17.54

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon mehrfach gesagt, dass die EU-Kommission in ihrem ersten jährlichen Arbeitsprogramm schwerpunktmäßig sechs Ziele festgelegt hat. Das ist über Präsidentin von der Leyen in diese Richtung ange­stoßen worden.

Ich möchte sie noch einmal zusammenfassen und wiederholen: zum einen der europäi­sche Grüne Deal; das Zweite: ein Europa, das für das digitale Zeitalter gerüstet ist; eine Wirtschaft im Dienste der Menschen; ein stärkeres Europa in der Welt; die Förderung unserer europäischen Lebensweise – fünf; und neuer Schwung für die Demokratie in Europa.

Beinhaltet das alles, was schon gesagt wurde? – Keine Frage. Wie Herr Bernard na­türlich richtig gesagt hat, war und ist das jetzt nicht auf die Covid-19-Krise abgestimmt. Das kann auch nicht so sein. Das haben wir uns und ich mir persönlich einfach dazu gedacht. Dazu würde ich jetzt noch einmal kommen: Tatsache ist – und das sollte man bei dieser Gelegenheit feststellen –: Jetzt, in dieser Zeit, haben wir die letzte Chance für ein soziales und klimaneutrales Europa. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Bravo!)

Ich glaube auch – und da bin ich nicht der Einzige –, wir sind die erste Generation, die den Klimawandel spürt und auch die letzte, die dafür sorgen kann, dass etwas in diese Richtung passiert. Wenn wir in den nächsten zehn Jahren nicht etwas tun – das haben die Kollegen Bernard und Raggl in ihren Ausführungen schon festgestellt –, dann wird es insgesamt noch 80 Jahre brauchen, bis das Ganze umgesetzt werden kann. Das sollten wir auf eine Tafel schreiben und uns an die Wand hängen, damit wir wissen, was wir in Zukunft machen.

Ich werde versuchen, jetzt nicht von der hohen Politik zu sprechen, sondern das auf die Region herunterzubrechen und vielleicht das eine und das andere dazu zu sagen. Das geht auch in Richtung Dr. Raggl, der schon einiges festgestellt hat.

Wir sind zum Beispiel durch die Erderwärmung, die Erschöpfung der natürlichen Res­sourcen und die immer weiter schwindende Biodiversität gefährdet, zusammen mit im­mer häufiger auftretenden Naturkatastrophen. Schauen wir uns ein Beispiel an – das hat sicher nicht ganz Österreich betroffen –: Wir haben 2019 den Sturm Vaia gehabt, der über Oberkärnten, bis in das Gail- und Lesachtal und dann über Italien, Südtirol hinweg­gefegt ist. Ich habe es, glaube ich, im Umweltausschuss auch schon gesagt, da geht es nicht um Tausende Festmeter Holz, sondern um Millionen von Festmetern, die dort auf dem Boden gelegen sind. Im vorigen Jahr, 2019, haben wir bei uns weitere Unwetter gehabt, und dann sind aus dem, was aus dem Boden kam – dadurch, dass diese Bäume alle umgefallen sind –, Lawinen und Muren geworden, die teilweise Täler abgeschnitten und für Schaden in Millionenhöhe gesorgt haben.

Wenn wir das Thema Klima gerade in dieser Hinsicht nicht ernst nehmen, lacht vielleicht der eine oder andere heute noch darüber, er wird aber wahrscheinlich in der Zukunft selbst einmal ein Betroffener sein.

Ich möchte auch das Thema Energieversorgung und EU speziell auf unsere Region, das Mölltal, herunterbrechen, auch im Hinblick darauf, was Dr. Raggl gesagt hat. Es ist so, dass bei uns, in unserem Tal, vor allem das Wasser die Energie bringt. In Zukunft wird es natürlich heißen – da es über den Bund gefördert wird und auch das Land Kärnten 60 Prozent nur in der Fotovoltaik fördert –: raus aus dem Öl, rein in die erneuerbare Energie. Wir sind damit Spitzenreiter, weil wir in weiterer Folge jene Betriebe bezie­hungsweise Einzelhaushalte, die den Strom für ihren Bereich direkt verwenden, mit bis zu 11 000 Euro fördern werden. Das, glaube ich, ist der neue Weg in die erneuerbaren Energien. (Präsident Seeber übernimmt den Vorsitz.)

