9.47

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher via Live­stream! Meine Vorredner haben jetzt schon sehr viel gesagt, insbesondere bedanke ich mich bei Kollegen Kornhäusl, der die medizinische Sicht, wie ich glaube, sehr gut dargestellt hat.

Ich möchte jetzt auch nichts wiederholen, aber einige Dinge, die aus meiner Sicht doch von Bedeutung sind, erzählen. Da möchte ich auf die persönliche Ebene gehen und Sie einfach fragen: Wer von Ihnen hat Familienmitglieder, die älter als 70 Jahre alt sind, Bekannte, die sich einer Chemotherapie unterziehen, Freunde, die an schweren Erkrankungen leiden, und deshalb besonders vulnerabel sind?

Ich persönlich habe ein 24-jährige Tochter, die aufgrund einer schweren Erkrankung ständig Immunsuppressiva einnehmen muss, und als ich vorgestern die Information erhalten habe, dass keine öffentlichen Lehrveranstaltungen an den Universitäten mehr stattfinden und auf E-Learning umgestellt wird, bin ich unglaublich erleichtert gewesen, denn so ist es gewährleistet, dass meine Tochter sich im Rahmen ihres Studiums nicht mehr dem Risiko einer für sie wahrscheinlich schwerwiegenden Erkrankung aussetzen muss und ohne Nachteile zu Hause bleiben kann, bis das Hauptrisiko der Infektions­übertragung ausgesetzt ist. (Vizepräsident Wanner übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, genau darum geht es bei den Maßnahmen, die die Regierung derzeit setzt. Es muss gewährleistet sein, dass wir alle vulnerablen Personengruppen schützen, nämlich genau jene, bei denen der Krankheitsverlauf problematisch oder sogar tödlich sein kann; und das alles mit der notwendigen Ruhe und Seriosität und vor allem ohne Populismus. Das österreichische Gesundheitssystem ist in der Lage, für eventuell erkrankte Menschen die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten, aber wie heute eben auch schon öfter gesagt worden ist: Wir müssen den Peak möglichst flach halten.

Das ist unsere Aufgabe, denn wir werden an unsere Grenze kommen, wenn die Zahl der Erkrankten explosionsartig ansteigt. Darum ist es wirklich notwendig, dass wir unsere sozialen Kontakte absolut einschränken. Das ist im täglichen Leben nicht einfach, aber genau diese Situation führt uns auch vor Augen, was soziale Kontakte eben bedeuten. Die Regierung gibt uns dafür den Guide, und die Vorgaben, wie sie seit gestern vorliegen, legen den Rahmen fest – und dieser Rahmen wird Gott sei Dank neu überdacht, engmaschiger und bei Bedarf auch verändert. Das bedeutet Seriosität und Verantwortung, die in so einer Ausnahmesituation notwendig sind.

Ganz wichtig ist es dabei meiner Meinung, auch das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen, um den Sinn hinter den Maßnahmen zu verstehen. Eine Veranstaltung, auch mit nur 50 Personen, birgt natürlich weiter das Risiko, das Virus zu verbreiten; und – das wurde heute eben auch schon gesagt – nur eine Einschränkung eines Viertels unserer Sozialkontakte mindert das Infektionsrisiko um 50 Prozent.

Das schlägt sich natürlich nicht nur auf die Wirtschaftstreibenden, sondern auch auf die Kommunen nieder. Wir hatten zum Beispiel gestern bei uns in der Gemeinde eine dreieinhalbstündige Besprechung, in der man einmal eruiert hat, was es für Veran­staltungen und überhaupt notwendige Sachen gibt. Es ist eigentlich ganz einfach, das zu verschieben und aus einer Frühlingsflurreinigung einen Herbstputztag zu machen. Das ist auch deshalb so einfach – das habe ich in den letzten Tagen auch gesehen –, weil wirklich alle an einem Strang ziehen. Gestern Morgen hat es unser Gesundheits­minister Rudi Anschober ganz richtig gesagt, es entsteht ein neues Team Österreich. Solidarität ist überall in der Gesellschaft zu spüren und wird auch so gelebt – nur so soll und kann es sein.

Ja, und wir sollten darauf vertrauen, dass unsere Regierung unter Zuhilfenahme von ExpertInnen diese sehr große Herausforderung bestmöglich meistern und weiter aus Verantwortung für Österreich, für Europa und für die Menschen handeln wird. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Bundesrätin Schumann.)

9.52

Vizepräsident Michael Wanner: Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Ich erteile es ihm und bitte auch ihn, die Redezeit von 10 Minuten nicht zu überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.