12.09

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer hier im Hohen Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Gesellschaft, Wirtschaft und Politik wurden in den vergangenen Jahren von globalen Krisen auch im Agrarbereich geprägt und das hat deutliche Spuren hinterlassen.

Die österreichische Landwirtschaft setzt seit vielen Jahren auf eine konsequente Quali­tätsstrategie. Unsere Produkte sind besonders innovativ, von außergewöhnlicher Qua­lität und vielfältig. Schaut man sich den Grünen Bericht 2019, insbesondere das Vor­wort, genauer an, dann liest man da: Es gilt, „Stabilität und Planungssicherheit für unsere Familienbetriebe weiterhin zu garantieren: vom Kampf gegen den Klimawandel über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik bis hin zum Schutz der heimischen Wälder.“ Es „müssen optimale Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien geschaffen werden.“ Weiters heißt es, dass „höhere Zuschüsse für den Abschluss von Ernteversicherungen und ein Aktionsprogramm für den Forst­sektor“ vorgesehen sind.

Wie schaut es in Bezug auf diese Statements jedoch in der Realität aus? – Kurz zusammengefasst könnte man sagen: alle Jahre wieder. Das Bauernsterben geht weiter, die Einkommenseinbußen in der österreichischen Landwirtschaft setzen sich fort. Es gibt auch im Jahr 2019 wieder einen Einkommensrückgang in der Land- und Forstwirtschaft – wir haben es heute schon gehört – von 10 Prozent. Betroffen davon sind alle Betriebsformen, begonnen von den Veredelungsbetrieben bis hin zur Bio­landwirtschaft. Das heißt, die Einkommenssituation der heimischen Land- und Forst­wirtschaft ist weiterhin angespannt.

Wie aus dem aktuellen Grünen Bericht hervorgeht, lagen die Einkünfte aller Betriebe im Jahr 2018 im Durchschnitt bei 28 035 Euro. Noch im Jahr 2017 lag das Einkommen bei 31 133 Euro pro Betrieb. Geschuldet ist der Rückgang einerseits den höheren Aufwendungen für die Tierhaltung, andererseits der vorherrschenden Hitze und Trockenheit. Auch wenn die Milchproduktion weiter zugenommen hat, so ging der Milchpreis dennoch weiter nach unten. Den höchsten Rückgang, nämlich ein Minus von 26 Prozent, verzeichnen unsere Veredelungsbetriebe, wo vor allem die niedrigen Erzeugerpreise für Ferkel, Zuchtsauen, Mastschweine das Bild prägen.

Bei den Dauerkulturbetrieben sank das Einkommen im Vergleich zu 2017 um 13 Pro­zent – durch die gestiegenen Aufwendungen für Personal, Bodennutzung und darüber hinaus durch die Tatsache, dass es keine Entschädigungszahlungen bei Frostschäden gab. Bei Futterbetrieben und landwirtschaftlichen Gemischtbetrieben führten die höhe­ren Aufwendungen in der Tierhaltung zu Einkommensrückgängen von 10 beziehungs­weise 5 Prozent. Die Hitze und Trockenheit hat sich auch auf die Marktfruchtbetriebe, nämlich mit einem Minus von 1 Prozent, beziehungsweise auf die Forstbetriebe, näm­lich mit ein Minus von 2 Prozent des Einkommens, ausgewirkt.

Schaut man sich die Bergbauernbetriebe an, so erkennt man, dass auch diese ein Minus von 8 Prozent hinnehmen mussten. Die Einkünfte betrugen bei den Bergbauern­betrieben noch 23 795 Euro pro Betrieb. Das bedeutet zwar, dass sich der Einkom­mensunterschied, die Einkommensschere zwischen Bergbauernbetrieben und Nicht­bergbauernbetrieben verringert hat, es sind aber trotzdem immerhin noch 8 645 Euro. Die Biobetriebe verzeichneten im Jahr 2018 Einkommensrückgänge in der Höhe von 2 Prozent. Sie liegen mit 30 110 Euro pro Betrieb noch um 7 Prozent über dem Durch­schnitt aller Betriebe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schaut man sich die Entwicklung im Bereich der Landwirtschaft an, so sieht man Folgendes: Im Jahr 1995 haben wir 239 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe gehabt; im Jahr 2010 waren es noch 173 000, 2013 166 000 und im Jahr 2016 noch 162 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Schaut man sich den gesamten Zeitraum ab 1995 an, so sieht man, dass bereits mehr als ein Drittel der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ihren Betrieb eingestellt haben.

