22.46

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch ich darf eingangs schon vorwegnehmen, dass wir auch diesen beiden Gesetzesmaterien unsere Zustimmung erteilen, weil sie kurz gesagt sinnvoll, notwendig und anlassbedingt sowie auch nur befristet sind. Es geht, wie mein Vorredner ausgeführt hat, um kleine verfahrenstechnische Verände­run­gen in beiden Gesetzesmaterien, auf die ich wiederum nicht näher eingehen werde.

Im Hinblick auf die Coronakrise sind diese Gesetzesmaterien bis 31. Dezember 2020 befristet, sie haben also ein Ablaufdatum und sind kein Dauerrecht. Wenn wir aber in dieser Phase von Verfahrenserleichterungen für Asylwerber und Asylberechtigte sprechen, dürfen wir eines nicht vergessen – und das geht mir in der Debatte in Summe ab –, und zwar, dass es in Griechenland noch immer Tausende Flüchtlinge gibt, die in überfüllten Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen. Das ist einfach in unserer Zivilisation, in unserem reichen Europa beschämend.

Der Herr Bundesminister für Inneres ist leider nicht hier, aber er hat in der letzten Na­tionalratssitzung darüber gesprochen, dass Österreich Griechenland mit 181 Wohn- und Sanitärcontainern unterstützen wird. Verstehen Sie mich nicht falsch, das finde ich natürlich gut und das begrüße ich und begrüßen wir. Der Innenminister wiederholt auch ständig die Wichtigkeit des EU-Außengrenzschutzes und auch, wie wichtig Hilfe vor Ort ist. Glaubt er aber wirklich, dass wir mit 181 Containern unserer Verpflichtung zur Hilfe und unseren moralischen Grundsätzen ausreichend nachkommen oder, besser gesagt, dass er selbst seiner christlich-sozialen Lebensphilosophie gerecht wird? – Es wäre interessant, was er auf diese Frage geantwortet hätte. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Während Deutschland und Luxemburg bereits Kinder aus den Lagern geholt haben und sieben weitere EU-Mitglieder sich dazu bereit erklärt haben, schauen wir noch immer zu und beschränken uns auf Containerlieferungen. Wie die Grünen diese un­tragbare Situation aushalten können, ist mir, ehrlich gesagt, völlig unerklärlich. Ich würde mir wirklich wünschen, dass endlich die Privatmeinung von Vizekanzler Kogler in dieser Frage Einfluss auf die Regierungsarbeit nimmt. (Bundesrätin Mühlwerth: Na, bitte net! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Viele Gemeinden sind bereit, Kinder aufzunehmen, Österreich muss ja nicht als Erster vorpreschen, wir müssen uns den anderen Ländern nur anschließen und mittun.

Zu den Fakten: Neun von zehn Kindern sind unter 14. Wir sprechen nicht von den 17-, 18-jährigen Messerstechern, wie Sie letztes Mal, Frau Kollegin, sondern wirklich von minderjährigen Kindern. (Bundesrätin Mühlwerth: Habe ich ja gar nicht gesagt!) Holen wir zumindest die unbegleiteten Kinder aus dieser Hölle! Ich ersuche die Mitglieder der Regierung, diesbezüglich aktiv zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend noch eines: Der Innenminister ist auch dafür verantwortlich, dass sich die Menschen bei uns in Österreich sicher fühlen. Wenn er aber gefühlt in jedem zweiten Satz Wörter wie Cobra-Einsatz, Panzereinsatz und dergleichen verwendet, er­reicht er genau das Gegenteil. Mit dieser Sprache militarisiert der Bundesminister quasi dieses Thema, es ist aber ein zutiefst menschliches. Es werden Bilder in den Köpfen erzeugt, die keine Sicherheit, sondern Angst, Verunsicherung und eigentlich eine verzerrte Interpretation der Lage vermitteln.

In diesen Camps herrscht kein kriegsähnlicher Zustand, sondern pures Menschenleid. Um das darzustellen braucht es vielmehr eine sachlich orientierte, unaufgeregte und menschliche Rhetorik. Das zeichnet für die Menschen die richtigen Bilder, ohne sie zu verängstigen und zu verstören. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Herr Bundesrat, ich erteile Ihnen das Wort.