20.48

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ich möchte heute einmal ganz anders beginnen, und zwar aufgrund der Demonstration, die in der Innenstadt stattgefunden hat.

„I can’t breathe“, ich kann nicht atmen, hat ein Familienvater vor wenigen Tagen gesagt, bevor er nach 8 Minuten mit einem Knie eines Polizisten zu Tode gebracht wurde. Black Lives Matter, schwarze Leben zählen, ist jetzt eine internationale Bewegung, die heute auch in Wien demonstriert hat, um zu zeigen: Rassismus ist nicht beschränkt, Rassis­mus ist international.

Im April erschien der Sechste Report der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz – das ist eine Kommission des Europarates – zu Österreich. Darin wurde einiges festgehalten, das auch heute bei der Demonstration zum Ausdruck gebracht wurde. Insbesondere empfiehlt dieser Bericht, die österreichische Polizei, aber auch die Staatsanwaltschaft in Bezug auf Racial Profiling zu schulen.

Herr Außenminister, ich habe Ihr Interview im Fernsehen gehört und war etwas entsetzt. Sie haben gesagt, Sie haben Vertrauen in die Institutionen der USA. Seit 2015 sind über 5 340 Black Americans von weißen Polizisten getötet worden, das entspricht der Ein­wohnerzahl einer Kleinstadt in Österreich.

Schaut man sich anhand der neuesten Studie an, wie viele Menschen pro Million Ein­wohner durch Polizeieinsatz zu Tode gekommen sind, dann sind es bei Black Americans 30, bei Hispanic Americans 22 und bei Weißen 12. Das sind erschreckende Zahlen des Rassismus. Für all jene, die in ihrer Jugend auch gerne Musik gehört haben, möchte ich an Johnny Cash, einen Countrysänger, erinnern. Er hat in den Neunzigerjahren ein auf­rüttelndes Lied geschrieben: Why are all the prisoners black? Ich kann Ihnen nur sagen: Gehen Sie in die Untersuchungsgefängnisse in Österreich, und dann frage ich Sie: Why do all the prisoners have a migration background? Das sollten wir wissen. (Ruf bei der FPÖ: Das wissen wir eh!) – Ja schön, wenn du das weißt, finde ich das immer großartig. Dieser Rassismus verdient aber, sehr geehrter Herr Außenminister, stärkere Worte als nur zu sagen: Ich vertraue auf die Institutionen der Amerikaner. – Immerhin haben sich jetzt sehr viele frühere Präsidenten zu Wort gemeldet.

Vielleicht noch ein letzter Satz: Herr Außenminister, Sie wissen das auch, und ich glau­be, Österreich sollte das auch mehr als deutlich zum Ausdruck bringen: Die jüngsten Beschlüsse des chinesischen Volkskongresses sind eine Katastrophe und bedrohen Hongkong diametral. Ich glaube, da muss die EU eine ganz klare Botschaft zeigen. Ob es so, wie es die Amerikaner machen – die Bevorrangung in der Wirtschaft wegzuneh­men –, der richtige Weg ist, weiß ich nicht, wir müssen uns aber ganz klar hinter die Demokratiebewegung in Hongkong stellen.

Nun komme ich zu den vorliegenden außenpolitischen Berichten, die wir hier auf der Tagesordnung haben. Meine Fraktion wird allen zustimmen. Gehen wir gleich zum ers­ten betreffend Armenien.

Vieles, was mein Kollege Köck gesagt hat, ist völlig richtig. In meiner Zeit im Europarat haben mich sehr viele Missionen nach Armenien und überhaupt in den gesamten Kau­kasus geführt. Armenien ist eines der ärmsten Länder und hat vor zwei Jahren eine der wunderbarsten sanftesten Revolutionen, nämlich eine Revolution gegen Korruption, ge­gen Mafia und alles, geschafft, aber es ist arm. Ich musste auch einen Bericht über Atomkraftwerke machen – daran kann sich, glaube ich, Kollege Köck erinnern –, in dem ich gesagt habe: Es gibt weltweit ein Atomkraftwerk – Mezamor, das ist nicht so hübsch, wie der Name klingt, es ist nur eine Fahrstunde von Jerewan, der Hauptstadt, entfernt –, das derzeit das unglaublich gefährlichste Kraftwerk ist. Seit Tschernobyl wissen wir, auch ein Mezamor liegt nicht weit von unserer Haustüre entfernt, wenn es in die Luft geht. Die Internationale Atomenergiebehörde hat bei der letzten Besichtigung 62 schwerste Fehler festgestellt. Dieses Abkommen, diese Kooperation beinhaltet natürlich auch die Energiekooperation, wie Kollege Köck gesagt hat. Es ist klar: Weil 65 Prozent der gesamten Energie Armeniens von diesem einen gefährlichen viertürmigen Kraftwerk gespeist werden, brauchen wir Alternativen, vor allem im Bereich der Renewable Ener­gies; und man sieht auch schon, dass Deutschland im Zuge der Entwicklung dieses Ab­kommens bereits tätig wurde.

