16.09

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem: Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Der Nationalrat und wir als Bundesrat werden heute Gesetze beschließen, wobei die darin enthaltenen Maßnah­men wahrscheinlich für viele, die uns jetzt zuschauen, gar nicht mehr begreifbar sind und vielen als nicht umsetzbar erscheinen. Es sind heute schon so viele Dinge be­sprochen worden, die auf einen einprasseln. Es wird schwer werden, das in weiterer Folge vor Ort umzusetzen. Es sind starke Einschränkungen, die wir tätigen müssen, aber sie sind absolut notwendig.

Lassen Sie mich zu einer Unternehmergruppe Stellung nehmen, die es besonders hart trifft! Das ist die Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Wir haben vor gar nicht allzu langer Zeit hier über das Tourismusjahr 2019 gesprochen. Wenn wir uns das noch einmal ein bisschen vergegenwärtigen: Da stehen 153 Millionen Nächtigungen zu Buche. Es hat in den letzten Jahren Steigerungen gegeben; vor zehn Jahren waren es 124 Millionen, jetzt sind es 153 Millionen Nächtigungen.

Dieses Jahr wurde bei uns zu Hause berichtet – ich komme auch aus einer Touris­musgemeinde –, dass es bis Ende Februar ein Plus von 10 Prozent gibt, dass es ein wunderbares Jahr werden wird. Das mit dem Schnee und rundherum hat alles gepasst, und dann kommt der Tag X so wie in der letzten Woche. Dabei haben wir schon ge­wusst, dass sich dieser Coronavirus verbreitet. Ich habe da einen Zeitungsausschnitt vom 28. Jänner, in dem schon darüber geschrieben worden ist, dass die Börsen ein­gebrochen sind und dass es in China die ersten Toten gegeben hat. Wir waren aber immer noch frohen Mutes, dass es so weitergehen wird wie bis dahin.

Jetzt stehen wir vor der Realität, dass alles zum Erliegen gekommen ist – wir sind ja zum Beispiel oft in der Stadt Wien oder bei uns zu Hause unterwegs –, dass also die Plätze menschenleer sind und auch die Touristen abreisen, abreisen müssen, wie auch immer. Jetzt, in dieser Zeit, wollen wir versuchen, all das in den Griff zu be­kommen.

Vielleicht zum Tourismus noch zwei, drei Worte, weil man schon die Bedeutung der Berufsgruppe kennen sollte, die da am Werk ist: Der Tourismus erwirtschaftet 8,4 Pro­zent des Bruttoinlandsproduktes, und zusammen mit der Freizeitwirtschaft ergibt sich ein BIP-Anteil von 15,3 Prozent. Es ist also ein wesentlicher Beitrag, der in diesem Wirtschaftsbereich von unseren fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmern erzielt wird.

Wir wissen auch – und dazu werde ich dann ganz kurz kommen –, dass im Beherber­gungs- und Gastronomiebereich im Jahr 2018 – von 2019 habe ich die Zahlen nicht – rund 312 000 Personen in 48 000 Betrieben beschäftigt waren. Das entspricht 11 Pro­zent der Gesamtbeschäftigung. Wir sehen also, dass es sich da um eine wahrlich gro­ße Berufsgruppe handelt, die wir unterstützen müssen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, auch wenn jetzt von Frau Zwazl dargestellt worden ist, wie die Unterstützung der Betriebe in weiterer Folge erfolgen soll, dass alles so eintrifft. Wir werden diesen Gesetzentwurf natürlich auch mitbeschließen, aber es bedarf sicher der einen oder anderen Abänderung.

Wenn ich mir anschaue, dass die Regierung die garantierte Vergütung für den Ver­dienstentgang laut Epidemiegesetz gestrichen und durch die Bestimmungen im Coro­nanotfallgesetz ersetzt hat, dann weiß ich, dass es mit der Entgeltfortzahlung Probleme geben wird. Bis das Geld überwiesen werden kann, wird es dauern. Wie viel entschä­digt wird, steht auch noch nicht ganz fest.

