigenen Wahl­kampfprogramm gemacht. (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen freut es mich heute umso mehr, wenn ich mir das Regierungsprogramm der schwarz-grünen Koalitionspartner anschaue, dass sich dort noch immer viele, viele freiheitliche Forderungen finden, dass man viele freiheitliche Forderungen übernom­men hat.

Bei den Regierungsverhandlungen zwischen Schwarz und Grün ist etwas passiert, da hat man nämlich genau diesen Slogan, den man eigentlich schon kennt: Nehmen, was uns zusteht!, in den Mittelpunkt gerückt. Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolle­gen von den Grünen, Verhandlungsgeschick ist eben auch, seinen Verhandlungs­part­ner so schnell über den Tisch zu ziehen, dass er die Reibungsenergie als Nestwärme empfinden kann! Ich glaube, das ist, wenn ich es mit den Worten von Werner Kogler – jetzt ist er gerade nicht hier – sagen darf, dieser türkisen Schnöseltruppe ganz gut gelungen. (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe Kollegen von den Grünen, ich kann euch aber beruhigen, diese sogenannte türkise Schnöseltruppe gibt es nicht mehr, es ist nämlich inzwischen etwas passiert. Die haben das sogenannte Niederösterreichsyndrom erlitten und sind dieser Krankheit auch erlegen. Das Türkis ist weg, das alte Schwarz ist wieder zurück, und ich glaube, das zeigt sich auch heute bei der Machtkonzentration in den sogenannten Schlüssel­ministerien: der Bundeskanzler von der ÖVP, der Finanzminister von der ÖVP, das Verteidigungsministerium bei der ÖVP, das Innenministerium bei der ÖVP.

Liebe Kollegen von den Grünen! Ihr habt beim Blick auf ein paar Posten in den Ministerien anscheinend alle Grundsätze über Bord geworfen, habt zugelassen, dass nahezu eine schwarze Alleinregierung zu finden ist, und habt mit diesem koalitions­freien Raum, den es gibt, diese Regierung noch dazu auf wackelige Beine gestellt. Ich glaube, wenn man mit dem einzigen Ziel in Koalitionsverhandlungen geht, eine schwarz-blaue Bundesregierung zu verhindern, steht man recht schnell in der Unterwäsche da. Ich glaube, genau das ist euch passiert, und als ihr in der Unter­wäsche dagestanden seid, hat die ÖVP gesagt: Jetzt gehen wir das Bundes­minis­teriengesetz an!, und bei dieser Novelle des Bundesministeriengesetzes hat man dann geschaut, wie weit man noch gehen kann.

Wenn ich mir anschaue, dass man jetzt in diesem Bundesministeriengesetz beginnt, Telekommunikation und Postdienste ins Landwirtschaftsministerium zu transferieren, frage ich mich: Was sind die Gründe dafür? Waren diese Post- und Telekommuni­kationsdienste nicht bei den Infrastrukturagenden sehr gut aufgehoben? Das Einzige, was das mit der Landwirtschaft zu tun hat, ist, dass ein paar Leitungen durch die Feldwege der Bauern führen, die dafür ja recht gut entlohnt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch dreister aber wird die ganze Bundesministeriengesetz-Novelle, wenn ich mir an­schaue, dass man sogar versucht, den Zivildienst ins Landwirtschaftsministerium zu transferieren. Die Argumentation, dass man den Zivildienst ins Landwirtschafts­minis­terium transferiert, ist, glaube ich, nicht ausreichend, wenn gerade etwas mehr als 1 Prozent der Wehrersatzdienstleistenden in landwirtschaftlichen Bereichen Dienst ver­sehen. Ich hätte alles eingesehen; den Zivildienst als Wehrersatzdienst in das Verteidi­gungsministerium zu verschieben, wäre noch einigermaßen logisch und nachvoll­zieh­bar gewesen, aber den Zivildienst ins Landwirtschaftsministerium?! Wenn ihr glaubt, dass er dort richtig aufgehoben ist, sind wir wahrscheinlich anderer Meinung.

Liebe Regierungspartner, als Unteroffizier des österreichischen Bundesheers darf ich euch aber schon sagen: Ich bin ja wirklich froh, dass man nicht begonnen hat, den gesamten Wehrdienst oder vielleicht den gesamten Bereich der Landesverteidigung zum Landwirtschaftsministerium zu schieben. Ich glaube, bei euren Argumentationen wäre auch das möglich gewesen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Man muss schon sagen, die Soldaten des österreichischen Bundesheers benutzen für ihre Fort­bewegung ja schließlich und endlich auch Wälder, Feldwege und dergleichen. Ich glaube, euch wäre auch das gelungen. Als Unteroffizier des Bundesheers bin ich froh, dass das nicht passiert ist.

Unserer Meinung ist das Bundesministeriengesetz eine Verhöhnung des grünen Koali­tionspartners. (Bundesrat Schennach: Deshalb stimmt ihr auch zu!) Wir wollen dieser Bundesregierung aber auf keinen Fall im Wege stehen. Wir wollen, dass diese schwarz-grüne Koalition so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen und mit der Umsetzung des Regierungsprogramms beginnen kann.

Man darf auf diese Umsetzung des Regierungsprogramms auch wirklich gespannt sein – wenn ich mir die Umsetzung der Sicherungshaft anschaue, die Umsetzung der Überwachung des Whatsapp-Verkehrs, dieses sehr verteufelten Bundestrojaners, oder die Umsetzung der Rückkehrzentren, die unter Herbert Kickl noch Ausreisezentren geheißen haben. Man hat gar nicht schnell genug mit dem Abmontieren der Tafeln beginnen können, als das Regierungsende festgestanden ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der neuen Bundesregierung! Eines würde ich mir wirklich wünschen: Wenn ihr hingeht und das Taferl mit Rückreisezentrum montiert, würde ich gerne eure freudigen Gesichter sehen. Vielleicht ladet ihr mich dazu ein, das würde ich mir wirklich gerne anschauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle diese Punkte spiegeln ja die inneren Werte des grünen Koalitionspartners im Großen und Ganzen wider. Ich bin wirklich gespannt, wie ihr diesen Spagat zwischen euren Wählerinteressen und dem Regierungsprogramm zusammenbringen werdet.

Damit aber diese Regierung keine Ausrede hat und so rasch wie möglich mit der Umsetzung des Regierungsprogramms beginnen kann – die ganze heiße Luft, die da drinnen steckt, all die Ankündigungen und, und, und –, werden wir Freiheitliche diese Bundesministeriengesetz-Novelle auf jeden Fall nicht verhindern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.39

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile ihm dieses.