Was die Opec betrifft: Wir dürfen stolz sein, dass die Opec mittlerweile seit 1982 ihren Sitz in Wien hat. Mit der Modernisierung des Abkommens nehmen wir vor allem auch Ofid herein. Ofid ist die sehr gut dotierte und sehr aktive Entwicklungshilfeorganisation der Opec. Wir können es nur begrüßen, wenn eine solch spannende Organisation hier ihren Amtssitz hat.

Als Mitglied des Europarates muss ich natürlich zu den zwei Europaratsposten Stellung nehmen. Das eine ist das Übereinkommen des Europarates zur Geldwäsche: Das ist ein Abkommen, das 1990 geschaffen wurde, von Österreich 1991 signiert und 1997 ratifi­ziert wurde. Da geht es um eine enge Zusammenarbeit und eine gemeinsame Straf­rechtsvorgangsweise zum Schutz der Gesellschaft, um im Kampf gegen die Schwerkri­minalität und die organisierte Kriminalität den Straftätern die Erträge zu entziehen. Das letzte Land, das beigetreten ist, war 2005 die Türkei, davor waren es 2004 Armenien, über das wir gerade diskutiert haben, sowie Georgien, Bosnien und Serbien.

Das Tolle ist, dass Europaratskonventionen eigentlich auf das Gebiet des Europarates konzentriert sind, um Europa und seine Bürger und Bürgerinnen zu schützen, aber im­mer wieder erfreut es uns, dass auch andere Länder mitratifizieren, und das sind in dem Fall Australien, das schon so lange wie Österreich dabei ist, und Kasachstan, das 2015 unterzeichnet hat.

Dazu gibt es vom Europarat auch noch Moneyval. Ich kann euch das deswegen sagen, weil ich im Europarat der Berichterstatter für schmutziges Geld bin. Es ist ein Experten­komitee, das seine Mitgliedstaaten schützt. Es gibt auch andere – und da ist dieses Übereinkommen oder diese Konvention ziemlich einmalig. Von der OECD gibt es die Financial Action Task Force, FATF, die zur Bekämpfung der Geldwäsche tätig ist. Die UNO hat etwas früher als der Europarat die Geldwäsche gegenüber Drogenhändlern, Zwischenhändlern und Banken definiert. Die OSZE wiederum stimmt sich mit dem Europarat, mit der Weltbank und der IBRD ab, und die EU hat 1991 eine entsprechende Richtlinie festgelegt und seit 2005 eine neue Geldtransferverordnung, die seit zwei Jah­ren gültig ist.

Das Dritte ist das Übereinkommen des Europarates über die Überstellung verurteilter Personen. Der Grundgedanke ist – und ich weiß nicht, ob Sie schon in Gefängnissen waren, aber es kommen in Gefängnissen immer wieder Leute an, die die Sprache, wel­che im Gefängnis als Muttersprache gesprochen wird, kaum oder nicht kennen. Ich habe in Gefängnissen in Aserbaidschan, wo ich nahezu jedes Gefängnis besuchte, zum Bei­spiel Chinesen, Vietnamesen und andere gefunden, die überhaupt keine Kommunika­tionsmöglichkeit hatten. Dieses Übereinkommen besagt, man kann – und das ist jetzt ganz wichtig – zum Strafvollzug in ein Heimatland übermitteln, aber der Strafvollzug muss dort fortgesetzt werden. Da gibt es ein paar Beispiele, dass das nicht gemacht wurde, sondern dass der Straftäter als Held gefeiert und sofort freigelassen wurde. – Das ist hier nicht gemeint. Das Neue ist, dass eine verurteilte Person hierzu nicht seine Zustimmung geben muss. Es ist also eine Art Humanisierung des Strafvollzugs, wenn er im Mutterland in der eigenen Sprache vollzogen wird. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.58

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Klubvorsitzende Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.