Ich habe mit Unternehmerinnen und Unternehmern gesprochen – ich war ja lange selbst in der Tourismuswirtschaft tätig. Ich habe Menschen mit Tränen in den Augen getroffen, die investiert haben oder nur Einzelunternehmer sind, also einzelne Perso­nen, die vielleicht mit einer halben Arbeitskraft oder eineinhalb Arbeitskräften arbeiten und die wahrscheinlich nicht über die Runden kommen werden. Die werden am Mon­tag nicht wissen, wie sie ihr Geld im nächsten Monat verdienen können.

Es wird aber auch Betriebe mit bis zu 25 Mitarbeitern geben, in denen es Insolvenzen und Kündigungen geben wird. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Um das zu verhin­dern, müssen wir diese Unternehmen mit bis zu 25 Mitarbeitern sofort nach dem Epi­demiegesetz entschädigen. Große Unternehmen können ja mit den Überbrückungskre­diten, die uns bekannt sind, über die Abbag unterstützt werden.

Bezüglich der kleinen Unternehmen, die heute schon angesprochen worden sind, und der Mitarbeiter, die dort arbeiten, bin ich mir nicht so sicher, dass morgen beim AMS alles so reibungslos funktioniert. Zum einen wird man dort nicht vorstellig werden kön­nen – das ist ja schon so kommuniziert worden –, zum Zweiten bin ich nicht sicher, dass das jeder per E-Mail von zu Hause aus erledigen kann, weil man das unter Um­ständen nicht zur Verfügung hat, und beim Telefonieren werden viele Telefonleitungen zusammenbrechen. Wie auch immer: Wir hoffen natürlich, dass das funktioniert und dass im Laufe der Zeit – wenn es Nachsicht gibt, dass es länger dauert – die Möglich­keit gegeben ist, dass das dort angemeldet werden kann.

Der Bundesminister ist schon gegangen; er hat ja als Finanzminister die Möglichkeit, über diese 4 Milliarden Euro zu verfügen. Da in den letzten Äußerungen auch festge­stellt worden ist, dass für die Tourismuswirtschaft – um bei ihr zu bleiben – 100 Mil­lionen Euro bereitstehen, sage ich Ihnen an dieser Stelle: Das ist weitaus zu wenig. Es wird sicher in den Bereich von 1 Milliarde Euro gehen, damit die Betriebe in weiterer Folge unterstützt werden können.

Frau Kollegin Mühlwerth sagt, dass die Menschen draußen durch das eine oder an­dere, das nicht so schnell passiert ist, verunsichert sind. – Ich frage dich (in Richtung Bundesrätin Mühlwerth) an dieser Stelle: Wenn man die Menschen nicht verunsichern will, was war das dann am Donnerstag, als man in dieser schwierigen Situation, die es ja eh schon gibt, auch noch eine Dringliche Anfrage zum Thema Grenzschutz und Flüchtlinge gemacht hat? (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Mühlwerth: Ja, weil das auch ein schwieriges Thema ist!)

Versuchen wir doch alle, gemeinsam – das spüre ich ja auch – all das zu tragen, was hier gemacht worden ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Mein Gott na!) Wir sind wirklich stolz auf jene Leute, die da am Werken sind. Wir sind da ja alle mit dabei, weil es schlussendlich um unsere Bevölkerung geht.

Ich sage wirklich schon jetzt Danke an alle, und ich sage das auch als Bürgermeister – es sind ja Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier mit dabei im Plenum –, dass wir in den nächsten Monaten aufeinander, auf unsere Mitmenschen schauen sollen. Vor allem bitten wir unsere älteren MitbürgerInnen – man kann es nicht oft genug sagen –, dass sie wirklich zu Hause bleiben: Bleibt zu Hause, damit ihr euch nicht anstecken könnt!

Ich glaube, es geht um den Schutz unserer Gesundheit; ich glaube, da sind wir alle einer Meinung. Zusammen sind wir stärker als Corona; das sollte eigentlich das Schlusswort sein. Ich wünsche Ihnen hier im Parlament und zu Hause alles Gute für die nächsten Monate. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.18

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Dr. Michael Schilch­egger. Ich erteile es ihm.