Wie geht das Ganze im Jahr 2020 weiter? – Das ist eine Frage, die wir uns alle stellen sollten. Faktum ist, im Schnitt sterben am Tag rund vier Betriebe, im Jahr also 1 400 Betriebe. Ich glaube, über diese Zahlen sollte man sehr wohl nachdenken und auch entsprechende Initiativen im Bereich der Landwirtschaft ergreifen. (Beifall bei der FPÖ.)

Beim Außenhandel entstand im Jahr 2018 ein Defizit von 6 Milliarden Euro, 5,4 Mil­liarden Euro im Bereich der EU und 0,6 Milliarden Euro beim Handel mit Nicht-EU-Staaten. In diesem Zusammenhang sollte man aber auch das Tierwohl nicht außer Acht lassen. Tierwohl, höhere Standards und Billigpreise, das ist ein Widerspruch in sich. Tierwohl ist ein gemeinsames Anliegen, und die Landwirtschaft gestaltet da das Wohlbefinden. Billigpreise setzen Grenzen. Höhere Standards müssen erwirtschaftet werden.

Wie schaut es im Bereich der Puten aus? – Heute liegen in den Regalen der Han­delsketten deutlich mehr Puten aus dem Ausland als entsprechende heimische, öster­reichische Produkte. Das Ergebnis: Die österreichischen Bauern haben Millionenver­luste. Das Steigern des Tierwohls zählt nicht und der Konsument ist der, der da ge­täuscht wird.

Täglich werden zweieinhalb Millionen Essen in Regierungsgebäuden, Schulen, Inter­naten, Kasernen, Krankenhäusern, Pflegeheimen, Altersheimen und so weiter ausge­geben. Wenn uns das Tierwohl wirklich ein Anliegen ist, dann müssen wir die höheren österreichischen Standards auch bei der Anschaffung und beim Einkauf dieser Produkte einfordern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir müssen wieder auf Qualität setzen und nicht auf den Billigstbieter. Eine Produktion im Ausland wird den österreichischen Bauern und der österreichischen Wirtschaft nicht helfen. Da stellt sich die Frage: Kleinbäuerliche Landwirtschaft, quo vadis? Kleinbäu­erliche Landwirtschaft, wohin gehst du? Man muss sich diese Fragen stellen: Wie viele Bauern braucht dieses Land? Wie viele Bauern will dieses Land? Oder: Wie viel ist dem Steuerzahler die österreichische, heimische Landwirtschaft überhaupt noch wert? Ziel muss es sein, Arbeitsplatz und Unternehmen Bauernhof auf neue Beine zu stellen. Alle bisherigen Modelle müssen überdacht werden. Dem Bürokratie- und Förder­wahn­sinn sollte man entgegentreten, da sollte man vereinfachen.

Einem Dutzend Konzernen gehören schon jetzt zwei Drittel des Weltmarktes. Handels­ketten drücken einerseits den Preis für Produzenten, steigern ihn andererseits jedoch für unsere Konsumenten. Das bedeutet zwar höhere Gewinne für unsere Konzerne, aber auch eine Abhängigkeit unserer Produzenten von diesen Konzernen. Die Selbst­versorgungsfähigkeit des Staates Österreich geht zugrunde; der Nährboden für Versor­gungsengpässe wird damit aufbereitet. Die Selbstversorgungsfähigkeit des Staates Österreich muss uns etwas wert sein. Eine nationale Vision der Agrarpolitik mit leist­baren Preisen für die Produkte und einem gesicherten Einkommen für unsere Produ­zenten muss – unabhängig von der EU – als Ziel eine verantwortungsvoll gestaltete und autonome Ernährung haben. Dazu gehören aber auch neue Vertriebswege. Es gibt auch sehr viele innere und äußere Bedrohungen: der weltweite Klimawandel, Hunger- und Dürrekatastrophen, Überschwemmungen und Raubbau am Boden und an der Natur.

Ich habe es bereits vorhin erwähnt, die Frage lautet: Wie geht es im Jahr 2020 weiter? – Die Bundesregierung ist aufgefordert, sinnvolle Initiativen zu setzen, um dem Bauernsterben entgegenzuwirken. – Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich kann Ihnen nur sagen: Sie haben bei sinnvollen Initiativen zur Stärkung der heimischen Landwirtschaft die vollste Unterstützung unserer Fraktion. Wir Freiheitliche sind für sinnvolle Initiativen! Was wir uns erwarten, sind Initiativen von Ihrer Seite. Die Abschaffung des Dieselprivilegs ist jedenfalls keine sinnvolle Initiative. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.19

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Kollege, ich erteile Ihnen das Wort.