11.23

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Willkommen auch allen Zusehern daheim vor den Bildschirmgeräten! Ja, ich möchte zu Beginn meiner Rede nochmals kurz die Fakten zusammenfassen. Mein Vorredner Kollege Lackner hat einige Punkte bereits beleuchtet: worum es in diesem Tagesordnungs­punkt konkret geht und was heute beschlossen werden soll.

In Österreich gibt es bekanntermaßen keine Mindestpension. Die Sicherung eines Min­desteinkommens für Pensionistinnen und Pensionisten kann aber über die Aus­gleichszulage erfolgen. Ein Pensionsbezieher oder eine Pensionsbezieherin hat dann Anspruch auf Ausgleichszulage, wenn ein gesetzlich festgelegter Betrag, der soge­nannte Richtsatz, nicht erreicht wird.

Für die Höhe des Gesamteinkommens sind neben der Pension das sonstige Netto­einkommen oder eventuelle Unterhaltsansprüche relevant. Die Höhe des Richtsatzes ist von verschiedenen Faktoren – wie zum Beispiel der Pensionsart, der Dauer der Erwerbstätigkeit oder von familiären Verhältnissen – abhängig.

Im September 2019 wurde beschlossen, den Ausgleichszulagenrichtsatz für Paare, also Ehepaare oder eingetragene Partnerschaften, außertourlich anzuheben. Ziel war es, einen Verlust durch die gleichzeitig vorgesehene Streichung der Steuerbefreiung zu vermeiden. Der Hintergedanke dieser Regelung, also die gleichzeitig vorgesehene Streichung der Steuerbefreiung war es, dass Ausgleichszulagenbezieherinnen und Pensionisten mit gleich hoher Eigenpension steuerlich gleichgestellt sind. Jedoch wurde dabei darauf vergessen, im Pensionsanpassungsgesetz die geplante Pensions­erhöhung von 3,6 Prozent zu berücksichtigen. Das hatte zur Folge, dass die Betrof­fenen durch diese Besteuerung kaum eine Erhöhung bekamen. Das war so nicht gedacht, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, aber wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich auch Späne. Daher wird jetzt rückwirkend mit 1.1.2020 die Ausgleichs­zulage für Paare von 1 472 Euro auf 1 524,99 Euro angehoben.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Beschluss ist aus zweierlei Gründen wichtig und richtig. Zum einen ist es richtig, die sozial Schwächeren in einer Volkswirtschaft bestmöglich, aber sozial verträglich zu unterstützen, und dem von der Regierung gesetzten Ziel, die Altersarmut zu reduzieren, wird man mit diesem Be­schluss gerecht. Zum anderen zeigt der heutige Beschluss, dass eine parlamen­tarische Arbeit über Parteigrenzen hinaus effizient funktionieren kann und Schulter­schlüsse möglich sind. Das gibt mir Hoffnung auf eine zukünftige zwischenparteiliche Zusammenarbeit.

Gleichzeitig möchte ich nun noch die Gelegenheit nutzen, um eine Brücke zu meiner Generation und den nachfolgenden Generationen, die wir auf keinen Fall vergessen dürfen, zu schlagen. Dabei sind wir alle gefragt, genau hinzusehen und mit dem gleichen zwischenparteilichen Engagement sicherzustellen, dass auch diese Gene­rationen ein würdiges Leben im Alter führen können.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen bereits heute, dass das Real­einkommen seit Jahrzehnten stagniert. Auch wenn trotz des niedrigen Realeinkom­mens die Möglichkeit besteht, Kapital anzusparen, gibt es aufgrund des Niedrigzins­umfelds, in dem wir uns derzeit befinden, nicht die Möglichkeit, diese Ersparnisse mittels Zins- und Zinseszinseffekte zu vermehren. Wir wissen auch, dass die demo­grafische Alterspyramide keine Pyramide mehr ist und somit in der Zukunft Druck auf das Umlageverfahren ausüben wird.

Wir wissen außerdem, dass die jetzigen Rentner im Durchschnitt mehr aus dem Pen­sionssystem herausnehmen, als sie tatsächlich einbezahlt haben. Dass dem auch so ist, zeigt eine Modellrechnung aus Vorarlberg, von der ich Ihnen kurz berichten möchte. Ein Dienstnehmer eines bekannten Vorarlberger Industriebetriebs hat nämlich über seine gesamte Berufslaufbahn hinweg akribisch genau Buch über seine Einkünfte und Beiträge an die Pensionsversicherung geführt. Die Einzahlungen plus die Kapita­lisierung dieser Einzahlung konnten somit seiner tatsächlichen Rente gegenüber­ge­stellt werden.

Dieser Mann hat seine gesamte Berufskarriere im selben Unternehmen verbracht. Er hat dort seine Lehre als Werkzeugmechaniker begonnen, hat sich hinaufgearbeitet und bis zum Ende seiner Karriere zum Leiter des Werkzeugbaus weiterentwickelt. In seinen letzten Beitragsjahren lag sein Einkommen deutlich über der sozialversicherungs­rechtlichen Höchstbeitragsgrundlage. Man kann somit mit Fug und Recht behaupten, dass dieser Dienstnehmer zu der Gruppe gehört, die zu den bessergestellten Mitglie­dern unserer Gesellschaft zählt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Was glauben Sie, was bei so einem Idealfall eines Einzahlers in das Pensionssystem herausgekommen ist? – Ich sage es Ihnen gerne: Würde dieser Dienstnehmer nicht die Hacklerregelung, die ihm zustünde, in Anspruch nehmen und mit 65 Jahren in Pension gehen, also dem Regelpensionsalter, wäre nach Sterbetafeln der Deutschen Aktuarvereinigung die faire Rente um 7 Prozent niedriger, als dies der Pensionsausweis bescheinigt. Das heißt, dass es selbst bei einem idealtypischen Fall wie diesem im Erwartungswert zu einer Querfinanzierung von Jung zu Alt kommt. Was dies für die Hacklerregelung impliziert, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das liegt, denke ich, auf der Hand.

Schlussendlich möchte ich jetzt noch zwei Punkte in meiner Rede hervorheben und unterstreichen. Erstens: die Reduktion der Altersarmut. In diesem Sinne ist der heutige Beschluss wichtig und richtig. Zweitens ist die zwischenparteiliche Zusammenarbeit unerlässlich, um das Pensionssystem auch zukünftig tragfähig und nachhaltig auszu­gestalten. Dabei ist die Zusammenarbeit aller politischen Akteure gefragt, damit auch unsere jüngeren Österreicherinnen und Österreicher in Würde altern können. –Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

11.29

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile es ihr.