22.26

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim vor den Bildschirmen, sofern Sie es zu dieser doch sehr fortgeschrittenen Zeit noch geschafft haben und standhaft geblieben sind! Als begeisterte und brennende Europäerin war es für mich sehr bedauerlich, die negativen europäischen Entwicklungen der vergangenen Monate und Jahre beobachten zu müssen. Bereits vor dem Ausbruch der Coronapan­demie stand die Europäische Union vor großen Herausforderungen, die mutige Refor­men über Parteigrenzen hinweg erfordern. Und ja, es ist richtig, zu behaupten, dass Europa vor einem Wendepunkt steht, wahrscheinlich vor dem größten seit der EGKS.

Die Union ist Fliehkräften ausgesetzt: Großbritannien wird zum Nachteil der Europäer, aber auch der Briten selbst die Union verlassen beziehungsweise hat es schon gemacht, nationale Regierungen lassen sich von rechtspopulistischen Kräften vereinnahmen und fast überall in Europa ist man der heimtückischen Bedrohung des Nationalismus aus­gesetzt.

Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, am schlimmsten von allen ist die Be­drohung durch den Protektionismus. Speziell in der Coronakrise, welche uns alle vor große Herausforderungen stellt – das wurde heute auch schon mehrmals erwähnt –, hätte größerer Schaden durch die europäische Gemeinschaft und die europäische Soli­darität abgewendet werden können, aber tatsächlich musste man allerdings beobachten, dass vereinzelte Nationalstaaten die Grundwerte der europäischen Gemeinschaft mit Füßen treten. (Zwischenruf des Bundesrates Rösch.) Der freie Warenverkehr von medi­zinischen Hilfsmitteln wurde aufgehoben und die Verteilung von infizierten Personen innerhalb Europas kam nur sehr schleppend in Gang. Und nun, da der wirtschaftliche Aufschwung von enormer Bedeutung wäre und ist, kommt der Protektionismus auf. Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist ein Nachteil für die europäische Wirtschafts­leistung und führt zu einer deutlichen Schwächung der europäischen Wirtschaftsleistung und auch der einzelnen Mitgliedstaaten.

Trotz dieser äußeren Widrigkeiten stimmt mich die EU-Jahresvorschau 2020 positiv, denn es kann aus dem Bericht entnommen werden, dass das europäische Projekt wei­terhin für alle Europäer im Allgemeinen und uns Österreicher im Speziellen Wohlfahrt und Wachstum stiften wird. Die EU-Jahresvorschau 2020 zeigt wichtige Akzente in den Themen Grüner Deal und digitale Zukunft. Es besteht kein Zweifel, dass die Förderung von Forschung und Entwicklung, von nachhaltiger Produktion und nachhaltigem Ver­brauch die europäische Wirtschaft auf den Erfolgspfad für die Zukunft bringen wird.

Die Europäische Union ist aber nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern primär eine Wertegemeinschaft. Die von der Europäischen Union geplanten Initiativen – wie erstens die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, zweitens die Garantie gegen Kinderarmut, drittens die Stärkung des Wohlergehens von ArbeitnehmerInnen am Arbeitsplatz und viertens die Strategie zum Schutz von Menschen mit Behinderung – illustrieren das Fundament dieser Wertegemeinschaft. Dieses ist nämlich: Eindämmung sozialer Ungerechtigkeit und von Diskriminierung sowie die Förderung des Wohlerge­hens von uns Bürgerinnen und Bürgern. (Präsident Seeber übernimmt den Vorsitz.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es sollte uns alle mit Stolz erfüllen, Mitglied in dieser Wertegemeinschaft zu sein, und es gilt, diese Gemeinschaft mit allen Mitteln ge­gen rechtspopulistische und nationalistische Kräfte zu schützen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

22.30

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.