10.20

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Dank gebührt auch für das Verständnis sowie die Anteilnahme, die von den Mitgliedern des Bun­des­rates aufgebracht wird, wenn auch bei manchen kleinen Differenzen in der Einschät­zung, was – auch das sage ich an dieser Stelle – noch kein Problem ist.

Ich möchte ausdrücklich erwähnen, dass wir gestern eine Telefonkonferenz mit den Landeshauptleuten abgewickelt haben, in der jeweils die nächsten Schritte beraten wurden, und möchte – weil wir uns hier ja in einem föderalen Gremium befinden – betonen, dass das in diesem Fall nach meinem Eindruck sehr, sehr gut funktioniert. Wir haben aufgrund der Erlässe auf Basis des Epidemiegesetzes jetzt ziemlich viele Kompetenzen direkt beim Bund. Ich finde es gut, dass die Gebietskörperschaften diesbezüglich jetzt bestens zusammenarbeiten. Das ist ohnehin Voraussetzung dafür, dass wir die beschlossenen Maßnahmen möglichst rasch ausrollen können. – Dazu möchte ich, auch Bezug habend auf die vorletzte Rede, meinen Eindruck damit wie­dergeben, was sonst der Herr Bundeskanzler immer wieder sagt: Nehmen Sie das einfach mit!

Es ist erst ein paar Tage her, dass im Übrigen auch Vertreter aus Bundesländern eingemeldet haben: Na ja, ist all das nicht ein bisschen übertrieben? Ist das nicht viel zu schnell? Ist das nicht die halbe Lahmlegung der Republik und vor allem des Wirtschaftslebens et cetera? Es ist noch nicht so lange her, dass möglicherweise die mehrheitlichen Zurufe in diesem Sinne waren.

Ich habe die Krisen- und Einsatzstäbe so wahrgenommen, dass man versucht hat, den Zeitpunkt zu erwischen, ab wann man den Instrumentenkoffer richtig aktiviert, und das wurde gerade auch vom Herrn Bundeskanzler und vom Herrn Gesundheitsminister immer wieder angekündigt. Es war und ist nämlich abzuwägen, wie schnell und wie intensiv man in das öffentliche Leben eingreift.

Ich möchte dafür einmal um Verständnis werben, damit wir uns gleich den zukünftigen Aufgaben zuwenden können: Ja, die Lage ist dramatisch. Wir versuchen, das immer mit Bildern darzustellen – ich weiß das aus den Bereichen Kunst und Kultur, aber vor allem auch aus dem Sportbereich –; wir werden in den nächsten Stunden und Tagen noch viel mitteilen müssen, es ist nämlich noch immer nicht richtig angekommen, dass jetzt möglichst viele soziale Kontakte – wie wir sagen – zu reduzieren sind, weil es nämlich zu wenig Verständnis gibt, was ein exponentielles Wachstum ist. Vielleicht sollten wir diese Ausbreitung und die Ausbreitungsgeschwindigkeit einfach simplifizie­rend mit explodierendem Wachstum vergleichen.

Warum? – Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass wir morgen beziehungsweise zum Wochenende hin 500 Fälle haben und die Verdoppelung – das wäre einmal eine Annäherung – nicht einmal drei Tage dauert, dann ist das für den Fall einer Nichtein­leitung von Maßnahmen leicht auszurechnen: Dann haben wir irgendwann in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch 1 000 Fälle, am Freitagmorgen 2 000, am Montag darauf 4 000 und, und, und. Möglicherweise ist das jetzt aber noch gar nicht die richtige Schätzung, weil es auch eine Spur dramatischer sein könnte. Deshalb redet der Herr Bundeskanzler davon, dass wir innerhalb einer guten Woche vielleicht 10 000 Fälle haben könnten.

Ich sage sozusagen für alle Geister der lebendigen Diskussion: Man wird im Nach­hinein nie genau nachmessen können, was welche Maßnahme jeweils wirklich bewirkt hat, aber es ist eben – und jetzt komme ich zum Punkt und zum Appell – das Vor­sichtsprinzip, das uns hierbei noch zusätzlich leitet. Es werden alle verfügbaren Erkenntnisse in diese Entscheidungsgrundlagen eingepreist, und diese führen uns dazu, wirklich dramatische Maßnahmen zu setzen. Wahrscheinlich werden sogar noch welche folgen.

Ich appelliere an Sie und sage: Ich hielte – begründen Sie es mit welchem Beispiel auch immer! – die Nichtanordnung von Maßnahmen einerseits und auch deren Nicht­befolgung andererseits jetzt für verantwortungslos. Das gilt für das Kollektiv der Politik, also für uns, das gilt aber auch für Individuen. Es geht nur gemeinsam, deshalb wurde auch vom Roten Kreuz oder vom Herrn Gesundheitsminister der Begriff vom Team Österreich vorgebracht; wir sollen jetzt ein Team sein, um auch in dieser sehr schwierigen Situation an die Zusammengehörigkeit und den Zusammenhalt der Ge­meinschaft zu appellieren, was ja gewissermaßen eine Kunst ist: Wir sollen physisch mehr Abstand halten, weil wir zusammenhalten.

Denken Sie darüber nach, wie Sie das motivieren können! Wir haben selbst noch genug zu tun. Ich kann auch diesbezüglich nur appellieren. Wir werden das in den nächsten Tagen machen, und ich sage das bei dieser Gelegenheit auch im Hinblick auf Sportveranstaltungen: Wenn wir von Montag bis Mittwoch den Schulbetrieb drastisch reduzieren, so gut wir können, dann gilt das natürlich auch für alle möglichen Trai­ningseinheiten in Vereinen, wo viele Menschen zusammenkommen. Wenn drei Leute irgendwo sind, ist das noch etwas anderes. Man kann das aber nur unterschätzen.

Ich bitte Sie alle, sich so zu verhalten, dass diese Kontakte reduziert werden, wenn etwas nicht unbedingt sein muss! Wir haben ohnehin weiterhin Kontakte in der Bevöl­kerung oder auch im öffentlichen Bereich, denn der öffentliche Dienst muss ja gerade in dieser Situation aufrechtbleiben, die Schlüsseleinsätze müssen normal funktionieren, und zwar jetzt erst recht. Deshalb muss man differenzieren. Man muss, wo es irgendwie geht, reduzieren, ansonsten muss das öffentliche Leben aber auf­recht­erhalten werden. Das gilt auch für Schlüsselbereiche der Wirtschaft und für die strate­gischen Einheiten in der Republik, das ist doch klar. – Also: Wo es geht, bitte runter­fahren! Ansonsten machen Sie es auch gut in diesem Sinne! (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

10.27

Präsident Robert Seeber: Danke, Herr Vizekanzler, für diese abschließende Stellung­nahme.

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.