Der Verkehrssektor als solcher, wieder bezüglich Mölltal: Wir haben die Tauernbahn, die über die Tauernbahnstrecke fährt. Wir haben aber bis heute noch keinen barrierefreien Bahnhof gehabt. Das machen wir jetzt auch mit Geldern des Landes und der EU. Im Gegensatz zum Brennerbasistunnel ist es bei uns der Koralmtunnel, der hoffentlich dem­nächst, 2023, fertig wird. Wir haben hier herinnen auch schon darüber diskutiert, dass er aufgrund der Situation, dass es Wassereinbrüche gegeben hat und immer wieder gibt, hoffentlich 2026 oder 2028 fertig sein wird. Was bedeutet das für uns? – Es wird nicht alle 2 Stunden ein Zug fahren, sondern es wird dann einen Takt von 1 Stunde geben und die Güter werden auf die Züge ausgerichtet sein, um das dann in weiterer Folge umzusetzen; natürlich mit EU-Geld.

Es geht so wie überall darum, den Verkehrsverbund auszubauen. Es wäre schon recht, wenn die Leute aus dem ländlichen Bereich irgendwann einmal damit in die Stadt und zu ihrer Arbeit kommen könnten. Auch dafür gibt es Konzepte, nicht nur betreffend Tourismus, sondern auch, damit der Busverkehr funktioniert, Wanderbusse und vor al­lem Busse, die in die richtige Richtung fahren, um dafür zu sorgen, dass ich zur Arbeit komme.

Ich bin ja im ländlichen Bereich zu Hause. Der europäische Grüne Deal befasst sich vor allem mit Strategien zur Verbesserung des Wegs vom Hof auf den Tisch. Wir stellen dabei Slow Food in den Vordergrund; da gibt es schon viele Orte, die sich beteiligen. Das kommt von Frankreich über Italien zu uns, erstreckt sich über die gesamte Lebens­mittellieferkette und unterstützt die Landwirtinnen und Landwirte dabei, auf nachhaltige Weise hochwertige, erschwingliche und sichere Lebensmittel zu erzeugen. Wir haben gerade in der Coronazeit gemerkt, als wir über Wochen von der Umwelt abgeschnitten waren, wie wertvoll die Landwirtschaft, der Bauer als solches ist, wenn es frische Milch gibt, wenn es Eier gibt und wenn es Fleisch gibt.

Wir diskutieren hier schon lange über Mercosur, diesen Vertrag, der abgeschlossen wer­den sollte. Wozu brauche ich ein argentinisches Steak, wenn ich einen Kärntner Alm­ochsen habe? Das muss ich bei dieser Gelegenheit wirklich einmal fragen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Erstens schmeckt es besser, zweitens wird es wahrscheinlich vom Preis her gar nicht so viel teurer sein, und wenn es teurer ist, dann hat sich das der Bauer oder die Bäuerin verdient, und dann ist es auch nicht – jetzt komme ich wieder dazu – mit Glyphosat und anderen Bioziden verseucht, die in diesen Ländern für das Futter der Kühe verwendet werden. Da rede ich noch gar nicht vom Käse, den wir von der Oberkärntner Molkerei bekommen – das habt ihr ja auch alle, Berglandmilch, die NÖM in Niederösterreich, im Zillertal und wo auch immer –, oder vom Honig.

Schlussendlich muss man noch feststellen: Wenn wir uns nicht darum kümmern, dann wird die gesamte Almwirtschaft irgendwann einmal verheerend enden. Bei uns im Na­tionalpark haben wir fleißige Bauern. Nicht alle sind Vollerwerbsbauern, viele sind Ne­benerwerbsbauern, die die Wiesen dort abmähen oder mittels Mutterkuhhaltung abgra­sen lassen, um in weiterer Folge diese Naturlandschaft bereitzustellen.

Das wäre es eigentlich zu den beiden Bereichen. Betreffend die Bestimmungen im Ver­kehrssektor und der fahrleistungsabhängigen Bemautung: Wir sind absolut dagegen.

Zu Covid-19 möchte ich zum Schluss noch eines feststellen: Wir haben einen mehrjähri­gen Finanzplan, der noch nicht beschlossen ist. Kann man den Herrn Bundeskanzler bitte auffordern, dass das demnächst irgendwann einmal passiert, denn die Streiterei ob 2,6 Prozent oder 3 Prozent muss ein Ende finden! Wir haben jetzt in dieser Situation ein Problem, und da braucht es eine mehrjährige Finanzierung. Dieser Finanzierungsplan soll ja über fünf bis sieben Jahre laufen. Wir wissen, dass es dazu in weiterer Folge auch einen Masterplan geben sollte.

Dann haben wir noch die Roadmap, die am 21. April vom Europäischen Rat veröffent­licht wurde. Sie haben sich darüber Gedanken gemacht, wie wir aus dieser Covid-19-Krise herauskommen, den Exit, den Ausstieg schaffen, wie wir uns in dem Bereich wie­der erholen und in weiterer Folge ein widerstandfähiges und nachhaltiges Europa schaf­fen können. Dabei geht es vor allen um den Wirtschaftsbereich, die Sozialpartnerschaft mit eingeschlossen, darum, ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Der Binnenmarkt ist einfach das Wichtigste, denn da muss diese Kreislaufwirtschaft und das alles funktio­nieren, was bis jetzt funktioniert hat, bevor wir Covid-19 gehabt haben.

Zum Schluss möchte ich noch feststellen: Vom Gesamtvolumen des Aufbaufonds in der Höhe von 750 Milliarden Euro sollten 500 Milliarden Euro direkte Zuschüsse sein und 250 Milliarden Euro über Kredite oder wie auch immer vergeben werden. Ich habe da einen wunderbaren Artikel gefunden. Da muss ich der ÖVP schon sagen: Ganz einig seid ihr euch in eurer Auslegung nicht. Im Newsletter von Herrn Othmar Karas steht: „Ein besonderer Applaus gebührt Ursula von der Leyen für das zusätzliche Aufbauvolumen von 750 Milliarden Euro, wovon 500 Milliarden Euro direkte Zuschüsse sind. Damit kann die Neuordnung Europas gelingen.“ – Damit widerspricht er auf jeden Fall dem Herrn Bundeskanzler und dem Finanzminister. (Bundesrat Schennach: Der Kanzler versteht das nicht!)

Abschließend stellt er dort fest: „Es geht nicht um Ausgaben oder Schulden, sondern um dringend benötigte Hilfen und Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft.“ – Da hat er ja auch recht. – „Wer diesen Weg nicht unterstützt, schadet der Gemeinschaft und sich selbst.“ – Na hawidere, bei euch gehtʼs zu, das muss ich schon sagen! Othmar Karas sagt das, Schüssel hat das bestätigt und Präsident Leitl hat das auch bestätigt. (Ruf bei der SPÖ: Ja, aber das ist die ÖVP! – Widerspruch bei der ÖVP.)

Spielen wir also nicht einen Teil der geizigen Vier – wie wir gesagt haben, dafür bin ich von Herrn Preineder gerügt worden –, sprechen wir also nicht von den sparsamen Vier, sondern von dem Spruch, den der Herr Bundeskanzler anlässlich der Pandemie geprägt hat: „Koste es, was es wolle“! Vielleicht hat er sich das ja auch von Kreisky abgeschaut, dem ein paar Millionen österreichische Schilling mehr Schulden weniger schlaflose Nächte bereiteten als 100 000 Arbeitslose. (Beifall bei der SPÖ.)

18.06

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Magnus Brunner. Ich erteile ihm dieses.